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„Sings Greatest Palace Music“ ist für mich immer noch eine facettenreiche und kluge Platte auf hohem Niveau und für mich sein letztes gutes Werk. „The Brave And The Bold“ wirkt dagegen wie ein polterndes und stümperhaftes Etwas.
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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...Highlights von Rolling-Stone.deRobert Miles und „Children“: Sanfte Rettung vor dem Auto-Tod
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WerbungVollkommen richtig.
„Sings Greatest Palace Music“ * * * *
„The Brave And The Bold“ * * 1/2--
„Stümperhaft“ nicht, Atom. Sie wissen und können großenteils schon, was sie da machen, bleibe deshalb eher bei dem Begriff „dumm“.
Dabei muss gute Musik ja nicht schlau sein, sondern einfach nur gut. Wenn aber Musik denn mal schlau sein will, muss sie es auch wirklich sein, sonst steht sie halt ein bisschen dämlich da.--
FAVOURITESDie Summer In The Southeast weiß dagegen stellenweise (Sucker’s Evening) zu begeistern.
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FAVOURITESStimt otis, „dumm“ trifft es besser.
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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...otis“Stümperhaft“ nicht, Atom. Sie wissen und können großenteils schon, was sie da machen, bleibe deshalb eher bei dem Begriff „dumm“.
Dabei muss gute Musik ja nicht schlau sein, sondern einfach nur gut. Wenn aber Musik denn mal schlau sein will, muss sie es auch wirklich sein, sonst steht sie halt ein bisschen dämlich da.Das klingt sehr interessant. Aber was ist denn „Dummheit in der Musik“? Oder inwiefern will dieses Album schlau sein und schafft es nicht? (Wenn das schwer zu erklären ist: An welchen Stellen kann man es hören?)
Ich kenne bisher nur „Thunder Road“, aber ich werde dann bei Gelegenheit mal in die Platte reinhören.
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To Hell with PovertyIn der Berliner Zeitung von heute (2.2.06) schreibt Jens Balzer:
Tanztee in Schrathausen
„The Brave and the Bold“: Überraschende Cover-Versionen von Tortoise und Bonnie „Prince“ BillyJens Balzer
Die erstaunlichste Überraschung dieses langen Rock’n’Roll-Winters kann man auf einer klitzekleinen unscheinbaren Schallplatte mit randständigen Cover-Versionen erleben, auf deren Vorderseite zwei blaue Rehkitze äsen.Der schlurfigste Schlurfer des älteren Schlurf-Song-Gewerbes und die meist überschätzte Rockband des letzten Jahrzehnts haben ein possierliches, originelles, an nicht wenigen Stellen sogar rundweg zu Herzen gehendes Album aufgenommen: hier Tortoise, die Erfinder des Postrocks und Wiedereinführer des Wollmützentragens in die elektrisch verstärkte Musik; dort Will Oldham alias Bonnie „Prince“ Billy, der Erfinder des Zeitlupen-Depressions-Countryrocks und Wiedereinführer des barttragenden Schrattums in das am erikanische Songwriterwesen.
Tortoise waren ohne Zweifel eine der wichtigsten Rock’n’Roll-Gruppen der Neunzigerjahre; passend zum Jahrzehnt, kann man sie als Band der Reinigung und Entmannung ansehen. Von Chicago aus wollte das ursprünglich siebenköpfige Ensemble die Rockmusik von allen rockmusiktypischen Dominanz- und Männlichkeitsgesten befreien: vom schnellen Zum-Höhepunkt-kommen des Drei-Minuten-Songs und vom phallischen Gitarrengepose, das im gerade zum Mainstream geronnenen Grunge wieder fröhliche Renaissance feierte. Alles sollte weicher, komplizierter, gedankenvoller, jazzartiger werden, ohne doch zugleich den Referenzrahmen des Rock’n’Roll zu verlassen. In ihrer Verpflichtung aufs Negative war diese scheinbar so grenzensprengende Musik dann aber doch ziemlich umschränkt, und während die Tortoise-umgebende Chicagoer Jazzszene sich in höchste Hype-Höhen aufschwang, schreckte die Band vor dem Schritt in wahrhaft offene Formen zurück – und pegelte sich stattdessen auf einem mittleren Klang- und Leidenschafts-Level mittelinteressanten Indie-Gedaddels ein.
