Enja Records

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    gypsy-tail-wind
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    Oliver Jones – A Class Act | Ein Nachkauf der letzten Wochen, aus purer Neugierde, und noch ein erster Hörgang. Jones kam 1934 in Montréal, Kanada, als von Einwanderern aus Barbados zur Welt und legte, wie Leonard Feather in diesem, seinem zehnten Album, auch darum einen verspäteten Start hin, weil er von 1962 (Wiki sagt 1964) bis 1980 mit der Begleitband des Sänger Kenny Hamilton aus Jamaica unterwegs war. Davor genoss er u.a. ab dem Alter von acht Jahren Unterricht bei Oscar Petersons Schwester Daisy Peterson Sweeney oder trat als Solo-Novelty-Act auf: „I had a trick piano act, dancing, doing the splits, playing from underneath the piano, or with a sheet over the keys“ (Wiki). Sein Debutalbum erschien 1982 oder 1983 und seither sind alle seine Alben bei Justin Time herausgekommen – „A Class Act“ wohl im Jahr 1991.

    1992 kam das Album dann auch bei Enja heraus – ich weiss nicht genau, wann die Zusammenarbeit zwischen den Labels begann, aber sie lief recht lange – von Jones übernahm Enja drei Alben, von David Murray auch ein paar. Wenn ich auf Discogs durch die Liste der Justin Time-Veröffentlichungen scrolle, sehe ich dort ebenfalls einige Enja-Alben, z.B. von Maria Schneider, Dhafer Youssef oder Charlie Mariano (sie erhielten einen eigenen Präfix „JENJ“). „A Class Act“ wurde bei Sessions im Studio Tempo zwischen März und Mai 1991 aufgenommen und abgemischt (es gibt keine genaueren Angaben), dabei waren der kanadische Bassist Steve Wallace und der Drummer Ed Thigpen, die auch mal mit Oscar Peterson gespielt hatten.

    Musikalisch bewegt sich das auf recht konservativem Gebiet, irgendwo im stiloffenen Mainstream, wie er sich seit den Fünfzigern herausgeschält hat – aber keineswegs in der Nachfolge von Oscar Peterson, von dem hier „Hymn to Freedom“ als Closer zu hören ist (ein Highlight – das Stück scheint gemäss Feathers Liner Notes damals stärker mit Jones als mit Peterson verbunden worden sein). Von Bill Evans kriegen wir „Very Early“, dazu je ein Stück von Kenny Wheeler (geboren in Toronto), Ed Thigpen und „Fresca“ von Nelson Symonds, einem Gitarristen aus Halifax. Feather beschreibt das als „the opening cut“, aber ich sehe bei Discogs keine Ausgabe mit anderer Anordnung der Stücke, „Fresca“ ist das siebte von neun Stücken – und ein Highlight mit Halftime-Bass, Latin-Beat und tollem Klavier drüber. Die übrigen vier sind Originals von Jones selbst: Widmungen an Freunde („Stan Pat“ für den Pianisten Stan Patrick aus Bermuda ist ein Calypso), eine Ballade („Peaceful Time“, das bei Feathers Stück-für-Stück-Kommentaren fehlt – ob er eine frühe Version zum Hören gekriegt hat, nach der alle nochmal umgestellt wurde?) und ein Gospel-Romp („Tippin‘ Home from Sunday School“). Jones‘ Klavierspiel ist zupackend, rhythmisch sehr stark (ich denke eher an Monty Alexander als an Peterson, vielleicht auch an den mittleren und späteren Ahmad Jamal), das klingt frisch und macht durchaus Spass – wird aber vermutlich nie zur Lieblingsmusik.

    PS: zwischen Tchiai/Rek und Jones erschien neben dem oben von lotterlotta als Abou-Khalil-Favoriten erwähnten „Blue Camel“ auch Vol. 2 von „Abbey Sings Billie“, das ich zusammen mit Vol. 1 dort einsortiert hatte.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #152: Enja Records 1971-1973 – 14.05., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    gypsy-tail-wind
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    Chris Connor with the Hank Jones Trio – As Time Goes By | Hier wurde über vier Tage aufgenommen: 30. März bis 2. April 1991 im Clinton Recording Studio (Jim Anderson), Richard Rodney Bennett wirkte für „Special musical arrangements“ mit, Makoto Kimata und Todd Barkan haben für Alfa Records produziert, das Album erschien aber im selben Jahr (1991) auch bei Enja. Wenn Daniel Murray in seinen ersten Tönen beim Jazzpar Prize wie eine Frau klingt, dann klingt Connor hier in den ersten Tönen des Openers „Falling in Love with Love“ wie ein Mann.

    Die Eindrücke von …

    @vorgarten
    keine ahnung, ob das zählt, sieht nach einer alfa/enja-kooperation aus, die nächsten arbeiten von connor erschienen allerdings nur noch auf alfa. 1991, da war ja was mit dem vocaljazzcomeback, ältere damen und herren wurden wieder vor die studiomikrofone gezerrt und hatten plötzlich ein neues publikum (ohne das alte zu verlieren). in connors fall funktioniert das nicht so richtig. den vortrag würde ich – naja – undramatisch nennen, zeitungvorlesen konnte joão gilberto allerdings besser, die eleganz muss bei connors aus dem backstage kommen, das von jim anderson kristallin aufgenommene hank-jones-trio tut sein möglichstes, aber am ende ist es eine brav begleitende band mit schönen klaviersoli. connors stimme ist ihr leben nicht anzuhören, aber das hat ja auch was. ihr „goodbye“ am ende klingt ein bisschen so, als müsse sie sich jetzt an die steuererklärung machen.

