Jahresrückblick 2022

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    gypsy-tail-wind
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    Dann wollen wir mal … über die ausgebliebenen und meinerseits ferngebliebenen Konzerte mag ich mich nicht nochmal auslassen. Schade bleibt es, aber in gut zwei Wochen steht das Virelles Trio mit Ben Street und Andrew Cyrille an, immerhin mal wieder was los in Zürich, was wirklich interessant ist! Oben ein kleiner fotografischer Gruss von einem dunklen Dezembernachmittag.

    Was Entdeckungen angeht, habe ich vor allem aus den Neunzigern einige machen können, die ich auch dem Austausch hier zu verdanken habe. Passend zum aktuellen Vocal-Jazz-Thema ist da Jeffery Smith zu nennen, aber auch die Entdeckung und Vertiefung einiger geschätzter Sängerinnen, von denen ich Lücken geschlossen oder zusätzliche Alben kennengelernt habe: Betty Carter allen voran, aber auch Sheila Horn, Carmen McRae usw. Der eigene Antrieb für grosse Erkundungen fehlte ein wenig, aber viel Freude gemacht haben auch die Lücken aus dem Katalog von Charlie Haden, die ich geschlossen habe (die CELP-Alben, Sideman-Auftritte aus Blues und Neuer Musik usw.) – und da war auch das Wiederhören eine grosse Freude.

    Die Abschiede trafen mich, glaub ich, in diesem in vieler Hinsicht so völlig bekloppten Jahr – Kriege, Pandemieverleugnung mit schamlos offen ausgelebten Ableismus auf Schritt und Tritt im Arbeits- und Freizeitleben – weniger schwer als sonst. Der grosse Verlust ist woh Phraoah Sanders, den ich zusammen mit @redbeans im Sommer vor der Pandemie noch in Antwerpen hören konnte – zum einzigen Mal, und das war auch ein ziemlich erfreuliches Erlebnis. Der herausragende Saxophonist Anthony Ortega wurde sehr alt – dass seine Diskographie in erster Linie aus Lücken besteht, wird sich kaum je ändern und ist sehr zu bedauern.

    Viel zu früh abberufen wurde die Trompeterin jaimie branch – das machte mich betroffen, auch wenn es nicht sehr überraschend kam. Ebenfalls betroffen machte mich der Tod von Dennis González und der des ebenfalls zu früh gegangenen Joey DeFrancesco. Auch Charnett Moffett, Jessica Williams uund besonders Ron Miles gehören dazu. Und Betty Davis, die umwerfende Sängerin und grosse Visionärin der Musik.

    Sehr geschätzt sind hier auch die 2022 von uns gegangenen Grachan Moncur III, Fredy Studer, Michael Henderson und Abdul Wadud. Die Pianisten Ramsey Lewis, Donald Smith und Khalid Moss, der Klarinettist Rolf Kühn, die Saxophonisten Gabe Baltazar, Ronnie Cuber, Zbigniew Namyslowski und Emil Mangelsdorff, der Trompeter Maffy Falay, die Gitarrist*innen Monette Sudler und Joe Diorio, die Bassisten Eddie de Haas, Adelhard Roidinger und Isao Suzuki, die Schlagzeuger Leroy Williams und Allen Blairman, der Vibraphonist Khan Jamal, die beiden Ex-Miles-Percussionisten Badal Roy und James Mtume, sowie von hinter den Kulissen Sue Mingus, Creed Taylor und Matthias Winckelmann. Mein Dank gebührt ihnen allen, einige bei einigen hatte ich das Vergnügen, sie live zu erleben, aber ganz viele (darunter leider auch Joey DeFrancesco) habe ich nie im Konzert hören können. Fredy Studer natürlich schon, öfter sogar – und mit ihm (und Christy Doran) vor ca. 20 Jahren auch mal ein langes Gespräch geführt. Die Reunion von Depart – zu deren Originalbesetzung (rehearsal band-Stadium vor den ersten Auftritten glaub ich) Fredy Studer gehört hat. Hier ein Foto von einem Konzert von 2018, bei dem Jean-Paul Bourelly zu Depart stiess:


     
     

