Antwort auf: Ich höre gerade … klassische Musik!

#10150187  | PERMALINK

soulpope
"Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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clasjazKleiner Bericht von mir nach den hier erfolgten Höhenflügen, die mir auch sehr nah sind: Dass Heifetz bei mir im Köfferchen für letzte Reisen dabei wäre, brauche ich nicht zu sagen – eine schöne Zeit dort, gypsy, und komme reich beschenkt zurück; und dann, Sofronitzky kommt bei mir auch gleich dazu. Wie findest Du, soulpope, die Schubert-Liszt-Lieder? Je nach Stimmung halte ich das – nicht von Sofronitzkys, eher von Lisztens Seite – für zu wenig, aber dann so etwas wie „Der Doppelgänger“, das greift schon ein, oder? Jedenfalls hier jetzt Sofronitzky mit den „Kreisleriana“ von 1952, zuvor den Mitschnitt von Josef Hofmann mit den sechs überlassenen Stücken daraus. Sofronitzky geht wie auch in der C-dur-Fantasie eigenartig, also schön, im unversprenkelten oder ungesprenkelten Sinn (den wir doch kürzlich für Haydn günstig fanden), durch die Stücke, als seien sie Variationen eines Charakters und nicht eine Vielzahl von Charakterstücken, was sie demnach vermutlich sind. Hofmann ist der eigentümlich Überzeugtere von beiden, obwohl er so spielt, als sei es zu viel des Guten, die Finger ständig zu krümmen und lieber abbrechen würde. Ansonsten hier auch Frieder Bernius in einer Aufzeichnung des SWR, neulich im/am Radio, Mendelssohns „Paulus“. Orchester und Bernius wie so oft klar bis in den letzten Ohrwinkel, aber lieber wären mir die etwas dreckigeren Sänger und Sängerinnen von Frühbeck de Burgos gewesen. Mit Bernius. Nun gut, sie sind nicht alle zur rechten Zeit am richtigen Ort. Ich weiß nicht, wo ich meine Ohren hatte. Mozart/Rubinstein/Wallenstein mit ihrem Klavierkonzert Nr. 17, KV 453. Warum ist mir diese elysische, mit Augen nach hinten geklappte Fröhlichkeit, wie unter einem Chiaroscurohimmel, dem man gerade noch entweichen wird, bevor die Idylle vergangen ist, noch nie aufgefallen? Ich wollte mich bei dem jungen Perahia vergewissern, der sonst ein guter dokumentarischer Gewährsmann mit Phantasie ist, und eben: da ist die verlassene Trauer nicht zu hören, nicht das Spiel, das dann doch keines ist. In den hier rumfliegenden Mozartbüchern kaum etwas über das Konzert, Alfred Einstein allein findet hinreichend Worte, Hildesheimer ist nachgerade obszön nachlässig, er erwähnt das Konzert nur im Zusammenhang mit Mozarts verstorbenem Vogel, der immerhin die ersten Takte des Schlusssatzes pfeifen konnte – mag aber auch sein, dass das Hildesheimers Timbre-Ironie war. – Die dem Konzert beigemengten Impromptus von Schubert (3 und 4) versiegeln den Meisterflug ins Totenreich des Immer-schon-Erinnerten, besonders der Hummelflug in Nr. 3. – Als nächstes also Rubinsteins Einspielung der letzten B-dur-Sonate. Und Janácek lege ich immer mit Smetana auf.

Die Lisztschen Schubertlieder empfinde ich als akrobatische Einlagen welche mich manchmal aufwühlen (Sofronitsky passt da ins Täterprofil) doch nicht selten als bloßen Bewunderer famoser pianistischer Kleinkunst zurücklassen ….

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  "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)