    … kann ich hier gar nicht teilen. Mich berührt diese Stimme sehr, auch wenn sie in der mittleren Lage (der höchsten, die für Connor noch drin lag zu dem Zeitpunkt) oft sehr eigenwillig intoniert (wenn damit wer nicht klar käme, hätte ich grösstes Verständnis). George Mraz ist am Bass dabei, der in der Zeit oft mit Jones spielte (1993 auf „Upon Reflection“ oder 2004 auch bei Justin Time auf „For My Father“, um mal zwei zu nennen, die ich sehr gerne mag – zusammen – als letzteres entstand, entstanden auch die Blue Note-Alben mit Joe Lovano, die ich ebenfalls mag). Mraz kriegt im zweiten Song, dem Titelstück, auch einen Solo-Spot, während Keith Copeland sich auf Besenarbeit beschränkt. Den Song mag ich ja bekanntlich nicht so gerne, aber Connors Version hier gefällt mir tatsächlich sehr. Das klingt total weltmüde – und gefällt mir echt gut. Diese Weltmüdigkeit ist vielleicht auch eine Art Thema mit dem Titelstück, „September in the Rain“, „Gone with the Wind“, „Long Ago (An Far Away)“ … anderswo ändern die Stimmung, z.B. in „Everything I’ve Got“, das auch Steuerexpertinnen oder Telefonbuchrezitatoren kurz ihrer wichtigen Arbeit ablenken müsste. Das Trio legt Connor den Boden aus. Jones‘ Spiel finde ich für den Rahmen perfekt: nie aufdringlich, unglaublich elegant dabe aber nie geziert. Sie ist meiner Ansicht nach selten mit einer so guten kleinen Combo aufgenommen worden.

    Die folgenden Alfa-Alben kenne ich leider nicht (nie gesehen), erst die zwei erster der drei danach folgenden HighNote-Alben, die mir von der Begleitung und den Arrangements her etwas zu üppig in Erinnerung sind (Mike Abene). Connor vertiefen ist ein beim Vocal Jazz offen gebliebenes Projekt, und das Album mit Jones habe ich ebenso wie das Live-Album mit Fred Hersch (eine Evidence-CD, die wie ich grad lese die erweiterte Fassung des Japan-Albums „Chris Connor Live“, rec. 1983) auch erst damals gekauft, um uralte CD-Rs von einem anderen Connor-Fan auf Organissimo zu ersetzen, die mir 20 Jahre gut gedient haben.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #152: Enja Records 1971-1973 – 14.05., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    gypsy-tail-wind
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    atom

    gypsy-tail-wind
    @atom – ich hab die dazugekommenen Posts ergänzt (inkl. den von vorgarten zu „Crystal Fire“ – hoffe, das ist in Deinem Sinn, solche Antworten/Reaktionen auch als eigene verlinkenswerte Einträge zu berücksichtigen?) – und ich übernehme das gerne auch künftig, wenn Du willst, geht ja fast im gleichen
    Hast Du Highlight- oder Beiläufigkeits-Posts wie Deinen oder lotterlottas oben mit 4 bzw. 3 Covern drin auch berücksichtigt, er erst ab da, wenn es ein paar Sätze zum Inhalt der Alben gibt?

    Das ist eine sehr gute Idee, wenn du das direkt einträgst. Bisher habe ich nur verlinkt, wenn etwas mehr als ein Cover und/oder Titel genannt wurde. Aber vielleicht wäre es eine Idee, solche Favoriten-Nennungen, wie z.B. die 15 Faves von @vorgarten, auch zu verlinken und separat zu kennzeichnen. Solche Nennungen sind ja ebenfalls bereichernd.

    Hab im ersten Post unten ein paar weitere Sachen verlinkt – hoffe, das ist halbwegs stimmig so und ich hab beim raschen Durchblick der inzwischen ja über zwei Dutzend Seiten nichts Relevantes übersehen!

    Je einen Favoritenpost aus dem Umfrage-Thread (den erwähnten von vorgarten und einen von mir selbst*) habe ich auch noch verlinkt.

    *) Wenn ich den anschaue, merke ich auch, wie weit die Reise in den paar Wochen schon gegangen ist!

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    gypsy-tail-wind
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    Abdullah Ibrahim – Desert Flowers | Hiervon gibt es bei Discogs drei Ausgaben – und drei Cover (das obige noch in einer helleren Variante und das am Ende des Posts). Meine ist aus den USA und kommt mit einer Katalognummer von Rhino (entspricht dem mittleren Eintrag bei Discogs, bei dem das Land falsch ist, aber es steht halt keins – die Traycard sieht aus, als hätte jemand mit der Schere gewisse Stellen rechteckig ausgeschnitten und dann mit Papierfitzelchen abgedeckt, sogar ein kleiner Rand vom Fotokopierer ist zu sehen … irritierend dilettantisch gemacht), und weil die beim Sortieren des Enja-Stapels mal an einer falschen Stelle reingerutscht ist, habe ich schon einige mit höheren Katalognummern vorgezogen. Allerdings wurde „Desert Flowers“ auch erst in Dezember 1991 aufgenommen, als z.B. „As Time Goes By“ schon erschienen war (es gibt dazwischen zwei Dutzend weitere Alben im Katalog). Ibrahim spielt am 18. Dezember 1991 hier wieder einen Steinway Concert Grand im Studio von Rudy Van Gelder. Sein Sohn Tsakwe hat ihm die Synthesizer-Sounds für den öffnenden „The Praise Song“ und das abschliessende „Mizu / Water“ eingerichtet, das erste seiner Heimatstadt Cape Town gewidmet, „after 13 years in exile“ (um den Dreh herum endete die Zeit, die wohl wirklich ein Exil war, und er kehrte nach Südafrika zurück), das zweite seinem Lehrer in einer japanischen Kampfkunst, auf die sich auch der Titel bezieht.