    Die Neuheiten:

    * * * *1/2
    Andrew Cyrille/William Parker/Enrico Rava – 2 Blues for Cecil
    OM – 50
    Qasim Nagvi/Wadada Leo Smith/Andrew Cyrille – Two Centuries
    Joel Ross – The Parable of the Poet
    Angelica Sanchez Trio – Sparkle Beings
    Tarbaby feat. Oliver Lake – Dance of the Evil Toys
    David Murray/Brad Jones/Hamid Drake – Seriana Promothea
    David Virelles – Nuna
    Jeff Parker/Eric Revis/Nasheet Waits – Eastside Romp
    James Brandon Lewis – Molecular Systematic Music – MSM Live
    Yuko Fujiyama/Graham Haynes/Ikue Mori – Quiet Passion

    * * * *
    OGJB Quartet – Ode to O
    Tyshawn Sorey Trio – Mesmerism
    Vinny Golia/Bernard Santacruz/Cristiano Calcagnile – To Live and Breathe…
    Wayne Shorter/Terri Lyne Carrington/Leo Genovese/Esperanza Spalding – Live at the Detroit Jazz Festival
    Alexander Hawkins Mirror Canon – Break a Vase
    Wadada Leo Smith – The Emerald Duets
    Barre Phillips/György Kurtág jr. – Face à Face
    Katharina Weber – In Márta’s Garden
    Eve Risser Red Desert Orchestra – Eurythmia
    Sheila Jordan – Live at Mezzrow (with Alan Broadbent & Harvie S)
    Enrico Rava/Fred Hersch – The Song Is You
    Keith Jarrett – Bordeaux Concert
    Immanuel Wilkins – The 7th Hand
    Marquis Hill – New Gospel Revisited
    Melissa Aldana – 12 Stars
    Marek Pospieszalski – Polish Composers of the 20th Century
    Florian Arbenz/Kirk Lightsey/Tibor Elekes/Domenic Landolf – Conversation #6: Radix / Conversation #7: Synopsis
    Florian Arbenz/Wolfgang Puschnig/Jorge Vistel/Oren Marshall/Michael Arbenz – Conversation #8: Ablaze
    Sheila Jordan/Jacob Sacks/David Ambrosio/Vinnie Sperrazza – trioTrio Meets Sheila Jordan
    Pierre Favre & Samuel Blaser – Same Place, Another Time
    Florian Favre – Idantitá
    Jeff Parker – Mondays at the Enfield Tennis Academy
    Howard Riley/Keith Tippett – Journal Four
    Punkt.Vrt.Plastik – Zurich Concert
    Tineke Postma/João Barradas/Rafael Jerjen/Florian Arbenz – Conversation #5: Elemental
    The Attic (Rodrigo Amado/Gonçalo Almeida/Onno Govaert) – Love Ghosts
    Kirk Knuffke/Michael Bisio – For You I Don’t Want to Go
    Joel Futterman – Intervals 2

    * * *1/2
    Julian Lage – View with a Room
    Abdallah Abozekry/Ismail Altunbas/João Barradas/Loris Leo Lari – Cairo Jazz Station
    Angles – A Muted Readlity
    Kaja Draksler/Susana Santos Silva – Grow
    Nduduzo Makhathini – In the Spirit of Ntu
    Dave Gisler Trio with jaimie branch and David Murray – See You Out There
    Christoph Erb/Magda Mayas/Gerry Hemingway – Bathing Music
    Rhoda Scott – Lady All Stars
    Gordon Grdina’s Nomad Trio – Boiling Point
    Thollem – Obstacle Illusion

    * * *
    Chad Taylor Trio – The Reel
    Walter Smith III – In Common III
    Makaya McCraven – In These Times
    Terri Lyne Carrington/Kris Davis/Linda May Han Oh/Matthew Stevens – New Standards Vol. 1
    Lina Tullgren/Alec Toku Whiting – Unfamiliar Ceilings
    Daunik Lazro/Jouk Minor/Thierry Madiot/David Chiésa/Louis-Michel Marion – Sonoris Causa
    Lino Blöchlinger/Valentin Baumgartner/Tobias Sommer: Die Fermentierten – Ghost Ship
    Jessica Pavone String Ensemble – …of Late

