Literarische Begegnungen (Lesungen)

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    ford-prefect
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    Alexander Hacke, Kulturraum Kohi, Karlsruhe, 13.11.2025

    Vor drei Tagen war ich auf einer Lesung von Alexander Hacke, der seit 1980 Bassist der Einstürzenden Neubauten war und vor einigen Monaten die Berliner Avantgarde-Institution überraschend verließ, im alternativen Kulturzentrum Kohi in Karlsruhe. Dort erlebte ich einen bestens aufgelegten und fannahen Hacke. Der Begriff „Kohi“ ist keine Abkürzung, sondern ein japanisches Wort für Café oder Bar. Zur Lesung erschienen geschätzt 50 Besucher. Im Oktober veröffentlichte Hacke im Mainzer Ventil-Verlag eine überarbeitete und um die letzten zehn Jahre erweiterte Neuauflage seiner bereits 2015 erschienenen Autobiografie „Krach – Verzerrte Erinnerungen“. Die erste Auflage war damals im Metrolit-Verlag erschienen, der zum Aufbau-Verlag gehörte. Allerdings enthielt die Erstauflage, wie Alexander Hacke kritisch anmerkte, etliche Flüchtigkeitsfehler: Zum Beispiel steht darin der Pop-Art-Maler Martin Kippenberger mit dem doch falschen Namen Hans-Martin Kippenberger und ebenso falsch wurde der Name von Devo-Frontmann Mark Mothersbaugh geschrieben. Warum auch immer, womöglich gingen diese inhaltlichen Fehler auf die Kappe des Lektorats. Als die Erstauflage seiner Memoiren „Krach“ im Herbst 2015 rauskam, musste der Metrolit-Verlag gleichzeitig Insolvenz anmelden. Damals erlebte ich den Hacke mit seinem Buch auf der Frankfurter Buchmesse 2015 auf dem Blauen Sofa mit Aspekte-Moderator Tobi Schlegl, der früher Moderator beim Musikfernseh-Sender Viva war. Im Kohi lernte ich einen älteren Herrn kennen, der extra aus Eindhoven in Holland nach Karlsruhe fuhr, um die Lesung von Alexander Hacke zu besuchen. Der Mann, der einwandfreies Deutsch mit holländischem Akzent sprach, gab sich als glühender Neubauten-Fan zu erkennen und war auf Konzerten der Berliner Krachkapelle im Amsterdamer Paradiso und in Prag.

    Nun also die zweite Auflage, diesmal in einem rot-schwarzen Softeinband mit Alexander Hacke heroisch mit seinem Gibson Thunderbird-Bass auf dem Cover und mit einem neuen Vorwort. Im Karlsruher Kohi-Club, der sich in der Werderstraße am Eingang der Fußgängerzone gegenüber der evangelischen Johannis-Paulus-Kirche befindet, trug Hacke weite Passagen aus seinem Buch vor. Dabei begann er mit seiner Kindheit in den 1970er Jahren, in der er oft allein zu Hause saß, wenn seine Eltern ausgingen, weshalb der kleine Alexander verbotenerweise im Wohnzimmer viele Horrorfilme wie „Der Mieter“ und „Rosemarys Baby“ von Roman Polanski im Fernsehen schaute, die ihn gleichermaßen traumatisierten wie später inspirierten. Gruselige Filme in der ZDF-Reihe „Der phantastische Film“, dessen unheimlichen Vorspann der Künstler Heinz Edelmann gezeichnet hat (findet man auf YouTube), aus dessem Stift zudem der Beatles-Zeichentrickfilm „Yellow Submarine“ von 1968 floss. Darüber hinaus erinnerte sich Alexander Hacke, der eine gemeinsame Tochter mit Schauspielerin Meret Becker hat und mit der Loveparade-Mitgründerin Danielle de Picciotto liiert ist, an eine Neubauten-Tournee durch die USA, Erfahrungen mit LSD und an das Engagement der Einstürzenden Neubauten für das Stück „Andi“ von Regisseur Peter Zadek 1987 im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Der Inhalt der ersten Hälfte der Karlsruher Lesung war mir aus dem Podcast „Und dann kam Punk“ bekannt, in dem Alex Hacke mit seiner Kreativpartnerin Danielle de Picciotto im letzten Juni als Duo Hackedepicciotto zu Gast war, in der Episode Nr. 208.

    Während einer anschließenden Frage-Runde stellte ich ihm die Frage, ob er im Laufe der Jahre mit den Neubauten, die besonders in den 80ern und 90ern für brachiale Lautstärke auf der Bühne bekannt waren, irgendwann Probleme mit seinem Gehör bekam. Fand er interessant, die Frage, und Hacke verneinte, seine Ohren hätten diesen Lärm weitestgehend unbeschadet überstanden. Nur auf dem rechten Ohr habe er, wenn ich das richtig verstanden habe, einen sogenannten „Disco-Knick“: Ab einem hohen Frequenzbereich höre er keinen Piepton mehr, sondern ein Rauschen. Nach der Lesung kaufte ich mir die redigierte Ventil-Neuauflage seiner Autobiografie „Krach“, obwohl ich schon die Erstauflage aus dem pleite gegangenen Metrolit-Verlag besitze, und ließ mir die Schwarte von Meister Hacke signieren.

    zuletzt geändert von ford-prefect

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    ford-prefect
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    Bassmann Alexander Hacke von den Einstürzenden Neubauten bestens gelaunt während einer Lesung aus seiner aktualisierten Autobiografie „Krach“ im Karlsruher Kulturraum Kohi

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