    Dazwischen gibt es eine Dreiviertelstunde Solo-Piano, introspektiv, reflexiv mit „Just Arrived“ öffnend, das vielleicht wieder auf die Rückkehr in die alte Heimat bezieht? Es gibt Widmungen an Coltrane („For John Coltrane“, mit Gesang) und die Tochter Tsidi, der „District Six“ und die Namib-Wüste („Desert Air“, mit Gesang) werden evoziert, „Ancient Cape“ bietet einen typischen Cape-Jazz-Groove … und mittendrin ist auch der alte Förderer Ellington mit „Come Sunday“ dabei. Das suitenartige „District Six“ mit seinen typische rollenden Groove und ebenso typischen Melodiekürzeln ist dabei ein eine weitere Auflockerung – und ein Highlight – zwischen Balladen. Die Coltrane-Hommage ist sehr toll, was Text/Gesang angeht, wie auch das anschliessende Klaviersolo. Mit fast acht Minuten ist das auch das mit Abstand längste Stück des Albums. Das Syntzesizer-Outro hat dann etwas Gespenstisches – und wirkt gar nicht so sehr als Fremdkörper, wie es das für mich in den Neunzigern tat, als ich das Album im Laden stehen liess.

    Ich höre es zwar nicht ganz zum ersten Mal – aber das ist eine echte Entdeckung! (Und eine Erinnerung, dass ich mich um „African Dawn“ kümmern muss. EDIT: Link ergänzt.)

    Abdullah Ibrahim – Mantra Mode | Das nächste Album ist ein komplizierter Fall: der Label, unter denen es auftaucht, sind viele: African Echoes, Enja, Sun, Tiptoe (der US-Vertrieb lief auch über Rhino). Auf meiner CD, die dem undatierten letzten Eintrag bei Discogs entspricht, steht Enja/Tiptoe 888810 (fast das gleiche Nummernsystem wie bei Tutu, dort gab’s 888102, 888104 usw., hier 8888NN und mit fortlaufender Zählweise, das hier war also Album Nr. 10), dazu „ekapa series“ und die Bemerkungen „An original recording by Sun Music Group“ sowie „Under license from Sun Music Group“. Datiert sind alle Ausgaben auf 1991. Sun Music Group überrascht hier nicht, denn die Aufnahme entstand im Januar 1991 in Kapstadt im Milestone Studio. Eirfaaan Gillan und Sun-Gründer Rashid Vally werden als „executive producers“ und Cover-Designer genannt, das auf die CD gedruckte „African Echoes“-Logo kommt mir von anderswo (eine CD der African Jazz Pioneers?) bekannt vor.

    Auch sonst ist hier manches nicht wie bei Enja: strikt 40 Minuten dauert das Album, der Sound ist viel heller aber mit schwerem Bass (elektrische Bassgitarre um genau zu sein). Und das Line-Up ist natürlich südafrikanisch, das ist ja ein Homecoming-Album: Johnny Mekoa (t), Robbie Jansen (as/bari/fl), Basil „Mannenberg“ Coetzee (ts), Errol Dyers (g), Spender Mbaddu (b) und Monty Webber (d), dessen Posten einmal, auf „Beautiful Love“, der Leader Ibrahim übernimmt. Ein paar Klassiker sind dabei, z.B. „Barakaat“ und „Tsakwe“ (wie wir inzwischen wissen dem Sohn gewidmet).

    Es gibt diese typischen offenen Grooves und melodischen Improvisationen der Bläser – im Opener „Bayi Lam“ glänzt besonders Cotzee, der alte Gefährte, mit singendem, leicht verhangenem Ton. Im Ensemble ist die Trompete tief gesetzt, Jansens Altsax übernimmt den Lead. Als Liner Notes gibt es hier kurze Kommentare von Irahim zu den acht Stücken (in sieben Tracks). Der Opener ist ein Xhosa Traditional, das Ibrahim bei seinem ersten Job spielte und er widmet ihn all denen, die ihn damals förderten (Kippie Moeketsi, der ihn für den Job empfahl, wird erwähnt, ebenso sein damaliger Mitbewohner, Bassist Ntabi Charles).

    In „Dindela“, spontan im Studio entstanden, tauch die Gitarre erstmals auf und klingt zunächst fast wie ein weiteres der „african horns“, die hier gemeinsam singen – gemeinsam im Studio . Mbadu spielt ein träge kreisendes Basslick, über dem die anderen riffen, und erst nach über eineinhalb Minuten erhebt sich wieder Coetzee für ein tolles Solo, gefolgt von Mekoa und Jansen. Mit „Barakaat“ folgt dann ein Solo-Stück des Leaders, der sich sonst in dieser Session sehr zurücknimmt. Es wäre auf „Desert Flowers“ auch nicht Fehl am Platz gewesen.

