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Herr RossiMan kann sagen, bei Motown haben schwarze Künstler Popmusik gemacht. Mit den Mitteln des Soul.
Ja, so meine ich das.
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WerbungwaNein, aber da ist unser beider Ansatz unterschiedlich. Du pickst Dir aus diesem großen Topf zeitgenössischer Musik irgendwas raus und definierst es als Pop, wenn es für Dich goutierbar ist, unabhängig von Genre-Zugehörigkeit.
Ganz so einfach mache ich es mir nicht. Aber natürlich kommt Pop nicht ohne Rezipienten aus und da darf man seine eigene Position als Hörer schon ernst nehmen. Es geht ja nicht nur mir so, dass man zu Motown Soul viel unmittelbarer Zugang finden kann als zu vielem, was auf Stax erschienen ist. Oder Country: Johnny Cash und Hank Williams erschließen sich einem Hörer, der nicht im Genre verwurzelt ist, wesentlich leichter als etwas George Jones.
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Diesen wertenden Ansatz verstehe ich nicht. Was ist dann mit dem „ugly pop“, den WD mal in die Runde geworfen hat, und den es zuhauf gibt.
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What's a sweetheart like me doing in a dump like this?waDiesen wertenden Ansatz verstehe ich nicht.
Welchen meinst Du jetzt?
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Herr RossiWelchen meinst Du jetzt?
Diesen hier:
Herr RossiAber natürlich kommt Pop nicht ohne Rezipienten aus und da darf man seine eigene Position als Hörer schon ernst nehmen.
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What's a sweetheart like me doing in a dump like this?Herr Rossi
Wichtig finde ich auch den Begriff des Pop-Appeal. Ich würde darunter ein über Genregrenzen hinausgreifendes Moment verstehen, dass ein Künstler bzw. seine Songs auch Hörer unmittelbar ansprechen, denen der Genre-Kontext fremd ist. Sowas wird ja oft negativ aufgefasst, dass ein Genre „ausverkauft“ wird und man sich dem „Massengeschmack“ andient. Aber eine Musik, die ihre Zeit reflektiert, wie etwa Motown in den 60ern, hat eben auch das Potential, dass sich viele Menschen darin wiederfinden.Wenn wir das, was kramer sagt, akzeptieren, nämlich, dass die Musik von ihrem zeitgemäßen Kontext nicht zu trennen ist, dann gilt das für jede Form der Musik, ob Pop oder Jazz oder Klassik. Es ist schwer vorstellbar, dass Mozart das Nibelungen-Thema verarbeitet oder dass Duke Ellington 1930 eine Freedom Now-Suite komponiert hätte. Das kann man natürlich auch an formalen und technischen Kriterien festmachen. Jedenfalls reflektiert Musik (wie alle anderen Formen der Kunst auch) das Zeitalter, in dem sie entstanden ist.
Deshalb glaube ich, dass man weitergehen muss. Pop ist meiner Ansicht nach insofern demokratisch, als dass Pop, anders als Klassik keine Ausbildung voraussetzt und anders als Jazz keine virtuose Beherrschung des Instruments. Insofern hat Pop weniger Anspruch. Daraus folgt aber umgekehrt, dass Pop eine höhere gesellschaftliche Reichweite besitzt, weil er sich nicht an Eliten orientiert, sondern an „einfachen Menschen“. Das bedeutet nicht, dass Pop in politischer Hinsicht demokratisch ist, sondern in gesellschaftlicher, weil er sich über bestehende Grenzen einfach hinwegsetzt.
Es ist kein Zufall, dass Pop gerade nach dem 2. Weltkrieg mit Macht auftritt und zwar zunächst als Jugendphänomen. Das geht auch mit der Herausbildung einer Jugendkultur einher, die es vorher nur in Ansätzen gab und mit technischen Fortschritten (Vinyl, Radio, Fernsehen). Popmusik verkörpert also zunächst den Anspruch von Jugendlichen, an der Gesellschaft teilzuhaben und vermittelt dadurch diesen Jugendlichen eine kollektive Identität. Dadurch dass die Jugendlichen altern und neue Hörerschichten dazutreten, verändert sich der Charakter der Popmusik natürlich wiederum.
Meine Ideen zur Popmusik:
Popmusik benötigt gewisse technische Voraussetzungen, nämlich Massenmedien (in Bild und Ton)
Popmusik entsteht als Jugendphänomen und symbolisiert die Werte zumindest eines Teils dieser Jugendlichen.
Sie ist nicht an der Anerkennung im Wertekanon der bestehenden Hochkultur interessiert, teilweise steht sie sogar in direktem Gegensatz.
Popmusik lehnt als Musikform die Virtuosität (zumindest zunächst) ab. Da sie dadurch theoretisch jedem offensteht, ist sie auch demokratisch.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.waNein, aber da ist unser beider Ansatz unterschiedlich. Du pickst Dir aus diesem großen Topf zeitgenössischer Musik irgendwas raus und definierst es als Pop, wenn es für Dich goutierbar ist, unabhängig von Genre-Zugehörigkeit.
