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Vorgestern, auf einem sonnendurchfluteten Tempelhofer Feld gab es den ersten Hördurchgang für mich. Ob das Ambiente, inmitten frühlingshaft verliebter Pärchen jetzt passend war oder nicht, sei mal dahingestellt. Mir hat es den Zugang zum Album durchaus erleichtert, so mitten im Leben und mitten in der Sonne zu liegen.
„A Crow Looked At Me“ ist schwer erträglich. Elvrums Trauerarbeit ist auf eine unpathetische, ungekünstelte Art persönlich, dass ihm zuzuhören fast einem voyeuristischen Akt gleichkommt. Manches trifft durch die Kenntnis des Hintergrunds, etwa, wenn Phil Elvrum „Seaweed“ mit den Worten beginnt: „Our daughter is one and a half.“, vieles durch die direkte und fast pragmatische Wortwahl, die in ihrer vermeintlichen Beiläufigkeit die ganz persönliche Tragik aufreißt und fühlbar macht. Wieder in „Seaweed“, Elvrum steht am Rande des Sees, an dem er und Geneviève Castrée ein Haus bauen wollten. Im Arm die Asche seiner Frau. „And I poured out your ashes in it. I guess so you can see the sunset. But the truth is I don’t think of that dust as you.“
Und so geht es weiter und weiter. „A Crow Looked At Me“ ist nicht für mich und es ist nicht für Dich. Phil Elvrum hat es für sich geschrieben, für seine Frau, für sein Baby. Musiker sprechen oft davon, dass dieses neue Album „ihr persönlichstes“ geworden sei. „A Crow Looked At Me“ ist so persönlich, wie ein Album es nur sein kann. Fast fühlt es sich ungehörig an, diese Intimität zu teilen, mit Elvrum durch das leere Haus zu laufen.
Faszinierend ist, wie sich der Sound graduell im Laufe des Albums ändert, von eher spontan wirkenden, kargen Arrangements hin zu einem Sound, der sich den vorigen Mount Eerie Platten annähert. In der die künstlerische Vereinnahmung der eigenen Trauer spürbar wird. Gleichzeitig werden die Texte eine Spur allgemeiner, beschreiben die Trauer und die Erinnerungen aus einer etwas weniger schmerzhaften Distanz. „We are all so close to not existing at all.“
Es fällt mir im Moment schwer, „A Crow Looked At Me“ einzuordnen, zu bewerten. Ich mag es nicht vergleichen. Und doch ist es ein Werk von großem Schmerz und großer Schönheit. Ein Porträt, ein Festhalten von Momenten und Gefühlen. Und darin doch letztlich weniger eine Kapitulation vor als ein Sieg über den Tod und die unvermeidliche Vergänglichkeit.
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so little is fun