Antwort auf: blindfoldtest #24 – vorgarten

#10231637  | PERMALINK

vorgarten

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Beiträge: 12,042

pheebeehere we are now…

vielen dank fürs mitmachen & deine schönen kommentare!

pheebee
#1
Klingt sehr alt, wie Ragtime-Zeitalter. Das hat was. Ich mag die Melodie, das Trompetenspiel gemeinsam mit Posaune und das Klarinettensolo.

schön. ist bereits aus den 1960ern, aber hat die selbstverständlichkeit von barrelhouse und new orleans quasi konserviert. die sängerin hier ist auch die bandleaderin, das zumindest ist äußerst ungewöhnlich.

pheebee#2
Für mich schwer zu beschreiben, was hier passiert. Tolle Stimme jedenfalls. In Anbetracht der Länge hab ich irgendwie noch auf eine Pointe gewartet, aber die kommt dann nicht. Trotzdem spannend, die Stimme mit der Harmonika kommuniziert.

ein pointe oder dramatische entwicklung gibt es nicht, das ist ein stehendes bild. die harmonika (wohl eher eine melodika, singt sie ja auch, aber in den credits steht’s anders) wird von der sängerin gespielt.

pheebee#3
Battle of Jericho. Schon ein Klassiker oder ? Ich glaube, ich habe mal eine Version von Mahalia Jackson aus den 50ern gehört, die eine Halleluja-Gospel-Version daraus gemacht hatte. In jüngerer Zeit gab es auch eine Version von Hugh „Dr.House“ Laurie davon. Keine Idee allerdings, von wem dies hier ist. Ist die Gitarre da mittendrin eigentlich typisch für so eine Aufnahme ? Fast hätte ich die überhört…

„joshua fit the battle of jericho“ ist ein spiritual, komponiert von afroamerikanern unter sklaverei-bedingungen in der ersten hälfte des 19. jahrhunderts. mahalia jackson ist hier auf jeden fall die richtige spur, wir haben es hier mit einer unmittelbaren „konkurrentin“ zu tun. die e-gitarre ist natürlich in einem derartigen musikalischen umfeld das absolute alleinstellungsmerkmal. die aufnahme hier ist allerdings auch schon aus den 1960ern, insofern war sie längst in der popmusik etabliert.

pheebee#4
Das wirkt auf mich jetzt etwas zu gehetzt. Virtuoses Piano und Schlagzeug, find ich gut, aber solche Musik klingt mich oft so, als hätten die Musiker es sehr eilig da durchzukommen, als hätten sie anschließend noch was besseres vor. Nach mehrmaligem Hören lässt es sich aber besser an, also, Musik, die ich zumindest nicht mit wenigen Durchläufen begreife.

ja, das ist sehr dicht und eigentlich nur ein kurzer jam. die bebop-komposition ist allen musikern geläufig und man spielt das mal eben schnell für ein vergnügungssüchtiges europäisches publikum. eine kurze muskelübung sozusagen.

pheebee#5
Das ist wieder besser. Tolle Gitarre, abgelöst von Vibraphon, bis das Stück an sein Anfangthema zurückkehrt. Das hätte gerne länger sein können. Spielt die Harve das „Theodor im Fußballtor“ Thema an ? Man kennt das doch nun wirklich, der ist da ein russischer Komponist angesprochen ? Komm nicht drauf, weil es so kurz nur statt findet.

noch eine neue idee zum harfenzitat ;) @nicht_vom_forum hat es herausgefunden, sein wichtigster beitrag hier ;-) prokoviev, peter & der wolf, ist das stichwort.

pheebee#6
Spielt hier ein Barpainist ? Oder sogar mehr als nur einer ? Ich sehe edel gekleidete Menschen, auch Paare, an kleinen Tischchen oder an einer glänzenden Mahagoni-Bar sitzen, die Whisky on the rocks oder Southern Comfort mit Ginger Ale schlürfen, während im Hintergrund etwas dazu pianiert wird. Zuerst fand ich es etwas langweilig, aber mit der Zeit gefällt mir das durchaus.

„barpainist“ ist eine schöne wortneuschöpfung, hier aber gänzlich unangebracht, finde ich. das beschriebene szenario passt aber wohl ganz gut. hier ist allerhand showerfahrung am werk, aber es wird (trotzdem) äußerst ernst genommen.

pheebee#7
Das ist toll. Mein Highlight bis hierher. Das schraubt sich ohrwurmend durch die Gehörgänge ins Hirn und brennt sich in die graue Festplatte ein. Tuba höre ich jetzt auch nicht so oft, das ist auffällig an den Stück.

schön. liegt wahrscheinlich am thema, das sogar fernsehtauglich war. aber das arrangement holt auch wirklich alles an schönheit heraus, was geht.

pheebee#8
Zuerst dachte ich, das hätte als Beitrag in einen deutschen Wirtschaftwunderfilm der 50er gepasst. Orgel und Gebläse im Wechsel, judengliche pre-Rock’n’Roll Generation vs. von Krieg gezeichneter Erwachsenengenaration. Aber nein, dann wird das doch zu drängelnd und aufdringlich. Schön, wie sich das im Verlauf verändert.

es verdichtet und intensiviert sich, quasi nach drehbuch, aber ungemein gekonnt. hier sind profis am werk.

pheebee#9
Gatschung, gatschung, everbody shnippy, würde Otto sagen. Das dramatisch werde Klavier ist dann aber doch eine Überraschung.