    Der „Tafelberg Samba“ war ein Tanz-Hit im Kapstadt der Fünfziger, komponiert von Peter Appolis, und das einzige Stück, zu dem Ibrahim mehr schreibt: „The song is a masterpiece in melodic, harmonic and rhythmic structure – full of drama! It has been haunting me since I first heard it! Last year, 1990, I finally got myself to work with it. It took three months to get the harmonic an rhythmic structure together on piano, in the original recording Peter had only one saxophone but I heard all those rich, luscious sounds that he intended.“ – Hier hören wir es also mit drei Bläsern (die Gitarre ist nicht dabei) – die alle auch kurze Improvisationen beisteuern. „Carnival Samba“ von Ibrahim ist dann der zweite Teil hier („based on the classical structure of the Klops carnival Liedjie„), bevor es zurück zum Song von Appolis geht.

    „Mantra Mode“ ist das längste Stück des Albums. Ein hart angeschlagener wiederholter Klavierakkord zum Einstieg, bevor sich eine fliessende Melodie im typischen Ibrahim-Stil entwickelt – erst nach einer Weile steigt die Rhythmusgruppe ein, dann ein Trompetensolo mit Dämpfer und direkt darauf Jansen, zuerst an der Querflöte und nach Coetzee auch noch am Baritonsax, bevor die zweite Trompetenpassage (wieder mit Dämpfer) das Zwiebelprinzip offenbart. Die Begleitung ändert sich während der Soli immer wieder – langsame Verdichtungen und Entspannungen – das Stück hat etwas Meditatives und ist dennoch ziemlich packend.

    Auf „Beautiful Love“ ist der Leader dann am Schlagzeug zu hören, er spielt einen einen kargen, seltsamen Beat mit Besen, während die Gitarre (so gemischt, dass sie fast wie ein E-Piano klingt) zum zweiten Mal auftaucht und die Akkorde legt, während Jansen an der Flöte das Thema spielt, quasi im Duo mit Mbadus Bassgitarre, die hier alles trägt. Gewidmet ist das Stück Sathima Bea Benjamin und der gemeinsamen Tochter Tsidi Azeeda sowie den verstorbenen Campbell Gwidela und Johnny Makhatini (ein Anti-Apartheid-Aktivist, wer Gwidela ist, weiss ich nicht). Als Closer folgt dann „Tsakwe/Royal Blue“, gewidmet dem Sohn und „his probing, searching nature and regal conduct synonymous with the bearing of all of our young men“. Über einen Cape-Town-Beat spielt und summt Ibrahim das Thema, irgendwann steigen die Bläser ein und übernehmen unisono das Thema. Jansen spielt am Altsax das erste Solo – sein bestes hier vielleicht, was auch Mekoa (wieder am offenen Horn) anzuspornen scheint. Coetzee ist als letzter dran und so schliesst sich der Kreis.

    Ein schönes Album, das wohl als eine Art klassizistischer Nachfolger der „African Recordings“ aus en Siebzigern (zumindest teils auch für The Sun/as-shams entstanden) betrachtet werden kann. Ob es hier mitspielen darf oder nicht, ist mir nicht ganz klar (tendiere zu ja), aber so hoch in der Gunst, dass das relevant wäre, steht es nicht.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #152: Enja Records 1971-1973 – 14.05., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12302993  | PERMALINK

    lotterlotta
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    gypsy-tail-windInteressant bzw. überraschend @lotterlotta – kennst Du denn die klassischen Ekaya-Alben alle noch gar nicht? (Weil sonst kaum eine solche Überraschung vorliegen dürfte … die Alben: „Ekaya (Home)“, „Water from an Ancient Well“, „Mindif“, „African River“, „No Fear, No Die“ – das erste erschien bei Ekapa, das zweite bei Blackbird, die folgenden dann bei Enja, fast alle auch mit Ekapa- oder Tiptoe-Logos drauf). Für mich eine der tollsten Werkgruppen in Ibrahims Diskographie!

    …..bis dato kannte ich nur „ekaya(home)“( ja nun leider kein enja-album, wäre sonst ganz weit vorne) hatte von daher die band ekaya nicht so wirklich auf dem schirm! habe nun aber im zuge der enja-umfrage „mindif“ und „african river“ erworben und um „water from an ancient well“ werde ich mich auch bemühen. trotz meiner vorliebe für ihn , bin ich auch da kein komplettist. änderung der lebensumstände ab 86/87-89 ließen auch nicht mehr den platz für so viel musik wie in den jahren von 1973-1986, abdullah ibrahim rückte damit ebenfalls aus dem fokus….da sind also große lücken, die auch nur begrenzt geschlossen werden, wenn es vinyl-ausgaben gibt!

