Antwort auf: Lesefrüchte

#10056815  | PERMALINK

hal-croves
אור

Registriert seit: 05.09.2012

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„Eine warnende Lektion gibt es im Leben, die Wenige von uns nicht erteilt bekommen hätten; die jedoch in keinem Buch, auf das ich mich besinnen könnte, mit dem gebührenden Nachdruck abgehandelt worden wäre. Es ist diese: >Hüt‘ Dich vorm Abschiednehmen!<. Das wahrhaft Traurige besteht dabei nicht im Schmerzlichen der Trennung; vielmehr im Wann und im Wie Du das Antlitz, das jetzt im Begriff ist Deinen Blicken zu entschwinden, womöglich wiedersehen werdest! Von dem leidenschaftlichen Lebewohl an die Frau, die Dein Herz in Ihrem Gewahrsam hat; bis hin zu dem herzlichen Adieu, gewechselt mit angenehmen Gesellschaftern eines Bade- oder LandAufenthaltes, oder wenn ein muntrer, sorgenloser FeiertagsAusflug zu Ende geht – ein Band, ob nun stärker oder schwächer, reißt bei jeglichem Abschiednehmen auseinander; und die geschäftigen Finger der ZEIT sind so gar nicht geübt, zerrissene Bindungen wieder anzuknüpfen. Einander treffen mag man wieder; wird es auf genau-dieselbe Weise sein? – mit den gleichen Sympathien? – denselben Gefühlen? Werden die Seelen, auf divergierenden Pfaden dahingeeilt, sich noch einmal vereinigen, wie wenn die Zwischenzeit nur ein Traum gewesen wäre? Selten, selten! Bist Du nicht schon, nach einer Abwesenheit von nur einem Jahr, oder gar einem Monat, an denselben Ort zurückgekehrt, hast dort dieselben Kreise wieder versammelt angetroffen, und dennoch heimlich bei Dir seufzen müssen – >Aber wo ist er nur, der Zauber, den einst dies Fleckchen atmete, und der aus allen Gesichtern lächelte?<. Ein Dichter hat es ausgesprochen: >Was man von der Minute ausgeschlagen, gibt keine Ewigkeit zurück<. Bist du glücklich an dem Fleck, wo Du mit den Personen weilst, deren Stimmen Deinem Ohr jetzt melodisch dünken? -: Hüt‘ Dich vorm Abschiednehmen; oder, wenn es geschieden sein muß, sprich nicht in übermüt’gem Trotz gegen Zeit und Geschick -: >Was tut’s? – treffen Wir uns doch bald wieder.<“

(Edward Bulwer-Lytton: Was wird er damit machen? Nachrichten aus dem Leben eines Lords Deutsch von Arno Schmidt)

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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=