Bob Dylan

Vierter Tokyo-Abend vorbei. Gleiche Setlist bis auf…… „Huck´s Tune“-Livedebut! :lol:

bullschuetzDem Mann scheint die Lust, seine Setlist durcheinanderzukrempeln, mittlerweile ja fast gänzlich abhandengekommen zu sein. Was sagen denn die Dylanologen zu dieser Alters-Immobilität? Vor ein paar Jahren war das doch noch eine allabendliche Wundertüte.

Na ja, ohne Dylanologe zu sein, sag ich dazu: Er hat in den letzten Jahren, vor allem im letzten Jahr, vor allem Songs aus seinem aktuellen Album gespielt. Die letztjährige Europatour hatte mehrere Live-Debuts und in Mailand dann zwei Abende „durcheinandergekrempelter“ Songs. Er scheint etwas mehr Wert auf „Gefälligkeit“ zu legen, das wäre meine Einschätzung. Eine Wundertüte bleibt ein Dylan Live-Gig trotzdem.

bullschuetzEher schade.

Ich meinte das eher positiv. Aktuellere Songs wie z.b. „Long and wasted Years“, „Pay in Blood“ etc. passen offensichtlich gut zu seiner momentanen Stimme und Verfasstheit. Vielleicht ist mein Begriff „Gefälligkeit“ da falsch. Ich denke, er legt verstärkt Wert auf einen guten, passenden Sound und ein Großteil des Publikums goutiert das ja auch. Die 25% enttäuschter Konzertbesucher hat er allerdings eh immer, das gehört dazu und wird auch so bleiben…
Trotzdem überrascht er mich halt trotzdem sehr: Mit diesem „Huck´s Tune“ hätte ich niemals gerechnet. Nie und nimmer.

bullschuetzGanz andere Frage: Chronicles 2 – irgendwelche Hoffnung?

bei mir gar keine. wenn die irgendwann kommen sollten, dann wahrscheinlich völlig ohne vorwarnung….

bullschuetz Die Band stand dadurch praktisch das ganze Konzert hindurch mit angelegten Ohren auf Zehenspitzen, weil sie jederzeit mit überraschenden, um nicht zu sagen erratischen Entscheidungen des Meisters rechnen und mit kaum oder gar nicht geübten Songs ringen musste. Das führte zu einer ganz eigenen Art von musikantischer Konzentration und Intensität.

Haha, das stimmt. Aber das passiert ja auch heute noch ab und an, wenn Herr Dylan mit der falschen Tonlage loslegt oder seine Harp vertauscht. :lol:

Will sagen: Im Vergleich zu seinen letzten Tourjahren, sagen wir mal 1996 bis 2009 (nur so als Beispiel), war die „statische“ Setlist auch eine Art Überraschung.
Und, so denke ich zumindest, nicht ganz unwichtig: Dylan hat sich mehrmals und explizit gegen seine zwei- bis dreihundert Dauerfans ausgesprochen, die bei jedem Konzert die ersten Reihen füllen. Er hat sie beleidigt. Er hat sie versucht mit front-of-stage-Bändchen fern zu halten und evtl. versucht er es jetzt mit einer statischen Setlist. Bei Teilen der „Allesfahrer“ scheint es zu wirken, die Aufregung und Enttäusching ist groß. Na ja, reine Vermutungen meinerseits.

Evtl. kann man in dieser Frage auch seine Live-Schlagzahl ins Auge nehmen. Er kommt momentan (also z.B. die letzten 5 Jahre) eigentlich jährlich nach Dtl. Im Sommer für wenige größere Gigs. Im Herbst oder Frühjahr oft kleinere. Was seine jährliche Konzertzahl in der so called „NET“ betrifft, sind das sicherlich weniger geworden (150 vs. 65-90 Gigs). Die Orte, die er live bespielt, wurden allerdings nur marginal weniger.
Ausnahme jetzt: Tokyo. 8 Gigs hintereinander, wenn ich mich nicht irre. Nach 4 Tagen ausverkauft mit offensichtlich unterschiedlichem Publikum. Warum nicht ein passendes und viel beachtetes Liveset wiederholen und „überall“ spielen?

Und ja, seine „alten Nummern“ fallen ihm teilweise schwer. Andererseits gibt es z.B. seit 2009 eine „Blowin`..“-Version (Ich mochte den Song vorher nie) die mich umhaut und die imo besser ist, als jede davor dagewesene. Oder der Jam der Band bei „Watchtower“ seit 2010 ist alleine einen Konzertbesuch wert. Gut, dass ein Großteil der Konzertbesucher Dylan nur selten sieht bzw. ihm nicht nachreist. Dann wäre er in der Tat in der Bridullie.

bullschuetzAlles nachvollziehbar – aber ich weiß nicht, ob ich Dir das zu glauben wage:

Dito! Ich wage mir auch kein Wort zu glauben. Schon aus Erfahrung.

Nur: Wer hier hätte z.B. 2005 gedacht, dass es noch so viel zu erwarten (bzw. zu enttäuschen) gibt vom „alten Zausel“?

B.B. GruntVielleicht ist es einfach die romantische Vorstellung, dass hier ein Künstler mit seinem neuen Album auf Tour ist, die anspricht. Vielleicht ist es aber – wie oben bereits angemerkt – einfach nur clever, das Material den Möglichkeitsbedingungen seiner Reproduktion anzupassen.

Clever ist das allemal. Es zeigt evtl. auch, dass Dylan mit seinem neueren Studiooutput gut „live“ leben kann. Die Alben seit „Love & Theft“ hat er in den letzten Jahren ja Live überdurchschnittlich berücksichtigt. In der momentanen Setlist sind mind. 6 Tempestsongs enthalten.

Dazu kommt der schlichte Fakt, dass Dylan seine Gitarre nicht mehr spielen kann. Da fallen einige Songs weg, die nur mit Dylan an der Gitarre funktionierten. Dramaturgisch funktionierten sozusagen, natürlich nicht technisch (Dylans Gitarrenspiel war seit zwei Dekaden live eher ein dramaturgisches denn ein musikalisches Mittel).

Und sicher hat sich da auch eine gehörige Portion wohl beabsichtigter „Alltag“ in die Band geschlichen. Vor ein paar Jahren waren die Tour-Rehearsals noch auf einige Tage bis eine Woche angesetzt. Heute trifft sich die Band für einen Tag kurz vor Tourbeginn.

Wenn ich die Bootlegs aus Mailand 2013 anhöre, also die zwei Konzerte mit durchgemixter Setlist und „alten“ Songs, dann bin ich ehrlich gesagt ganz froh, dass Dylan diese Form der „Greatest Hits“ Konzerte rar werden lässt. Da ist v.a. seine Stimme betreffend einiges dabei, was ich mir kein zweites Mal anhören würde (zumindest in dieser Darbietung).

Mal sehen was im Juni kommt. Es gibt eine Menge Songs (v.a. aus „Love & Theft“, „Modern Times“, „Time out of Mind“ und „Oh Mercy“) die Dylan, den „Möglichkeitsbedingungen seiner Reproduktion“ entsprechend, ganz wundervoll darbieten kann. Er hat es ja erst kürzlich bewiesen.
„Not dark yet“, „Mississippi“, „Shooting Star“, „Forever Young“, „Tryin to get to Heaven“, „Make you feel my Love“, „Ring them Bells“…etc.etc.

Alle vier Konzerte liegen für mich zeitlich und örtlich ungünstig. :(