    Die ersten 25 Plätze dieser Liste habe ich schon drüben eingestellt … auf Plätzen 1-3 erstmal drei Alterswerke, die mich alle sehr überraschten, „2 Blues for Cecil“ vielleicht am allermeisten, weil ich von Rava (der seinen Auftritt in Zürich im November absagen musste – weshalb weiss ich nicht) so ein Album echt nicht erwartet hatte. Das letzte von OM mit dem kurz vor Erscheinen verstorbenen Fredy Studer ist düster und wahnsinnig stark – ein umwerfender Schlusspunkt (die Band machte die CD-Release-Tour dann mit Gerry Hemingway – ich kann mir vorstellen, dass das sehr gut funktioniert, aber eben auch, dass das eine ganz andere Band geworden ist durch die Personalie). Wadada Leo Smith auf Platz 3 – mit der Besseren Ausgabe des Albums, das Andrew Cyrille und er neulich mit Bill Frisell auf ECM gemacht haben. Die Elektronik ihres Schülers Qasim Nagvi funktioniert wirklich prächtig, das ist quasi ein freies mood piece geworden, das mich total abholt – Yuko Fujiyama/Graham Haynes/Ikue Mori kann man da auch gleich anfügen.

    Dazwischen ein paar ein paar jüngere Leute: Joel Ross als erster von der jungen Blue Note-Crew – Immanuel Wilkins, Marquis Hill und Melissa Aldana bilden etwas weiter hinten ein starkes Cluster, Walter Smith III mit In Common III ist eher etwas abgeschlagen, In Common 2 überzeugt mich sehr viel mehr. Das Album von Ross hat mich sehr überrascht in seiner Geschlossenheit, es ist sehr farbenreich, funktioniert als Ganzes hervorragend, finde ich . Die zwei folgenden sind späte Entdeckungen der letzten Wochen, die mich beide ziemlich umgehauen haben: das neue vom Angelica Sanchez Trio und das neue von Tarbaby mit Oliver Lake.

    David Virelles aktuelles Album ist nach einem allmählichen Wachsen über längere Zeit vielleicht bei mir seine Nr. 2 hinter „Mbókò“. Jeff Parker war eine schöne Überraschung: endlich hab ich da einen direkten Zugang freigeschaufelt gekriegt – das wollte in den Jahren davor einfach nicht hinhauen (sein zweiter Eintrag ist etwas nach unten gerutscht – lief gestern wieder, als ich das Silvester-Menu kochte). Dann ist da noch das neue von James Brandon Lewis, ein Live-Doppelalbum von einem der Jazzkonzerte, die ich verpasst habe (es sind wenige seit Frühling 2020, bei denen ich das echt bedaure, ich denke eine Hand reicht, um sie abzuzählen). Und dann ist da mitten drin noch das jüngste von David Murray, das mich in seiner Schlichtheit und Wucht sehr überzeugt. Altmodisch ist das und doch sehr gegenwärtig.

    Im grossen Viererblock vorn das zweite des OGJB Quartet, das ich auch nur dank des Forums entdeckt habe – was auch für Graham Haynes generell so gesagt werden darf. Das Tyshawn Sorey Trio-Album ist stark, rutscht vielleicht auch noch in den oberen Block in den kommenden Monaten, wer weiss – jedenfalls ist es nach dem ersten Hören vor ein paar Wochen erst inzwischen oft gelaufen und etwas gewachsen (bisher nur als Bandcamp-Stream, physisch leider nicht [mehr] zu kriegen). Und von Sorey hörte ich im Sommer beim Lucerne Festival auch sein sehr faszinierendes Konzert, das aber nur wenig mit Jazz zu tun hatte (ein paar jazzgeschulte Improvisator*innen hätten dem Ensemble allerdings durchaus gut getan).

