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James ∙ Laid
Fontana 1993
„Laid“ ist wie ein friedlicher Sonntagmorgen: Ein milder, heiterer Tag, der eben erst beginnt; ein Tag, an dem man tun kann, was man möchte, ein entspanntes sorgloses Sonntagmorgengefühl.
Zu verdanken haben „James“ dies dem Produzenten Brian Eno (steuert auch Vocals, Bass- und Keyboardparts bei), der den Sound des Albums so homogenisierte, dass es sacht, sanft, weich, warm und atmosphärisch klingt. Zärtlich gestreift von der Stimme Tim Booth, der sowohl die tiefen Töne als auch Falsett („Skindiving“) beherrscht: emotional, evokativ, eindringlich – magisch und hypnotisch.
Ruhige melancholische Songs, aber auch Plötzlichkeiten, wie charttaugliche Ohrwürmer, die wie Vertraulichkeiten klingen, ein bisschen wie Nachhausekommen.
Auch wenn man es den Texten häufig nicht anmerkt, die Musik suggeriert Liebeslieder. Der Opener „Out to get you“ beginnt spartanisch, akustisch. Ein Lied über Sehnsucht, das Vermissen und die damit verbundene Hoffnungslosigkeit. Die Einsamkeit, die uns quält, wenn das Schweigen nicht mehr zu ertragen ist. („So alone tonight, miss you more than i will let you knwo, miss the outline of your back, miss you breathing down my neck“). “Sometimes” ist ein wunderschöner eingänger Popsong, der einen gefangen nimmt und einem Chorus, der Seinesgleichen sucht. Ein Song, der veranschaulicht, wie das Zusammenspiel von Text und Musik bei „James“ verbunden sind („There’s a storm outside, and the gap between crack and thunder, crack and thunder, is closing in, is closing in“). Snare-Drum und die trällernden Gitarren sind wie der tropfenverhangene Himmel und das sanfte Streifen der Wassertropfen. Und schaut man lange genug in den Regen, löst sich der Körper und schüttelt die Realität ab. Regen besitzt auch hypnotische Wirkung.
Die mäandernden Melodien von „Dream Thrum“, das mantramäßig wiederholte „I’ve changed…“ – repetetiv und redundant – hypnotisieren beim Hören. So kreist die Themenauswahl der Texte um Religion, Liebe und Beziehungen (z.B. in Five-O, der vielleicht eindringlichste Song „If we last forever, hope I’m the first to die“). Der Titeltrack „Laid“ ist ein mit wunderbar ironischem Unterton durchsetzter Song darüber, dass Sex allein nicht das Lebenselexier einer Lebensgemeinschaft sein kann („She only comes when she’s on top […] My Therapist said not to see you no more“). Jeder Song, von „Out to get you“ bis „Skindiving“ gewinnt. Immer wieder. Mehr und mehr. Und wie kategorisiert man dieses Album? In welche Schublade soll es gehören?
Der Klang des Verlöschens der Musik macht die Grenze zwischen der Realen Welt und der Welt der Träume unbestimmt. Und genau da ordnet sich dieses Album ein.
Man setze sich und schließe die Augen, der Nachhall der Musik verblasst und lässt einen allein zurück. In diese milde Dunkelheit fällt weiter lautlos der Regen.
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