Insofern musste man ihre Zusammenarbeit mit Will Oldham eher mit Sorge erwarten; auch dieser ist nicht gerade als mitreißender Interpret bekannt. Wenn er eine Schallplatte besingt oder sich auf eine Konzertbühne stellt, wirkt er eher wie ein musikalisches Gravitationsloch; einer, der in seiner abgrundtiefen Erbarmungswürdigkeit nicht einmal mehr den Impuls erweckt, dass man ihn in den Arm nehmen und trösten möchte, weil ihn jede Nähe noch weiter zerbrechen könnte. Oldham ist der Urvater aller barttragenden Schrate, die – von Devendra Banhart bis Dead Western – gegenwärtig die Konzertbühnen bevölkern. Da seine Songtexte sich vornehmlich mit Schraten befassen, kann man ihn auch einen Metaschrat nennen – ein Metaschrat freilich mit klar umgrenzter Stimmkraft. Seinen mittleren, bestenfalls aus Betrübnis vibrierenden Kopfstimmenpegel kann man beglückend erbarmungsvoll finden, aber auch rasend langweilig.
Umso erstaunlicher ist die Kraft der zehn Cover-Versionen, die Oldham jetzt mit Tortoise aufgenommen hat: von so unterschiedlichen Künstlern wie dem brasilianischen Sänger Milton Nascimento und dem britischen Folkbarden Richard Thompson, von dem Flower-Power-Mädchen Melanie und dem zornigen Hardcore-Punk-Männerkollektiv Minutemen, von der glamourösen Kunstfigur Elton John und dem Dicke-Eier-Rumrocker Bruce Springsteen. Ein thematischer Faden ist in dem Programm nicht zu erkennen, bei der Aneignung der Tradition haben die Musiker sich vor allem für die Formen der Aneignung interessiert. Durch Gegenläufigkeiten aller Art, etwa die Vertauschung von elektrischen und elektronischen Geräten, haben sie das Material enthistorisiert und seiner popspezifischen Größe beraubt. Noch die dicksten Instrumentierungen werden skelettiert und zerrieben; über dem, was übrig bleibt, schwebt Oldhams dünne, untypisch kratzige Stimme wie ein vergrippter Geist über dem Wasser – und klingt dabei so interessant und so unschratig unmanieriert wie selten zuvor in seinem Schaffen.
Man könnte auch sagen: „The Brave and the Bold“ hat das Erbe des Postrock in eine Art musikalischen Strukturalismus überführt; eine Umwertungsmaschine, die ihre Spannung und ihre Vielfältigkeit aus einem entschlossenen Alles-gleich-machen-schlägt. Man höre Springsteens „Thunder Road“, worin die Leadgitarre durch ein Theremin ersetzt wurde: Es ist nur eine wimmernde elektromagnetische Störung, die Oldhams Gesang hält und trägt; aber dies tut sie so überzeugend zart und in aller Zurückhaltung dramaturgisch so konsequent, dass darüber ein ganzes Orchester überflüssig wird und man die fehlende Fülle vielmehr in den Gesang imaginiert. In „It’s Expected I’m Gone“ von den Minutemen ist die komplizierte Break-Struktur des Originals von den Gitarren ganz ins Schlagzeug verlegt; über einem gleichmütig knurrenden Störton drischt Tortoise-Drummer John McEntire so dicht auf seinen Trommeln herum, dass die Musik gleichzeitig zu fließen und stehen scheint – während Oldham heisere Kerben in die Klangfläche heult, sich immer wieder mit der Musik verbindet und, wie von einem Stromschlag zurückgetrieben, immer wieder von ihr trennt.
„The Brave and the Bold“ bietet eine Ideenmusik ohne den kleingärtnerischen Abstraktionskitsch des Postrocks; einen Postrock, der sich – bei aller Skepsis gegenüber den Direktheiten des Rocks – nicht mehr bloß mit Negationen befasst, sondern mit der Entfaltung von Möglichkeiten. Aneinander haben die Schwachen kräftige Funken geschlagen. Auch wenn sie immer noch darauf achten, dass kein Feuer ausbricht.