    Der Live-Mitschnitt von Wayne Shorter, Terri Lyne Carrington, Leo Genovese und Esperanza Spalding brauchte drei, vier Anläufe – aber ich finde das ein starkes Dokument einer sehr gut integrierten Band (rec. 2017), in der alle vier ihren Platz kriegen und einzeln wie gemeinsam hervorragend funktionieren – eine schöne Überraschung! Hawkins‘ jüngstes Werk integriert Elektronik, erschliesst neue Formen – gefiel mir zunächst etwas besser, rutschte dann vom obersten Block nach unten. Ähnlich erging des den „Emerald Duets“ von Wadada Leo Smith, fünf CDs im Duo mit Drummern – wobei im Fall von Jack DeJohnette, der auf gleich zwei CDs zu hören ist, bei der ersten auch Tasteninstrumente (beide auch am Klavier, DeJohnette am Rhodes) zum Einsatz kommen. Vielleicht wäre die Box ohne die zahlreichen weiteren Veröffentlichungen von TUM in den letzten Jahren weiter oben angekommen – aber da ist halt schon die Konkurrenz an eigenen Veröffentlichungen (darunter ja auch mehrere andere Box-Sets) gross.

    Barre Phillips/György Kurtág jr. und Katharina Weber stehen dann für die Spuren, die György Kurtág (sr.) hinterlässt. Webers Album ist Márta Kurtág gewidmet, Miniaturen von György und eigene Überleitungen – und bei beiden könnte man auch wieder von freien mood pieces sprechen. Die Phillips/Kurtág habe ich erst etwas über eine Woche da, sie lief aber schon vier-, fünfmal und wächst vielleicht auch noch ein wenig. Dass Eve Risser (mit einem Anthroposophen-Album of all things :wacko: ) auch wieder mal in der Liste steht, freut mich auch – das neue Album war vor ein paar Wochen zusammen mit Tarbaby und dem jüngsten von Angles (meinem ersten) in der Post und gefiel mir einmal mehr sehr gut – ein Nachfolgeprojekt zum White Desert Orchestra, das ich zusammen mit @vorgarten 2016 beim Jazzfest Berlin gehört habe. Beim neuen Projekt gibt es einen afrikanischen Einschlag und wieder aufgeschichtete Soundscapes über rollenden Grooves.

    Hinter zwei schönen ECM-Veröffentlichungen von Keith Jarrett bzw. Tom Harrell/Fred Hersch, einem ersten von zwei Alterswerken von Sheila Jordan und dem schon erwähnten Blue Note-Block folgt dann die anderen Clean Feed-Neuheit, die es schon in der ersten Jahreshälfte zu mir geschafft hat, ein schwer klassifizierbares Doppelalbum des Saxophonisten Marek Pospieszalski, der darauf Stücke von polnischen Komponisten neu interpretiert. Düster, schwer, stark – sehr stark, vielleicht bei mir unter Wert tief gelistet? Das ist kein Album, das ich in kurzer Zeit mehrmals hören möchte, wird drum Zeit benötigen.

    Der Basler Drummer Florian Arbenz ist schon bei #8 seiner „Conversations“-Reihe angekommen, die auf 12 Volumen angelegt ist. Ich werde die bisherigen Alben wohl in meiner nächsten StoneFM-Sendung vorstellen. Finde das ein tolles Projekt, bei dem recht unterschiedliche Alben resultieren, vom introspektiven Duo (#6/7 enthält ein Duo und ein Quartettalbum) mit dem Mentor und Altmeister Kirk Lightsey über freiere Sachen (#5) bis hin zum aktuellen Album (#8), das in einer Besetzung mit Sax, Trompete und Tuba auch ein paar fette Secondline-Grooves parat hält.

    Pierre Favre ist ein anderer hier sehr geschätzter Altmeister – im Duo mit Samuel Blaser hörte ich ihn auch schon im Konzert, und die LP in Blasers Selbstverlag (via Bandcamp) ist so auch ein schönes Souvenir an ein paar tolle Konzertabende kurz vor der Pandemie. Namensvetter Florian Favres Soloalbum über alte westschweizer Melodien war ein Geschenk meines Vaters zum Geburtstag – ein unerwartetes und sehr erfreuliches (auch das gibt’s auf Bandcamp zum vollständigen Probehören).