Für mich kann z.B. eine klassische Bluegrass-Nummer niemals Popmusik sein, sei sie auch noch so eingängig. Sie ist ganz klar einem bestimmten Genre zuzuordnen.Was man so nicht stehen lassen kann. Als in dem Film „Beim Sterben ist jeder der erste“ dieses Musikteil kam, „Duelling Banjos“, wurde dieses alte Bluegrassding zum Hit und tauchte in den Charts auf. Plötzlich wurde es zum Pop, weil es sich in einem Pop-Ambiente aufhielt. Merke: Nicht der Künstler macht genuin den Pop, auch das Publikum braucht man, um Pop zu generieren. Manchmal sogar gegen den Willen des Künstlers.
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Ich will auch mal was sagen!nail75 Meine Ideen zur Popmusik:
Popmusik benötigt gewisse technische Voraussetzungen, nämlich Massenmedien (in Bild und Ton)
Popmusik entsteht als Jugendphänomen und symbolisiert die Werte zumindest eines Teils dieser Jugendlichen.
Sie ist nicht an der Anerkennung im Wertekanon der bestehenden Hochkultur interessiert, teilweise steht sie sogar in direktem Gegensatz.
Popmusik lehnt als Musikform die Virtuosität (zumindest zunächst) ab. Da sie dadurch theoretisch jedem offensteht, ist sie auch demokratisch.
Find ich gut. Klasse Grundlage.
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Ich will auch mal was sagen!wa Popmusik ist das Zentrum, das sich wie ein Schwamm von seinen Rändern (=Genres) vollsaugt.
Mit einem Satz voll ins Schwarze getroffen. Was für eine Wohltat nach all den, teilweise arg verquasten, Bemühungen.
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I hunt alonenail75
Meine Ideen zur Popmusik:Popmusik benötigt gewisse technische Voraussetzungen, nämlich Massenmedien (in Bild und Ton)
Gilt auch für Kochsendungen.
nail75
Popmusik entsteht als Jugendphänomen und symbolisiert die Werte zumindest eines Teils dieser Jugendlichen.Das trifft auf Pop zu, also der Gesamtheit eines zeitgebundenen Lebensgefühls, bestehend aus Mode, Musik, Kunst etc., aber nicht auf Popmusik.
nail75
Sie ist nicht an der Anerkennung im Wertekanon der bestehenden Hochkultur interessiert, teilweise steht sie sogar in direktem Gegensatz.Wie heißt gleich wieder der Typ, der „I like Chopin“ gesungen hat?
nail75
Popmusik lehnt als Musikform die Virtuosität (zumindest zunächst) ab. Da sie dadurch theoretisch jedem offensteht, ist sie auch demokratisch.Warum sollte Popmusik Virtuosität ablehnen? Sie kümmert sich halt nicht darum.
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What's a sweetheart like me doing in a dump like this?waGilt auch für Kochsendungen.
Das trifft auf Pop zu, also der Gesamtheit eines zeitgebundenen Lebensgefühls, bestehend aus Mode, Musik, Kunst etc., aber nicht auf Popmusik.
Wie heißt gleich wieder der Typ, der „I like Chopin“ gesungen hat?
Warum sollte Popmusik Virtuosität ablehnen? Sie kümmert sich halt nicht darum.
Das ist kein Gegenargument, Kochsendungen sind aber beispielsweise nicht Ausdruck einer Jugendkultur.
Das trifft auch auf die Popmusik zu. Wieso sollte es nicht?
„Roll over Beethoven and tell Tschaikowski the news“
Das ist im Ergebnis dasselbe.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.SaarahNicht der Künstler macht genuin den Pop, auch das Publikum braucht man, um Pop zu generieren. Manchmal sogar gegen den Willen des Künstlers.
Natürlich macht das Publikum Pop zu Pop. Erfolgloser Pop ist im Grunde keiner, da ihm ein wichtiges Attribut, nämlich seine „Popularität“, als Reflexion und Spiegelbild des Zeitgeistes, fehlt. Dylans eigenes Blowin in the Wind war kein Pop, da es aber so verdammt viel Zeitgeist in sich trug, wurde es damals x-fach gecovert und in diversen Version zu Pop. The same song.
Ich denke also, dass man den Begriff von zwei Seiten sehen muss, von dem Künstler, der Pop machen will (von Bohlen bis Squeeze) und vom Publikum aus, das Pop erst zu Pop macht. White Riot ist nicht als Pop konzipiert, aber vom Publikum dazu gemacht worden. Rockferry ist als Pop konzipiert, dennoch großartige Musik.
Pop Art spielt m.E. mit dieser Ambivalenz.--
FAVOURITES@wa: Ich meinte das nicht wertend. In den meisten Definitionsversuchen wird der Hörer aber ausgeblendet, als ob er völlig unwichtig ist. Das ist ja nicht auf mich speziell bezogen. Und ich picke mir keineswegs wahllos heraus, was ich mag und erkläre das zu Pop. Ich bin allerdings an größeren Zusammenhängen stärker interessiert als an der (durchaus im positiven Sinne gemeinten) tiefschürfenden Auseinandersetzung mit einzelnen Genres.
(Immerhin hat auch Kramer Townes Van Zandt einen gewissen Pop Appeal zugebilligt, so abwegig kann der Gedanke nicht sein.)
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Pop Appeal alleine macht aber keine Popmusik aus.
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What's a sweetheart like me doing in a dump like this?Herr Rossi
(Immerhin hat auch Kramer Townes Van Zandt einen gewissen Pop Appeal zugebilligt, so abwegig kann der Gedanke nicht sein.)If You Needed Me ist als Song schönster Pop.
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