Antwort auf: Umfrage nach den besten zweiten Alben

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

Beiträge: 5,444

wahrHabe jetzt meine Top 20 mal vollständig durchkommentiert und stelle alles zusammen hier rein, also auch die bereits gestern geposteten Kommentare.
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3. PiL – Metal Box 1979
Eine der Platten, die damals soviel Vorfreude machten auf das kommende 1980er Jahrzehnt. Eine Dreierbeziehung aus Dub, insektigen (im Gegensatz zu insektiziden) E-Gitarren und hässlichen Wirklichkeiten (Lydon). Es blieb dann bei der Vorfreude.
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8. Alan Vega – Collision Drive 1981
Gefällt mir genauso gut wie Suicides Debut, ist auch eigentlich das gleiche Prinzip, nur eben nicht mit Elektronik, sondern mit einer NoNewYork-Rockabilly-Band umgesetzt. Auch wieder mit Distanztechnik, die sich aus einer gewissen Abgezocktheit speist, also Rockabilly stumpf runterzurocken und sich gar nicht erst die Mühe zu machen, irgendwelche tollen, schweißtreibenden Schnörkel einzubinden. Eine Emotionskälte wird abgestrahlt, die nicht ganz untypisch ist für eine bestimmte Art von Drogen und für eine bestimmte New Yorker Szene zu der Zeit sowieso. Und vorne dann Vega, der stellvertretend für alle die Gefühle aufbringen muss. Und sie dann schon aus Selbstschutz inszeniert, weil sonst würde das ja kein Mensch auf Dauer aushalten. Eine coole und bedrohliche Platte, die nichts von ihrer Faszination verloren hat.
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10. Dinosaur Jr. – You’re Living All Over Me 1987
Ich denke, You’re Living All Over Me ist so weit bekannt, dass man hier nicht noch besonders auf dessen Qualität eingehen muss. Vielleicht nur eines, was man jungen Musikern auf den Weg geben sollte: Spielst du schnelle Musik, dann ist es oft eine gute Idee, langsam und gelangweilt dazu zu singen.
11. Pyrolator – Ausland 1982
Ein Ausflug auf die Tanzflure New Yorks und ein sehr heißer Sommer waren Schlüsselreize, die den Spieltrieb Kurt Dahlkes Anfang der 80er Jahre aufs Unterhaltsamste befeuert haben. War „Inland“ noch eine eher klaustrophobische Synthie-Platte, schöpft „Ausland“ aus allen möglichen Quellen: Disco, Latin, Geri Reig, Kraftwerk und die Residents. Immer noch eine wunderbare Platte, auch wenn sie mir manchmal etwas langsamer und steifer vorkommt, als ich sie in Erinnerung hatte. Hat mich sehr gefreut, dass @friedrich sie auch in der Liste hat.
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15. New Age Steppers – Action Battlefield 1982
Reggae und Dub aus der Sherwoodküche. Da meistens Ari Up singt, geht das gefühlt auch als Slits-Album durch. Für mich eine der schönsten Sherwood-Produktionen. Neneh Cherry ist auch bei einem Stück dabei.
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18. The Go-Betweens – Before Hollywood 1982
Die passen gut zwischen Giant Sand, siehe Nr. 17, und NY & Crazy Horse, siehe Nr. 19. Ich mag die Go-Betweens am liebsten in dieser frühen Phase, als sie noch relativ spartanisch waren und nicht die Indie-Superdarlings, die sie dann so um die Mitte der 1980er wurden. Kleine Steine glänzen mehr, wenn man ihnen keine großen an die Seite legt.
19. Neil Young & Crazy Horse – Everybody Knows This Is Nowhere 1969
Muss jetzt auch nicht viel dazu gesagt werden. Die staubige Ebene, Geschehnisse unten am Fluss, etc.
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@wahr

Metal Box kenne ich nicht richtig, ich habe von PIL nur die Plastic Box, die ich aber zugegeben noch nie so richtig angehört habe. Aber wieso blieb es bei Dir nur bei der Vorfreude auf die 80er? Gut, ich bin erst Anfang der 80er ein wirklicher Musiknerd geworden und in sofern begeisterte mich die damalige Musik sehr. Aber war doch auch toll!

Alan Vegas Solowerk finde ich ja etwas durchwachsen – auch wenn es ein paar tolle Höhepunkte hat – und gerade Collision Drive lässt mich kalt. Wirkt auf mich etwas uninspiriert. Da würde ich das Debut bevorzugen. Aber das ist immerhin eine interessante Nennung.

Dinosaur Jr. zerfetzte einem damals die Trommelfelle. Und ja – die Aggressivität der Musik steht in eigenartigen Kontrast zum nöligen Gesang.

Und jetzt zum eigentlichen Anlass meines Posts: Pyrolators Ausland kenne ich seit 1981, habe die Platte aber bis vor kurzem selber nicht besessen. Vor einigen Wochen fand ich sie überraschend günstig auf dem Flohmarkt. Auch aus heutiger Sicht eine tolle Platte, die man durchaus zwischen The Residents, My Life in The Bush of Ghosts, No Wave und Kraftwerk stellen kann. Dieses wilde Gesample und Gesurfe durch die musikalischen Stile nimmt ja sogar fast Flying Lotus vorweg. Steif finde ich Ausland eigentlich nicht, eher vielleicht manchmal etwas albern, aber Kurt Dahlke war/ist eben auch ein Drittel von Der Plan.

Von den New Age Steppers hätte ich fast das Debüt in der entsprechenden Liste genannt. Den Zweitling kenne ich leider nicht.

Before Hollywood hatte ich mal, habe sie aber irgendwann abgestoßen, ebenso wie Send Me a Lullaby. Liberty Belle habe ich noch. Die frühen Go-Betweens hatten was, das waren so fast minimalistische Songdiamanten, vielleicht noch etwas ungeschliffen ;-) und leider manchmal auch etwas spröde und verkrampft. Also: funky waren die nicht! Ich erinnere mich aber noch gut an meine Lieblingstracks von Lullaby: Careless und 8 Pictures. Später wurden sie lockerer, verloren aber auch etwas ihre Kante.

Neil Young: Sowieso! Die Gitarrensoli!

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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)