    Mit Howard Riley/Keith Tippett (rec. 2016, je ein Solo und ein langes Duo) ist dann das erste neue Album von NoBusiness in der Liste, direkt dahinter folgen The Attic (mit Rodrigo Amado, Gonçalo Almeida und Onno Govaert) sowie das Duo Kirk Knuffke/Michael Bisio vertreten. Der Pianist Joel Futterman hat ein gutes Soloalbum für Fundacja Sluchaj herausgebracht – und dort auch eine Dreier-Box im Duo mit Hal Russell (s.u.)

    In der 3,5er-Gruppe finden sich allesamt schöne Alben, die mich aber teils etwas enttäuscht haben – oder welche, die ich nicht auf dem Schirm hatte und durchaus erfreulich finde. Zu den ersten gehört – ein längst eingespieltes Schema leider – auch wieder Julian Lage und auch das neue Duo-Album von Kaja Draksler/Susana Santos Silva, ein Konzertmitschnitt, der die Magie des ersten Albums dieses Duos auf Clean Feed für meine Ohren nicht erreicht. Zu den letzteren gehören das Album Cairo Jazz Station, das auf dem Klassiklabel alpha erschienen ist, aber auch das neue von Nduduzo Makhathini, das mir ein Stück besser als der Vorgänger gefällt.

    Im 3er-Block folgen dann ein paar weitere Neuheiten, die ich überhaupt nicht uninteressant fand – aber auch nicht besonders inspirierend. Darunter das letzte aus dem jüngsten NoBusiness-Block (Lazro et al.), zusammen mit Thollem (unter 3,5) der weitere 2022er-Output auf CD von Astral Spirits (leider weit vom hervorragenden 2021er-Output entfernt).

    Und eine Fussnote, falls sich jemand wundert: die mir nur digital vorliegenden Alben, die 2022 beim finnischen Label We Jazz herausgekommen sind und die ich im Dezember bei StoneFM vorgestellt habe, fehlen in meiner Liste. Ich erhielt sie alle erst Anfang Dezember und die meisten liefen noch nicht oft genug, um sie in die Liste einzupflegen (beim Vorbereiten von Sendungen höre ich oft gezielt: eher kürzere Stücke, Stücke vom Leader oder sonstwie von der Komposition her interessant usw. – die Zeit, die Alben jeweils komplett in Ruhe anzuhören, habe ich da meistens nicht).
     
     

    Aus dem Archiv:

    * * * *1/2
    Mal Waldron – Searching in Grenoble: The 1978 Solo Piano Concert
    Albert Ayler – Revelations: The Complete ORTF 1970 Fondation Maeght Recordings°
    Horace Tapscott Quintet – Legacies For Our Grandchildren: Live In Hollywood, 1995
    Freddie Hubbard – Music Is Here: Live at Studio 104, Maison de la Radio (ORTF) Paris 1973
    Tubby Hayes Quartet – The Complete Hopbine ’69°
    Cecil Taylor – Respiration: Live in Warsaw 1968
    Elton Dean Quartet – On Italian Roads: Live in Milan 1979
    Ahmad Jamal – Emerald City Nights – Live at the Penthouse 1965-1966
    Lennie Tristano – Personal Recordings 1946-1970
    Horace Tapscott Quintet – The Quintet (1969)
    Ahmad Jamal – Emerald City Nights – Live at the Penthouse 1963-1964
    Elvin Jones – Revival: Live at Pookie’s Pub (1967)

    * * * *
    Miles Davis – That’s What Happened 1982-1985: The Bootleg Series Vol. 7
    Alan Braufman – Live in New York City, February 8, 1975*
    Hal Russell & Joel Futterman – The Chicago River (1992)
    Brötzmann/Van Hove/Bennink – Jazz in der Kammer Nr. 71 (1974)
    Gil Evans Orchestra – Live at Fabrik, Hamburg 1986
    Charles Mingus – The Lost Album from Ronnie Scott’s (1972)
    Keith Tippett Group – How Long This Time? Live 1970
    Eddie Harris – Live at Fabrik, Hamburg 1988
    Bill Evans – Inner Spirit: The 1979 Concert at Teatro General San Martín, Buenos Aires
    Ahmad Jamal – Live in Paris (1971): Lost ORTF Recordings
    Donald Byrd – Live: Cookin‘ with Blue Note at Montreux (1973)
    Donald Byrd/Bobby Jaspar – Cannes ’58
    Manfred Schoof – Live in Bremen 1978
    Bill Evans – Morning Glory: The 1973 Concert at the Teatro Gran Rex, Buenos Aires
    Sam Rivers Trio – Sam Rivers Archive Project, Volume 6: Caldera (2002)
    Chet Baker Trio – Live in Paris (1983/84)
    Gerry Mulligan Concert Jazz Band – In Concert (Copenhagen & Berlin 1960)
    Georges Arvanitas Quintet – Live in Paris ’61
    Don Rendell Sextet – The Odysseus Suite (1970)
    McCoy Tyner/Freddie Hubbard Quartet – Live at Fabrik, Hamburg 1986
    Graham Collier – Hamburg 1968
    Clark Terry – Big Bad Band Live in Holland 1979
    Yuji Takahashi/Sabu Toyozumi – The Quietly Clouds and a Wild Crane (1998)
    Pepper Adams with the Tommy Banks Trio – Live at Room at the Top (1972)

    * * *1/2
    Brew Moore – Special Brew (1961)
    Mototeru Takagi/Kim Dae Hwan/Choi Sun Bae – Seishin-Seido (1995)
    John Sinclair Presentss Detroit Artists Workshop (1965-1981)
    Duke Jordan – Montmartre 73 (1973)
    Henry Lowther’s Quarternity – Never Never Land (1974-78)
    Karl Jenkins – Penumbra II (1971)
    Trevor Watts & Liam Genockey – The Art Is in the Rhythm (1989)
    Benny Goodman Orchestra – In Concert (Copenhagen 1959)


    *) auf 2021 datiert, aber 2022 erschienen
    °) erweiterte Reissues

    In Sachen Archiv gab’s auch 2022 wieder viele schöne Entdeckungen zu machen. Ich will mich da etwas kürzer halten. Konzerte von Mal Waldron und Freddie Hubbard aus Frankreich, ein frühes Solo-Album von Cecil Taylor (Sluchaj), die klanglich sehr inkonsistente neue Mosaic-Box mit privaten Aufnahmen von Lennie Tristano oder der neue Live-Mitschnitt vom Elton Dean Quartet (British Progressive Jazz, das seit 2022 auch physische Releases macht) gehören zu den Highlights.

    Die Konzerte von Albert Ayler in Südfrankreich komplett und in der gespielten Reihenfolge zu hören erlaubte ebenfalls eine (erneute) Neuentdeckung. Tubby Hayes war für mich völlig neu – auch wenn da glaub ich bloss ein Stück drauf ist, das nicht zuvor schon veröffentlicht worden ist – sicher einer der stärksten Mitschnitte unter den vielen, die es von ihm inzwischen gibt. Das neue Album von Horace Tapscott fand ich zunächst ein klein wenig enttäuschend, aber mit wiederholtem Hören ist es dann doch wieder gewachsen. Auch das Konzert einer frühen Elvin Jones-Formation ist etwas durchwachsen, aber am Ende halt doch ein tolles Dokument – besonders für Leute, die Joe Farrell mögen.

    Eine wunderbare Überraschung, die ich gerade erst einmal durchgehört habe, sind die zwei Doppelalben mit Live-Aufnahmen von Ahmad Jamal, die fürs Radio im Penthouse gemacht wurden. Sie schliessen die Lücke, die zwischen den letzten Trio-Alben für Argo und denen für Impulse besteht – und hintenraus, von 1971, gab es ja schon früher im Jahr einen (gekürzten) Konzertmitschnitt, der bei mir im Lauf der letzten Wochen zulegen konnte.

    Der Viererblock ist auch hier gross. Toll besonders die unerwarteten Veröffentlichungen von Alan Braufman, Hal Russell & Joel Futterman, der Keith Tippett Group oder von Eddie Harris. Das Gil Evans Orchestra, wie Harris aus der Hamburger Fabrik, ist ebenfalls stark.

    Sam Records hat kürzlich neben der wunderbaren Platte von Donald Byrd/Bobby Jaspar auch noch eine von Georges Arvanitas herausgebracht, sie seit vorgestern hier, aber noch nicht auf dem Plattenteller gelegen ist. Diese LPs sind auf jeden Fall wunderbare Objekte mit beiliegenden Fotos – aber etwas teuer sind sie schon.

    Manfred Schoof und Graham Collier zähle ich auch zu den Überraschungen, ebenfalls das starke Party-Set von Donald Byrd aus Montreux, das digital schon vor ein paar Jahren mal zu hören war, und auch Henry Lowther (im 3,5er-Block) ebenfalls … und dass auch Bill Evans (gleich doppelt) und Chet Baker einmal mehr zu überzeugen vermögen, freute mich – auch wenn es keine Überraschung war. Wenig Überraschungen (da schon bekannt) bot auch Charles Mingus aus dem Ronnie Scott’s – ein starker Mitschnitt aus einer eher schwierigen Phase.

    Was habe ich vergessen? Ihr werdet es mir dann schon sagen …

    PS: Okay, die Streichquartette-Box von Wadada Leo Smith wollte ich noch erwähnen – hab sie noch nicht ganz durch (Nr. 11 und 12 noch nicht gehört, 11 ist mit ca. 100 Minuten und neuen Sätzen mit Abstand das längste, Nr. 12 ist ein Quartett für vier Bratschen (gespielt vom Bratschisten de Quartetts Andrew McIntosh und drei Gästen). Was ich da bisher gehört habe, gefällt mir sehr gut – auch wenn ich die Musik überhaupt nicht einordnen kann.

    Horace Tapscotts „Legacies for Our Grandchildren“ (ganz oben – wahnsinnig tolles Konzert!) und Georges Arvanitas im Archiv und Vinny Golia/Bernard Santacruz/Cristiano Calcagnile bei den Neuheiten ergänzt (und Manfred Schoof innerhalb des Archiv-4er-Blockes etwas nach oben geschoben).

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    #11959233  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,673

    vielen dank & frohes neues.

    ich habe mich dieses jahr ein bisschen mit den anfängen meines jazzhörens (ziemlich genau 1991) beschäftigt, was mir unter nostalgieaspekten recht schnell etwas fragwürdig vorkam, aber immerhin 2-3 schöne projekte zur folge hatte: den kompletten james blood ulmer durchzuhören und die gemeinsame und getrennte post-mingus-zeit von don pullen und george adams aufzuarbeiten. konnte man ja nachlesen, vielleicht etwas zu detailliert.

    bei ulmer habe ich kaum zusammenhänge und entwicklungen entdeckt, sondern einfach schiere originalität in sehr vielen settings, in parallel und überkreuz geführten bandprojekten, die alle kaum vergleiche zu anderer musik ihrer zeit zulassen. was mich sehr stark beeindruckt hat. pullen dagegen ist mir sehr viel näher gerückt, in vielen facetten. ich höre die musik nach wie vor, SHAKILL’S II, das trio-album mit peacock & williams, die african-brazilian connection. und david murrays fantastisches tribut-album THE LONG GOODBYE.

    jason moran war auch so ein projekt, das aus den 90ern herausführte, in die unmittelbare gegenwart.

    historischer jazz (und damit auch die archivaufnahmen des jahres) geriet dabei in den hintergrund, abgesehen von sonny rollins aktuell, von dem sich hier bisher ungehörte boxen stapelten.

    mein persönliches songbook-projekt kriege ich nach wie vor nicht zu greifen, auch nicht über minderheitenpositionen (gibt es ein great black american songbook? ein weibliches? ein queeres?). ich habe das gefühl, dass sich vor den maskulinisierungen des jazz im bebop noch einiges an flamboyanz und uneindeutigkeit aufspüren ließe, aber da muss ich auf völlig unvertrautes gebiet. harlem renaissance, james reese europa (freue mich sehr, dass moran sein projekt aufgenommen hat und dieses jahr veröffentlichen wird), ellington… alec wilder wird mir eher nicht dabei helfen, denke ich, aber sein eigenes songbook steht dieses jahr auch endlich mal an.

    unter den von @gypsy-tail-wind schon aufgeschriebenen vermisstenanzeigen sind einige derer darunter, die für mein jazzhören prägend waren und sind, vor allem moncur und sanders. aber auch die leute aus einer der tollsten miles-bands aller zeiten, mtume, roy, außerdem michael henderson (wurde bisher vergessen), davor schon lucas. und dennis gonzález natürlich.

    mick goodrick fehlt noch, daneben schmerzte das verstummen von elza sores und gal costa, und ron miles, weil er so mitten aus der produktivität gerissen wurde. und unter den songschreiber:innen marilyn bergman:

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    #11959243  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,254

    Michael Henderson steht oben, aber Mick Goodrick ging mir tatsächlich durch die Lappen. Und Gal Costa kenne ich bisher so schlecht, dass ich mir als Angeber vorgekommen wäre, sie zu erwähnen.

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    #11959259  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 14,022

    nochmal frohes neues und alles gute fuer 2023! Es ist ein bisschen albern, jetzt nach den Sachen zu fragen, die fehlen, aber, gypsy: Hast du das andere neue Tapscott Album vergessen? (Bei In Common find ich ja auch das erste mit Ross/Raghavan/M. Gilmore ziemlich toll, aber ist schon was aelter)

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    #11959271  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,254

    Tapscott steht doch da? Nachträglich korrigiert hab ich nur den ****-Block im Archiv, da fehlten #5-#7 von Florian Arbenz, sonst habe ich nur noch das PS ergänzt. Wenn sonst was fehlt, doch, gerne fragen – vielleicht hab ich was verpasst oder auch was vergessen beim Erstellen der Liste (die übers ganze Jahr auf dem Desktop liegt und wächst – kann schon mal sein, dass ich was neues nicht nachtrage).

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    #11959277  | PERMALINK

    nicht_vom_forum

    Registriert seit: 18.01.2009

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    Auch von mir ein frohes neues Jahr und alles Gute Euch! @gypsy-tail-wind: Hast Du Halvorsons Amaryllis/Belladonna vorbeiziehen lassen? Das war für mich eines der Highlights 2022.

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    Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.  Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick
    #11959285  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ja @nicht_vom_forum – bei Halvorson bin ich irgendwie rausgeflogen … „Never Is Enough“ von Thumbscrew war das letzte (da kam auch grad was neues, glaub ich?).

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #11959293  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    gypsy-tail-windTapscott steht doch da? Nachträglich korrigiert hab ich nur den ****-Block im Archiv, da fehlten #5-#7 von Florian Arbenz, sonst habe ich nur noch das PS ergänzt. Wenn sonst was fehlt, doch, gerne fragen – vielleicht hab ich was verpasst oder auch was vergessen beim Erstellen der Liste (die übers ganze Jahr auf dem Desktop liegt und wächst – kann schon mal sein, dass ich was neues nicht nachtrage).

    ich meinte die neue auf Dark Tree, die kurz vor dem Flying Dutchman / Mr Bongo Album rauskam…

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    #11959313  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
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    Ach so – die hatte ich irgendwie längst weggeräumt und im Kopf unter 2021 verbucht. Muss ich erstmal wieder anhören und oben dann noch ergänzen, danke! Tapscott ist mit den ganzen (Vinyl-)Reissues eh jemand, den ich mal ausgiebiger wiederhören muss.

    EDIT: hervorgeholt – zusammen mit der ebenfalls in der Liste noch fehlenden Vinnie Golia aus Italien … werden nachgehört und später ergänzt, merci!

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    #11968991  | PERMALINK

    vorgarten

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    es gab ja leider nur 1,5 persönliche rückblicke hier, aber der vollständigkeit halber hier noch die jährliche alben-sammlung auf dem freejazzblog und die daraus entwickelte top 3.

    das melford-album muss ich unbedingt nachholen…

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    #11969005  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Danke! Kennst Du die Melford, die da genannt wird?

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    #11969037  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-windDanke! Kennst Du die Melford, die da genannt wird?

    nein, deswegen muss ichs ja nachholen ;-)

    --

    #11969039  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Sorry :scratch:

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