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    Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt!  
    #12303007  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Roy Brooks – Duet in Detroit | Das nächste Album ist ein eigenartiges: Duo-Aufnahmen des Drummers Roy Books mit Randy Weston (1983), Woody Shaw (1984), Don Pullen (1987) und Geri Allen (1989), 1993 als „Duet in Detroit“ veröffentlicht (für Weston und Shaw ist kein Ort vermerkt, für Pullen das Detroit Institute of the Arts, für Allen die Mayflower Church in Detroit). Die CD ist fast 70 Minuten lang und bleibt Stückwerk – sie bietet faszinierende Musik, aber wenig, was mich wirklich fesselt

    Es gibt Donner-Drums in „Zulu“ und Besen-Swing in „Waltz for Sweetcakes“ im feinen Einstieg mit Randy Weston, der davor in einer Einleitung zu hören ist. Dann folgen die „Elegy for Eddie Jefferson“ und „Jeffuso“ mit Woody Shaw – nach den rollenden Grooves mit Weston jetzt zickiges Uptempo mit einer flirrenden Trompete, die aber nie so wirklich in den Flow zu kommen scheint, während Brooks, bei Weston noch strikt Begleiter, hier quasi eine komplette Rhythmusgruppe simuliert. Dann bricht das Tempo auf, Brooks pausiert kurz ganz, Shaw spielt langsamere Motive, die aufeinander aufbauen. Brooks steigt mit einem leichteren Beat wieder ein und ab da rollt es, auch im tollen langen Schlagzeugsolo. „Jeffuso“ ist dann ein kurzer, atmosphärischer Nachgedanke, der mir sehr gefällt.

    Das Pullen-Segment ist mit ca. 25 Minuten um 10 Minuten länger als die anderen drei. Pullen sagt ein paar Worte, es gibt Brooks‘ „Forever Mingus“ (zu dessen Band Brooks während der Abwesenheit von Dannie Richmond gehörte und noch dabei war, als mit Don Pullen ein neuer Pianist aufkreuzte) – ein wilder Romp von Stride zu Free und zurück, inklusive weiteres tolles Solo. Es folgt Pullens „Healing Force“ – sehr ruhig zu Beginn und Brooks greift sich seine singende Säge, laut Scott Yanows Liner Notes 1977 in Wien gekauft – ziemlich gespentisch, fast wie die Synthesizer vorhin bei Ibrahim, den mich Pullen hier momenteweise sowieso erinnert. Die Säge umrahmt hier einen Groove, der aber auch nie so recht abheben will.

    Dann Geri Allen, das letzte und jüngste Segment: in „Samba del sol“ ist Komponist Brooks an den Steel Drums zu hören – und mit denen tue ich mich leider sehr schwer (auch bei Jaco Pastorius). Im abschliessenden Titelstück, beiden zusammen zugeschrieben, ist Brooks zurück an den Drums (plus Sirene) – das kurze Stück ist sehr intensiv und geht durch mehrere Teile. Toll, wie die zwei aufeinander reagieren … aber eben: dann ist es auch schon wieder vorbei. So richtig funktionieren will diese CD für mich auch heute nicht.

    Davor lasse ich „Live at the Blue Note“ (7065) von Franco Ambrosetti aus, danach zwangsläufig, weil unauffindbar, „Harvest“ (7069) von Michele Rosewoman, das den Untertitel Quintessence III trägt (Steve Wilson, Gary Thomas, Kenny Davis, Gene Jackson und wieder als Gast Eddie Bobé).

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    gypsy-tail-wind
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    lotterlotta

    gypsy-tail-windInteressant bzw. überraschend @.lotterlotta – kennst Du denn die klassischen Ekaya-Alben alle noch gar nicht? (Weil sonst kaum eine solche Überraschung vorliegen dürfte … die Alben: „Ekaya (Home)“, „Water from an Ancient Well“, „Mindif“, „African River“, „No Fear, No Die“ – das erste erschien bei Ekapa, das zweite bei Blackbird, die folgenden dann bei Enja, fast alle auch mit Ekapa- oder Tiptoe-Logos drauf). Für mich eine der tollsten Werkgruppen in Ibrahims Diskographie!

    …..bis dato kannte ich nur „ekaya(home)“( ja nun leider kein enja-album, wäre sonst ganz weit vorne) hatte von daher die band ekaya nicht so wirklich auf dem schirm! habe nun aber im zuge der enja-umfrage „mindif“ und „african river“ erworben und um „water from an ancient well“ werde ich mich auch bemühen. trotz meiner vorliebe für ihn , bin ich auch da kein komplettist. änderung der lebensumstände ab 86/87-89 ließen auch nicht mehr den platz für so viel musik wie in den jahren von 1973-1986, abdullah ibrahim rückte damit ebenfalls aus dem fokus….da sind also große lücken, die auch nur begrenzt geschlossen werden, wenn es vinyl-ausgaben gibt!

    Alles klar, danke. „Ekaya (Home)“ wäre bei mir auch ganz weit vorn.

