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Frankie Goes To Hollywood – Liverpool (1986)
Frankie says… eine ausgefeilte Marketingstrategie, 3 einprägsame Singles mit reißerischen Videos sowie ein genial produziertes Album das klingt, als wäre es am Reißbrett entworfen reichten aus, um der Band denn schnellsten Aufstieg einer Band seit den Beatles und den Titel ‚Beste Band von 1984‘ zu bescheren. Dank der anfangs eher mäßigen Livequalitäten kam schnell der Verdacht auf, daß das Album nicht von der Band selbst sondern von einer Formation namens ‚The Blockheads‘ eingespielt wurde. Nachgewiesen werden konnte dieser Verdacht jedoch nicht und spätere Live Auftritte schienen besser zu funktionieren. Im Herbst 1986 erschien dann das Album ‚Liverpool‘, das freilich nicht mehr an den Erfolg des Debüts anknüpfen konnte. Dessen Überraschungeffekt war aufgebraucht und man konnte sich nun auf das wesentliche konzentrieren. Mir hat ‚Liverpool‘ schon immer besser gefallen, weil es organischer wirkt, mehr nach Band klingt und vor allem die besseren Songs hat. Schon mit der ersten Single ‚Rage hard‘ zeigte sich die Band von ihrer besten Seite. Ungewöhnlich rockig mit stampfenden Rhythmus und krachendem Refrain kam der Song daher und vor allem die Maxi Version mit der ‚Move with me inside the strange world of the 12-inch‘ Einführung zum Thema Remix ist legendär. Darüber hinaus versuchten sie sich auf der gleichen Single an zwei Coverversionen, zum einen Bowie’s ‚Suffragette city‘, was gut gelungen ist und zum anderen der ‚Roadhouse blues‘ der Doors, der in dieser Version aber nicht weiter erwähnenswert ist. Das Album ist natürlich perfekt inszeniert, aber vom Aufbau wesentlich besser gelungen als das Debüt. Am Anfang steht ein ruhiges Intro, die Ruhe vor dem Sturm sozusagen, der dann in Form von ‚Warriors of the wasteland‘, der zweiten Single, losbricht. Es war für mich immer überraschend, wie es der Band immer wieder gelang, Songs mit eingängigen Melodien zu schreiben, die sich dann als Ohrwurm in den Gehörgängen festsetzten, ohne dabei erfreulicherweise auf die Nerven zu gehen. Auch die dritte Single ‚Watching the wildlife‘ fällt in diese Kategorie, hier jedoch als Pop Song mit 60s Flair aufgemacht und perfekt in Szene gesetzt. Das die Band aber keine reine Singles Band war beweist der Rest des Albums, der keinesfalls schwächer ist. Besonders erwähnenwert ist hier auf jeden Fall das Stück ‚Kill the pain‘ mit seinem pumpenden Bassspiel und verzerrten Gitarrensounds sowie das fantastische Finale, angelegt als große Soulballade mit dem Titel ‚Is anybody out there‘. An Abwechslungsreichtum mangelt es diesem Album mit Sicherheit nicht, aber hier paßt alles zusammen und es wirkt zu keiner Zeit beliebig, sondern wie eine große Pop-Wundertüte. Danach war leider Schluß, die Band löste sich auf und Sänger Holly Johnson startete eine zunächst recht erfolgreiche Solokarriere. Qualitativ konnte sein Material aber zu keiner Zeit an die Frankie Songs heranreichen. Von den anderen Bandmitgliedern habe zumindest ich nie wieder etwas gehört. Wer also wissen möchte, wie toll die 80er tatsächlich klingen konnten, der sollte sich einfach mal ‚Liverpool‘ anhören. In diesem Sinne: Enough said!
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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?