das otto-zitat kann ich nicht einordnen ;-) aber das klavier ist von anfang an dramatisch. eine andere strategie als in #6, aber die beiden hätten (haben?) sich bestimmt gut verstanden.

pheebee#10
Lord have mercy on me ? Da kann ich jetzt wenig zu sagen, denn ich bin insofern befangen, als die Version von Junior Kimbrough aus den 90ern mit seinem fast 10 Minuten Blues nicht erreicht werden kann, aber anderes Genre, nicht vergleichbar.

kimbrough habe ich jetzt nachgeholt, das ist in der tat toll, aber wohl nicht das gleiche stück. aber die musikalischen und textlichen elemente sind bei sowas natürlich generisch und nach belieben zusammensetzbar.

pheebee#11
Oha. Jetzt wird aufgedreht. Hätte ich als Jugendlicher Jazz gehört, hätte ich meine Eltern damit in den Wahnsinn treiben können. Ich hab das zuhause auf der Anlage laufen lassen und laut aufgedreht und meine besorgten Töchter wollten dezent wissen, ob ich nun wahnsinnig sei. Das zerrt schon gewaltig an den Ketten, aber trotzdem faszinierend, denn ich bleibe bis zum Schluß dran, weil ich wissen möchte, wie weit die Herrschaften es hier noch treiben wollen. Geiles Schlagzeugsolo ist die Belohnung. Hart.

tut mir leid, dass ich für familiäre irritation gesorgt habe. ich habe sowas als jugendlicher gehört und in der tat meine eltern damit in den wahnsinn getrieben (aber als ich auszog, wollten die ständig meckernden nachbarn doch noch einen sampler von mir). toll ist hier tatsächlich, dass das auf 10 minuten spannend bleibt, und daran haben die subtil durchprügelnden drums sicher ihren größten anteil.

pheebee#12
Track #11 Reprise ? Oder eine Variante mit Stimme ? Was ist das für eine Sprache ? Geniales fade-in + fade-out. Nicht so spannend wie das vorherige, klingt eher wie eine Kollage und ist irgendwie nicht so recht was für mich, wie ich vermute und wie man daran sehen kann, dass mehr Fragen als Antworten vorliegen.

fragen können ja auch produktiv sein. eine kollage ist das irgendwie schon, weil ein teil hier auch schon unabhängig aufgenommen wurde. das hört man natürlich und deswegen ist es nicht so aus einem guss & live wie #11. aber dennoch eine gültige musikalische aussage, finde ich.

pheebee#13
Das ist jetzt wieder hübsch. Eine schöne Melodie erleichtert auch etwas nach so viel wilder Improvisation zuvor. Klingt entspannend und leicht, aber ohne belanglos zu sein. Jedes Instrument hat seinen auftritt, schönes Basssolo zwischendurch. Gefällt.

schön.

pheebee#14
Was ist das ? Spielt hier eine Prog-Band ? Da ist aber auch ein leichter Funk-Bass mit drin. Ich höre jedenfalls überwiegend Rockinstrumentierung. Dann kommt auch noch eine Flötensolo dazu. Merkwürdig auch durch die halb gesprochenen Worte zu Beginn und am Ende. Kommt aber gut, klingt nach mehr.

auch schön.

pheebee#15
Geht progig weiter. Komisch, bei der Stimme muss ich an Mike Watt denken, eigentlich von Hause aus ein Hardcore-Punker. Aber Watt verwendet auf seinen Soloalben ähnliche Strukturen. Bin verwirrt…

mike watt kenne ich nicht, das hier ist auf jeden fall ein paar jahre älter. um die strukturen (und jemanden, der sowas arrangieren kann) geht es hier aber.

pheebee#16
Schönes Klavier, klingt fliessend. Hat die Trompete am Ende Blähungen ? Zuerst mag das mir mit dem Schlagwerk nicht so recht harmonieren, aber im Verlauf ergibt das doch irgendwie Sinn.

blähungen sind in diesem alter noch nicht so richtig kontrollierbar, aber es ist natürlich anders gemeint ;-) das schlagwerk hat ziemlich viel hall und überhaupt geht hier vieles durcheinander, was normalerweise nicht harmonieren kann, aber hier tut es das auf fast magische weise.

pheebee#17
Zum Schluß noch mal was zum Wohlfühlen. Schöne Melodie, ich höre da auch etwas gospel-artiges durch, muss zum Schluß an Summertime denken.

ja, ein neuer gospel, geschrieben und aufgenommen anfang der 1990er. die sängerin hat eine zeitlang dort gelebt, wo die dame aus #1 zuhause war, daher schließt sich hier vielleicht ein kreis. innovation und traditionsverpflichtung gehen hier gut zusammen, finde ich.

pheebeeVielen Dank für die Zusammenstellung. 80 Minuten, die Spaß gemacht haben, auch wenn ich etwas gebraucht habe, um alles mehrmals hören zu können und sebst beim Schreiben der Kommentare kamen immer wieder neue Gedanken hinzu oder alte sind abgelöst worden.
Die Aufarbeitung der Auflösung wird sicher nicht minder „arbeitsintensiv“ als das Hören um Kommentieren.
Bin und bleibe neugierig.

bin gespannt, was du zur auflösung sagen wirst. und ob du davon etwas weiterverfolgen wirst. melde dich gerne noch mal dazu.

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