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    #12303335  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Dewey Redman / Joshua Redman – Choices | „Father and son Redman is no publicity stunt“, steht am Anfang des letzten Absatzes der Liner Notes von Michael Hrebeniak. Das kann man schon sagen, aber eine richtig gute Idee war es dann doch nicht. 29. und 30. Juli, Tom Tedesco Studio, Paramus, NJ (David Baker), Werner Aldinger war vor Ort. Dewey Redman spielt auf den zwei gemeinsamen Stücken Altsax, die beiden sind also noch leichter auseinanderzuhalten, als sie es eh wären. Von diesen ist der Opener, Deweys „Le Clit“, vielleicht auch gleich mein Highlight. „For Mo“, der Closer, ist dem Drummer Eddie Moore gewidmet, der bei Enja u.a. mit Joe HendersonBennie Wallace aufgenommen hat („BarcelonaThe Fourteen Bar Blues„) und oft mit Vater Redman zu hören ist („The Ear of the Behearer“, „Look for the Black Star“, „Musics“, „Living on the Edge“ …). Dazwischen gibt es – im Zwiebelprinzip – je eine Ballade. Hier ist auch der Vater am Tenor zu hören, im zweiten Stück, „Everything Happens to Me“, das mich bereits an den einen Live-Auftritt erinnert, den ich von ihm zehn Jahre später zu hören kriegte: Standards und eigene Stücke, die aber immer in der Form blieben … aber so souverän wie hier klang er bei dem Konzert nicht oft. Der Sohn spielt „Imagination“ und kann mit seinem glatten Ton und seiner hippen Coolness nicht wirklich mithalten, auch wenn er für sich genommen nicht schlecht ist. In der Mitte findet sich „O’Besso“, 14 Minuten mit Dewey an der Musette, einem Doppelrohrinstrument, das der Shenai verwandt ist. Alles in allem mäandert mir die Musik oft etwas zu sehr. Und der Drummer, Leon Parker, war auch keine inspirierte Wahl – auch wenn er (schon 1992 oder erst ein wenig später?) mit dem Trio von Jacky Terrasson damals für Aufsehen sorgte. Er spielt oft so zurückhaltend, während Cameron Browns Bass eine so starke Präsenz entwickelt, dass ich mich – nach der Erfahrung mit „Satisfaction“ gerade – mehrmals beim Gedanken ertappte: wie schön wäre es gewesen, Weber hätte ein „Art of the Duo“-Album mit Dewey Redman und Cameron Brown gemacht! Auf der Habenseite hier für mich vor allem die ersten 19 Minuten, der von Ornettes Musik getränkte Opener mit seinem tollen Groove (warum nicht Ed Blackwell an den Drums, wenn ich da noch etwas im Enja-Katalog – und in Redmans Diskographie – weitersuche?) und dann das Balladenfeature des Vaters – konservativ, aber für meine Ohren stark.

    Was es mit den zwei Covern auf sich hat, weiss ich nicht, ich habe das grüne oben, das seltsamerweise einen anderen Labelcode („LC 3126“ steht üblicherweise bei Enja, hier ist es „LC 10386“) trägt, was bei Discogs wiederum nicht berücksichtigt, aber auf dem Scan der Traycard zu sehen ist … einen Hinweis darauf, dass das die US-Ausgabe sein könnte, finde ich nirgends.

    PS: Ob das wohl echte (japanische?) Schriftzeichen sind hier?

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #152: Enja Records 1971-1973 – 14.05., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12303337  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-wind
    John Tchicai, Vitold Rek – Satisfaction | Der einzige Coltrane-Sideman, der mal an meinem Küchentisch sass, da haben sich natürlich Erinnerungen eingebrannt

    oh, toll, das wusste ich gar nicht. wie kam es denn dazu?

    gypsy-tail-windWas Sax/Bass-Duos angeht, kommt mir als erstes Houston Person/Ron Carter in den Sinn, da kenne ich nur das eine Album, das hier im Forum ein kleiner Hit ist. Und dann ein Album, das ich so vor 20-25 Jahren oft hörte und immer wieder angepriesen habe (redbeans erinnert sich vielleicht noch, hat es vielleicht sogar auch?): „Alphea“, Hannes Wienert (as/ss/t) mit Peter Niklas Wilson (b), 1993 für Leo eingespielt. Müsste man mal etwas nachforschen, was es da noch gibt, aus dem Gedächtnis sind es diese beiden, die mir gleich in den Sinn kommen. An sich ist das ja ein Format, dass man ich von Johnny Griffin, Dexter Gordon oder so jemand bis hin zu gegenwärtigen Leuten bestens vorstellen kann.

    SHORT TALES von frank lowe & bernard santacruz hatte ich hier auch mal vorgestellt, das mag ich sehr gerne.

    ich war gestern hier:

    arthur blythe, live at the vanguard (1994)

    anders als CALLING CARD (1995) – gleiches engagement, z.t. sogar gleicher aufnahmetag – kenne ich RETROFLECTION noch gar nicht so lange, allerdings die meisten kompositionen besser, die man hier hört (lenox avenue brakedown, faceless woman von blythe, jana’s delight von pullen), die band ist sowieso super (hicks, mcbee, battle), die live-atmosphäre toll eingefangen. ich finde aber auch, dass sich hier blythes grenzen zeigen, die licks, die schnelle klimax… CALLING CARD mag ich lieber, das wahrscheinlich nur, weil ich es seit erscheinen habe.

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    #12303345  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-windEddie Moore gewidmet, der bei Enja u.a. mit Joe Henderson aufgenommen hat („Barcelona“)

    der drummer auf BARCELONA war ed soph. aber moore ist auf THE FOURTEEN BAR BLUES von bennie wallace dabei.

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    #12303347  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    vorgarten

    gypsy-tail-wind
    Eddie Moore gewidmet, der bei Enja u.a. mit Joe Henderson aufgenommen hat („Barcelona“)

    der drummer auf BARCELONA war ed soph. aber moore ist auf THE FOURTEEN BAR BLUES von bennie wallace dabei.

    Ah, danke – muss gleich wieder los, das Album lief gestern Abend spät, aber ich noch wollte rasch was dazu schreiben.

    vorgarten

    gypsy-tail-wind
    Der einzige Coltrane-Sideman, der mal an meinem Küchentisch sass, da haben sich natürlich Erinnerungen eingebrannt

    oh, toll, das wusste ich gar nicht. wie kam es denn dazu?