Tortoise and Bonnie „Prince“ Billy: The Brave and the Bold (Domino/Rough Trade Distribution)
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!Go1Das klingt sehr interessant. Aber was ist denn „Dummheit in der Musik“? Oder inwiefern will dieses Album schlau sein und schafft es nicht? (Wenn das schwer zu erklären ist: An welchen Stellen kann man es hören?)
Ich kenne bisher nur „Thunder Road“, aber ich werde dann bei Gelegenheit mal in die Platte reinhören.
Gerade Thunder Road hat mich zu den Sätzen verführt. Habe den Track aber nur einmal gehört bislang, deshalb aus der Erinnerung: Erst mal ist die ganze Anlage des Arrangements ein Anders-als-Springsteen. Das funktioniert im allerersten Moment, zumal Oldham auch gar nicht anders kann. Dann finden sich aber im Arrangement Stellen, die das alte einfach übernehmen, ohne was dazuzutun oder sich zu distanzieren oder was auch immer. Ca. nach dem zweiten Drittel kommt so eine kleine Pause, da spielen sie dann fast weiter wie im Original. Das ergibt aber irgendwie überhaupt keinen Sinn. Will sagen, wenn man distanzierte, postmoderne, oder wie man sie auch nennen mag, Musik machen will, dann muss das Tun auch reflektiert sein, vor allem dort, wo es drauf ankommt. Aber es fanden sich noch so einige Stellen, bei denen ich einfach nur den Kopf schütteln konnte.
EDIT: Habe den BZ-Artikel jetzt gerade, also nach meinem Post, gelesen und er bestätigt im Grunde, was ich über Thunder Road so grob gesagt habe, auch wenn er die Platte überaus positiv sieht.
Bislang hat noch keiner erklärt, warum die Aufnahmen erst jetzt veröffentlicht wurden. Oder habe ich das überlesen? Mir scheinen sie Fingerübungen, Gelegenheitsarbeiten zu sein. Sicherlich auch mit vielen guten Ideen.--
FAVOURITESDanke, otis! Dann hätten sie das Konzept, dem die Version anscheinend folgt, nicht konsequent verwirklicht – sie wäre dann halbgar. Ich werde Original und Cover mal nacheinander hören und darauf achten.
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To Hell with Povertyotis
EDIT: Habe den taz-Artikel jetzt gerade, also nahc meinem Post, gelesen
Berliner Zeitung = taz?
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Captain Beefheart to audience: Is everyone feeling all right? Audience: Yeahhhhh!!! awright...!!! Captain Beefheart: That's not a soulful question, that's a medical question. It's too hot in here.Danke beatle, hatte das nur mit einem Auge gesehen und dann aus BZ und „Tanztee“ wohl taz gemacht. Ich korrigiere.
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FAVOURITESotisDanke beatle, hatte das nur mit einem Auge gesehen und dann aus BZ und „Tanztee“ wohl taz gemacht. Ich korrigiere.
Dann hat es da doch noch keine feindliche Übernahme gegeben.
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Captain Beefheart to audience: Is everyone feeling all right? Audience: Yeahhhhh!!! awright...!!! Captain Beefheart: That's not a soulful question, that's a medical question. It's too hot in here.Wie hörst du sie denn? Die Platte.
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FAVOURITESotisWie hörst du sie denn? Die Platte.
Bisher noch gar nicht.
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Captain Beefheart to audience: Is everyone feeling all right? Audience: Yeahhhhh!!! awright...!!! Captain Beefheart: That's not a soulful question, that's a medical question. It's too hot in here.
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
ich finde die wirklich nicht übel. freilich nicht der ganz große wurf, aber „thunder road“ bspw ist wunderbar und reicht mal locker für nen kapitalen „überraschungs“-hit in diesem noch sehr jungen jahr.
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Schlagwörter: Bonnie 'Prince' Billy, Tortoise, Will Oldham
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