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„Trudno byt‘ bogom“ von Aleksei German
Puhhh, das ist ein Film zu dem ich ein Paar Worte mehr verlieren will. Sowas bekommt man nicht alle Tage vor die Augen, nein, ich glaube ich kann sogar behaupten so einen Film noch nie erlebt zu haben.
Worum geht es…
Eine Gruppe Historiker wurde auf einen fremden Planeten entsandt, der in seiner Entwicklung 800 Jahre hinter der Erde zurückliegt. In der Hoffnung, in dieser mittelalterlichen Zivilisation die Geburt einer Renaissance hautnah miterleben zu können, mischen sich die Forscher unbemerkt als adlige Nachkommen lokaler Gottheiten unters Volk, um die dortigen Ereignisse aufzuzeichnen und zur Erde zu übertragen. Ihre oberste Direktive dabei lautet: Bleibe unerkannt und neutral, greife niemals in das Geschehen ein und töte unter keinen Umständen einen Planetenbewohner. So weit, so gut. Doch als in der Stadt Arkanar graue Truppen plötzlich ein blutiges Pogrom gegen Gelehrte und Bücherfreunde starten, nimmt die Geschichte unvermittelt einen völlig anderen Verlauf. Don Rumata, der vor Ort das Treiben hilflos mit ansehen muss, fällt es dabei zunehmend schwerer, dem brutalen Gemetzel einfach tatenlos zuzuschauen. Doch was tun als ein Gott, dem die Hände gebunden sind?
Und noch etwas über die Entstehungsgeschichte…
Bereits 1964, kurz nach der Veröffentlichung des Romans der Strugatzki-Brüder (die auch die literarische Vorlage zu Tarkovskis STALKER lieferten), spielte Aleksei German schon mit dem Gedanken einer Verfilmung des Stoffes. Doch es sollten noch 24 Jahre vergehen, bis er dieses Projekt tatsächlich anging, mit der erklärten Absicht: Mich interessiert weiter nichts mehr als die Möglichkeit, eine Welt, eine gesamte Zivilisation von Grund auf aufzubauen. Damit begann die Arbeit an einem Projekt, das in seinem Ausmaß in der Kinogeschichte seinesgleichen suchen dürfte: Gedreht wurde von Herbst 2000 bis August 2006 so lange, dass einige der Darsteller aufgrund ihres Alters inzwischen verstorben waren , gefilmt wurden überwiegend lange, komplizierte Plansequenzen, es wurden eigens Burgen in der Nähe von Prag und in den Lenfilm-Studios errichtet und die Postproduktion zog sich mehr als fünf Jahre hin. Als German dann am 21. Februar 2013 starb, glaubte kaum noch jemand an die Fertigstellung des Films, doch zu diesem Zeitpunkt fehlten nur noch wenige Kleinigkeiten in der Nachvertonung und im Schnitt. Nach Abschluss dieser Arbeiten, die seine Frau Svetlana Karmalita und sein Sohn Aleksei German Jr. nach seinen Vorgaben umsetzten, feierte „Trudno byt bogom“ schließlich am 13. November 2013 auf dem Filmfestival in Rom seine Weltpremiere.
Und hier zu Lande hat er das Radar unterlaufen. Kein Wunder, gibt es doch keine Syncro nein russich mit deutschen Untertiteln. Und dann auch noch schwarz weiss und drei !! Stunden lang.Da räumt man keine Chancen ein. Wer tut sich das an?
Ich habs getan, und ich hoffe viele Andere auch noch denn diesen Film muss man nicht lieben oder freudig erwarten. Nein eher aushalten und ihn über einen drüber brettern lassen wie eine Walze. Filmhistorisch ist er sicher einzigartig und visuell ein Overkill. Nie wurden mittelalterliche Zustände derart dreckig, eklig und verrottet dargestellt. Die Handlung zu verfolgen ist relativ schwierig da der Erzählstil fremdartig ist. Auch sprachlich ist es strange. War aber wohl auch die Intention des Regisseurs. Unser Gott hat auf der Stirn einen Edelstein mit einer Kamera darin. Aus dieser wird oft der Blickwinkel gezeigt und der ist nah dran an diesen hässlichen Fratzen, dem ganzen Menschenmüll der hier herumwankt wie im Fegefeuer. Sie kriecht in jedes Nasenloch und Arschritze fängt das ganze Blut,den Rotz, den Schimmel und den Eiter ein und lässt den Betrachter vorm Bildschirm wanken. Meine Frau hat ihn nicht am Stück sehen können weil ihr öfters schon einmal leicht übel wurde bei diesem Blick in den Schweinestall. Aber trotz all den wiedersprüchlichen Gefühlen war und ist dieser Film ein Seherlebnis wie wir noch keines hatten. Und das gelingt heute nur noch schwerlich. Und so auf den Mainstream zu kacken und den Mut zu haben eine solche Vision umzusetzen mit dieser Konsequenz und Härte da kann man sich nur verneigen.
Dieser Film ist mehr als alles Andere, eine Erfahrung im wahrsten Sinne des Wortes erfährt man ihn.
Hieronymus Bosch stand Pate. Es ist als würde man einen Besuch in die Hölle machen.
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