    Er war mit einer Nachbarin befreundet, spielte in der Nähe einen kleinen Gig (an einem Gymnasium, über Mittag, mit Giancarlo Nicolai und am Ende eine Improvisation mit einigen Schülern, das ganze dauerte nur 30 Minuten und Tchicai spielte dabei Altsax) … die Nachbarin konnte nicht hin und kam überhaupt erst gegen Abend heim, da er aber die Nacht in ihrem Gästezimmer verbringen sollte, brauchte sie wen, der sich kümmert, ihn abholt, her bringt usw. Über die Anfrage, ob ich das tun könne, war ich natürlich erfreut, also ging ich an diese Schule, guckte von hinten zu, stellte mich danach vor, wir spazierten zum Bahnhof, nahmen die S-Bahn, fuhren zum Hauptbahnhof, um sein Gepäck aus dem Schliessfach zu nehmen, kauften Gebäck, nahmen dann fürs letzte Stück ein Taxi, sassen dann in der Küche, assen das Gebäck, tranken Kaffee und ich löcherte ihn mit Fragen, die er mit grösster Geduld und Liebenswürdigkeit beantwortete (Coltrane, die Free-Szene damals, Dänemark, die USA, was weiss ich, ich war natürlich völlig unvorbereitet und hab an die Inhalte des Gespräches – es war ja auch nur Small Talk und natürlich von meiner Seite völlig verkrampft – kaum Erinnerungen).

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #152: Enja Records 1971-1973 – 14.05., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12303371  | PERMALINK

    vorgarten

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    yamashita, roidinger, inner space (1977)

    blindkauf, leider ein recht zerkratztes exemplar erwischt, auf dem cover hat noch ein vobesitzer mit filzstift in der gleichen farbe des titels „werner“ darufgeschrieben. ich würde es zu entfernen versuchen, aber es könnte natürlich auch ein autograph von roidinger oder (unwahrscheinlicher) yamashita sein…

    wie @gypsy-tail-wind schon schreibt: so viel „inner space“ wird leider nicht hörbar:

    gypsy-tail-windAufgenommen wurde das Album am 24. Juni 1977 im Europa-Sound Studio in Offenbach. Hier liegt Mal Waldron – oder auch das Duo von Walter Norris mit George Mraz – für einmal näher als Cecil Taylor: Das Spiel von Yamashita bleibt relativ konventionell, erst im zweiten Stück bricht er phasenweise in irre schnelle Läufe aus, lässt sich von Roidingers Bass und dem rascheren Tempo anspornen. Im dritten und letzten Stück der A-Seite, dem „Soft Waltz“, spielt Roidinger dann quasi das Waldron-Riff inkl. Fills (und das motivische/akkordische Material erinnert mich an ein anderes Stück, aber ich komme nicht drauf). Die zweite Hälfte des etwas kurzen Album besteht nur aus einem Stück, „Green Wave“, 18 Minuten lang und wie der ganze Rest von Yamashita und Roidinger gemeinsam komponiert. Hier ist mehr Raum, etwas zu entwickeln, aber so viel läuft dann irgendwie doch nicht. Ein paar Wechsel in der Intensität sind schon drin, Verdichtungen und Entspannungen, erst auf halbem Weg bricht Yamashita allmählich aus. Das bleibt insgesamt alles recht brav – und einen so besonderen Touch wie Norris/Mraz höre ich hier leider auch nicht.

    roidinger hat seine liebe mühe, zwischen den dichten kaskaden von yamashita seinen raum zu finden, und je energischer er das versucht, um so weniger klangschön wird das. tatsächlich gibt das kurze riff-stück am ende der ersten seite einen guten hinweis darauf, dass etwas mehr form und arrangement dem ganzen gut getan hätte. aber gut, das ist musik, bei der die beteiligten auf einen titel wie „tight pants“ kommen, was jetzt auch nicht besser passt als „inner space“, aber dennoch die physis betont, auf die es im spiel dann auch zwischendurch immer wieder hinausläuft. bei mir knistert der innere raum aus engen hosen, ich frage mich, wer werner ist, schaue auf einen nebligen strand, und bleibe wohlwollend irritiert.

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    #12303377  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-windEr war mit einer Nachbarin befreundet, spielte in der Nähe einen kleinen Gig (an einem Gymnasium, über Mittag, mit Giancarlo Nicolai und am Ende eine Improvisation mit einigen Schülern, das ganze dauerte nur 30 Minuten und Tchicai spielte dabei Altsax) … die Nachbarin konnte nicht hin und kam überhaupt erst gegen Abend heim, da er aber die Nacht in ihrem Gästezimmer verbringen sollte, brauchte sie wen, der sich kümmert, ihn abholt, her bringt usw. Über die Anfrage, ob ich das tun könne, war ich natürlich erfreut, also ging ich an diese Schule, guckte von hinten zu, stellte mich danach vor, wir spazierten zum Bahnhof, nahmen die S-Bahn, fuhren zum Hauptbahnhof, um sein Gepäck aus dem Schliessfach zu nehmen, kauften Gebäck, nahmen dann fürs letzte Stück ein Taxi, sassen dann in der Küche, assen das Gebäck, tranken Kaffee und ich löcherte ihn mit Fragen, die er mit grösster Geduld und Liebenswürdigkeit beantwortete (Coltrane, die Free-Szene damals, Dänemark, die USA, was weiss ich, ich war natürlich völlig unvorbereitet und hab an die Inhalte des Gespräches – es war ja auch nur Small Talk und natürlich von meiner Seite völlig verkrampft – kaum Erinnerungen).

    schöne geschichte, danke!

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    #12303495  | PERMALINK

    vorgarten

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    abdullah ibrahim, at montreux (1980), african dawn (1982), zimbabwe (1983), south africa (1986), mindif (1988), african river (1989), no fear no die (1990).

    durch die 80er mit abdullah ibrahim. und das sind ja bei weitem noch nicht alle alben aus dieser zeit. für mich steigern sie sich progressiv, ich nehme da sogar große sprünge wahr, obwohl es auch in den besetzungen nur leichte (aber viele!) veränderungen gibt und ich fast finde, dass die vielen tollen musiker austauschbar werden (vom großen ricky-ford-schmelz-feature auf NO FEAR NO DIE vielleicht abgesehen, das verlangt einen extra-spot). es geht von den ausgelassenen partys in montreux über zu reduzierten, präzise arrangierten mood pieces, die sehr viel entfaltungsraum bereitstellen. der sound wird dunkler (nicht nur durch van gelders apparaturen, sondern auch durch den einsatz von posaunen und baritonsaxofonen), der ellington-einfluss stärker, die grooves cooler, die suiten-struktur wird von abgezirkelten einzelstücken abgelöst, die höhepunkte werden anders herausgespielt. ich finde die sachen mit ward fast ein wenig kitschig, ich mag so eine komposition wie „the wedding“ nicht so sehr, aber vor allem mag ich die ins dunkle projizierten sounds der späteren alben lieber. es gibt natürlich überall einzelne highlights: auf ZIMBABWE plötzlich standards und ein aufgewühltes solo von carlos ward über „don’t blame me“, einen hiphop-groove von brian abrahams (who?) über „joan“ auf AFRICAN RIVER, der mich sehr an den von andrew hills „illusion“ erinnert (j.c.moses), der aber wahrscheinlich von billy cobham oder so jemandem kommt. der schon erwähnte auftritt in samt und seide (und auch ein bisschen quecksilber) von ricky ford, und der calypso in dur und moll natürlich. AFRICAN RIVER, MINDIF und NO FEAR NO DIE sind jetzt lieblingsmusik, und ZIMBABWE wird aus dem ausrangiert-stapel wieder befreit.

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    #12303537  | PERMALINK

    lotterlotta
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    @vorgarten   ….… präzise arrangierten mood pieces, die sehr viel entfaltungsraum bereitstellen. der sound wird dunkler (nicht nur durch van gelders apparaturen, sondern auch durch den einsatz von posaunen und baritonsaxofonen), der ellington-einfluss stärker, die grooves cooler, die suiten-struktur wird von abgezirkelten einzelstücken abgelöst, die höhepunkte werden anders herausgespielt. ich finde die sachen mit ward fast ein wenig kitschig, ich mag so eine komposition wie „the wedding“ nicht so sehr, aber vor allem mag ich die ins dunkle projizierten sounds der späteren alben lieber. es gibt natürlich überall einzelne highlights: auf ZIMBABWE plötzlich standards und ein aufgewühltes solo von carlos ward über „don’t blame me“, einen hiphop-groove von brian abrahams (who?) über „joan“ auf AFRICAN RIVER, der mich sehr an den von andrew hills „illusion“ erinnert (j.c.moses), der aber wahrscheinlich von billy cobham oder so jemandem kommt. der schon erwähnte auftritt in samt und seide (und auch ein bisschen quecksilber) von ricky ford, und der calypso in dur und moll natürlich. AFRICAN RIVER, MINDIF und NO FEAR NO DIE sind jetzt lieblingsmusik, und ZIMBABWE wird aus dem ausrangiert-stapel wieder befreit.

    ……dachte mindif ist es schon länger? montreux steht bei mir schon lange hoch im kurs und wird wie mindif sicher in der erweiterten bestenliste auftauchen, south africa ebenfalls, über african river wird sicher noch kein abschließendes urteil von mir gefällt, tendenziell aber schon verdammt große klasse. no fear no die wird mir ob des formates verborgen bleiben. nur wie konnte zimbabwe bei dir in den ausrangiert-stapel gelangen? das ist doch nicht so weit weg von seinen allerbesten platten, kommt bei mir zwar auch nicht so oft wie andere auf den dreher aber der schieren masse an guter musik geschuldet, ist aber doch nichts zum ausrangieren!

    Hier gerade zumindest ein kandidat für die top-liste und ein zweites, welches mich gerade im moment nicht ganz erreicht, was aber nichts zu sagen hat…..

    ….impact-music inc ist ein document über das man glücklich sein darf, es immer wieder auflegen zu können, cowell und tolliver können einfach miteinander, den klang der scheibe empfinde ich schon richtig klasse, das ist die form von live jazz, bei der man gerne dabei gewesen wäre, gut das es das auf platte gibt. sicher in der liste drin…

    mit trinity werde ich heute nur schwer warm, normalerweise hab ich ja ein faible auch für minimalistisches, packt mich nur im moment nicht so wirklich…bekommt aber sicher noch mehrere spins im richtigen setting! ausgang offen….

    zuletzt geändert von lotterlotta

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    Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt!  
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