Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Geri Allen (1957-2017) › Antwort auf: Geri Allen (1957-2017)
Geri Allen Ephemera (Folge 3 oder so) – Mark Shim war in den Neunzigern kurze Zeit ein vielversprechender neuer Stern am Jazzhimmel, machte für Blue Note zwei Alben als Leader und wirkte – neben Greg Osby, Jason Moran und Stefon Harris – beim Album „New Directions“ (ebenfalls Blue Note) mit. Dann verschwand er (ich habe keine Ahnung von seiner Biographie, jedenfalls bewegte er sich unter der Wahrnehmungsschwelle), bis er vor einiger Zeit in der Combo von Steve Lehman wieder auftauchte – und mit dieser am Jazzfest Berlin letzten November einen verdammt guten Eindruck machte (obendrein war er mit Abstand der coolste Hund auf der Bühne). Dieses Album, sein erstes (das zweite kenne und schätze ich seit Jahren, war mal ein Tipp auf Organissimo oder wohl sogar noch auf dem guten alten Blue Note-Forum), kaufte ich nach dem Live-Erlebnis endlich mal – und weil Geri Allen am Klavier ist, wanderte es gerade zum ersten Mal in den Player. Sehr old fashioned und sehr Blue Note, besonders der vierte Track, bei dem Ralph Peterson sowohl die Drums (mit Rolls à la Blakey) und die Trompete spielt, die im Unisono mit Shim in bester Hard Bop-Manier auftritt – auch das Stück stammt von ihm. Auf den meisten Stücken ist Eric Harland am Schlagzeug zu hören (der später bei Lloyd, noch als Geri Allen dort im Boot war, zum Nachfolger von Billy Hart wurde und u.a. auch mit Moran, Osby und Kenny Garrett aufgenommen hat (auf Shims zweitem Blue Note-Album ist er erneut am Schlagzeug zu hören, bei „New Directions“ ist dann Nasheet Waits dabei). Mit Curtis Lundy hatte Shim damals einen tollen Bassisten an seiner Seite (von ihm stammt auch eins der Stücke, ein weiteres dann von Charles Minus, der Rest von Shim), David Fiuczynski ist auf den meisten Tracks an der Gitarre dabei (und auf Mingus‘ „Remember Rockefeller in Attica“ übernimmt er den Vokalpart, will heissen er brüllt ein wenig). Das Album hat wenig von der typischen Neunziger Coolness, die z.B. ein Joshua Redman damals an den Tag legte, aber diese Freiheit von Posen macht es gerade sehr sympathisch. Die Blue Note-Ästhetik wird auf dem Frontcover zwar nicht wirklich zitiert, aber die Geste von Shim ist dennoch eindeutig (man denke an die ganzen „Zeige-Cover“ mit Lee Morgan, Jimmy Smith etc.), im Innern gibt es dann aber eine von Jimmy Katz‘ „à la Francis Wolff“-Photographien (die es z.B. auch bei Lovano in den Booklets gab, während die Frontcover „neuer“ – und fast immer deutlich hässlicher – gestaltet waren). Geri Allen ist hier wohl mal wieder der Anker, den Shim aber an sich gar nicht nötig hat, denn seine Musik hat etwas so entspannt Unaufgeregtes, dass man eher an einen souveränen Veteranen als an einen Debütanten denkt.
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba