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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Dankeschön.
Wie man merkt, war ich auch hingerissen.
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Wow! Hat mir unglaublich gut gefallen!
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Flow like a harpoon daily and nightlyPlaytime (Jacques Tati, 1967)
****1/2
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„I find television very educating. Every time somebody turns on the set, I go into the other room and read a book.“ (Groucho Marx)
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Bedevilled – Zeit der Vergeltung
(Regie: Jang Cheol-Soo – Südkorea, 2010)Die Bankangestellte Hae-won (Ji Sung-won) wird auf der Arbeit auf der Toilette eingesperrt. Da sie denkt, dass es eine Kollegin war, schlägt sie diese vor den Angestellten und Kunden, nachdem sie sich befreien konnte, woraufhin sie für einige Zeit beurlaubt wird. Diese Zeit möchte sie nutzen, um auf Moo-do Island Urlaub zu machen. Dort lebten einst ihre Großeltern, doch mittlerweile leben nur noch wenige Menschen dort, unter anderem eine frühere Freundin von ihr, Bok-nam (Seo Yeong-hee), die ihr auch heute noch Briefe schreibt, da diese heimlich davon träumt, ebenfalls nach Seoul zu ziehen und die Insel hinter sich zu lassen. Relativ schnell muss Hae-won mitbekommen, wieso Bok-nam diese Insel verlassen möchte: Ihr Mann Man-jong (Jeong-hak Park) schlägt sie, während er immer wieder Prostituierte auf die Insel kommen lässt, mit denen er Sex hat. In letzter Zeit hat sie außerdem den Verdacht, dass er sich an ihrer Tochter, seiner Stieftochter Yun-hui (Lee Ji-eun-i), vergreift. Außerdem wird sie immer wieder von Man-jongs Bruder vergewaltigt und muss für die älteren Frauen der Insel fast jegliche Arbeit übernehmen. Hae-won hält sich zunächst aus allem raus, bis Bok-nam von der Insel fliehen möchte und von Man-jong entdeckt wird. Die Situation eskaliert…
Bevor Jang Cheol-Soo sein Filmdebüt „Bedevilled“ auf die Beine stellen konnte, arbeitete er unter anderem als Regieassistent für Kim Ki-Duk („Crocodile“, „Bin Jip“), der ein genauer, wenn auch auf den ersten Blick teilnahmsloser Beobachter der südkoreanischen Gesellschaft und ihrer Schattenseiten ist. Es verwundert also kaum, wenn auch Jang die Hässlichkeiten, die sich die Menschen untereinander antun, ausstellt und erforscht.
Die großen Kassenschlager des südkoreanischen Kinos auf dem internationalen Markt sind Rachethriller, die durch den phänomenalen Erfolg von „Oldboy“, zu dem es mittlerweile sogar ein US-Remake gibt, begünstigt wurden. So siedelt Jang seine Geschichte ebenfalls dort an, verzichtet aber auf die Merkwürdigkeiten, durch die andere Beiträge zum Genre leichter als Unterhaltung konsumierbar sind.
Er baut seinen Film ruhig und ausführlich auf, leistet sich sogar den Luxus, eine vermeintliche Hauptfigur, Hae-won, einzuführen, die später eher zur Reflexion des Zuschauers beiträgt, als eine Akteurin im eigentlichen Sinn zu sein. Hae-won ist extrem passiv und spiegelt die Bemühungen des zivilisierten Menschen wider, sich von jeder Art von Ärger fernzuhalten, der auf das eigene Leben, auch nur in geringster Weise, übergreifen könnte. Sie besitzt keine Empathie und hat hervorragend verinnerlicht, zu gehorchen und wegzuschauen. Eine gefühlskalte Marionette, die, außer dem eisernen Befolgen der Regeln ihres Jobs, keinen Lebensinhalt vorweisen kann. Es muss also erst zur Katastrophe kommen (hier: ihrer Kündigung), bevor Hae-won sich an ein Leben zurückerinnert, das anders war.
Sie besucht ihre Jugendfreundin Bok-nam, die in der archaischen Provinz zurückblieb, in einer streng patriarchalisch geführten Inselgemeinschaft, die Ackerbau betreibt, Traditionen pflegt und sich mit allen Mitteln vom modernen Stadtleben in Seoul abgrenzt.
Dort steht Bok-nam an unterster Stelle der Hackordnung, sie wird ausgenutzt, gedemütigt und misshandelt. Jang Cheol-Soo lässt sich über die Hälfte seines Films Zeit, um dies in naturalistischen Bildern einzufangen, bevor er einen schwindeligen Blick in die Sonne wagt, der einen blutigen Amoklauf eröffnet, dem ein Fluchtversuch und der Tod von Bok-nams Tochter vorausging. Das wütende Delirium Bok-nams steht ab diesem Zeitpunkt gleichwertig neben der betäubenden Indifferenz Hae-wons. Nun auch in Einstellungen, die nicht nur tatsächliche Ereignisse zeigen, sondern den Gefühlen der Frauen Platz einräumen. Zu diesem Zeitpunkt köcheln jedoch nur noch Angst, Wut und Hass in diesem Hexenkessel.
Jang beherrscht über weite Strecken meisterhaft den emotionalen Ausdruck seines Films, bis er sich dann im Finale einen groben Schnitzer erlaubt: Die letztendliche Auflösung der Beziehung zwischen Hae-won und Bok-nam gerät zu einem peinlichen Ausbruch unfreiwilliger Komik, woran eine Flöte als Mordinstrument (sehr viel eleganter von Dario Argento und Sergio Stivaletti in „Non Ho Sonno“ gelöst) und das „Lied vom Tod“ große Schuld tragen.
Würde der melancholische Abspann mit seinem bittersüßen Schmerz/Schmelz nicht sedierend wirken, würde der Zuschauer höchst unzufrieden den Kinosaal verlassen und sich nicht weiter mit „Bedevilled“ beschäftigen, der ja durchaus eine moralische Intention hat, vielleicht sogar einen moralischen Zeigefinger erhebt: Jang warnt sein Publikum davor, gedankenlos miteinander umzugehen. Für ihn sind die körperliche Gewalt vergangener Zeiten und konservativer Provinzen ebenso gefährlich, wie die kalte und egoistische Rationalität der zivilisierten Stadtmenschen – sie sind für Jang sogar zwei Seiten der Schneide eines Schwerts, das „durchaus das Ende der Zivilisation bedeuten“ kann, wie er in einem Interview im Rahmen des Fantastic Fest 2010 zu Protokoll gab.
Die oftmals von der Kritik vorgenommene Zweiteilung in Drama und Slasher wird „Bedevilled“ nicht gerecht, muss er doch als Einheit wahrgenommen werden, die in Blut, Staub und Schmutz, in Gewalt und Verderben, ein Plädoyer für Menschlichkeit und Empathie findet. Und auch wenn er beim Inszenieren der Gewalt nicht zimperlich vorgeht und Mordwerkzeuge und Location deutlich an das Slasher-Genre erinnern, findet Jang stets (das heißt, bis auf das oben schon erwähnte Ende des Films) die Grenze des Zumutbaren und erstickt den Rachefeldzug nicht in Brutalitäten an der Grenze zum Klamauk.
„Bedevilled“ setzt sich durch die ungewöhnliche, nicht wirklich involvierte Figur Hae-wons deutlich von anderen Rachethrillern ab, die meist ein dichotomisches Weltbild vertreten, kritisiert aber gleichzeitig Tatenlosigkeit und das Einrichten in den Verhältnissen – die Kaltblütigkeit der Zivilgesellschaft. Und das ist der größte Pluspunkt von Jang Cheol-Soos gelungenem Debüt.--
Titicut Follies (Frederick Wiseman, 1967)
Wiseman bewegt sich mit der Kamera auf den Schultern als Augen der Umwelt innerhalb der Wände und Zäune einer Institution für kriminelle psychisch Kranke und schaut noch genau hin, wenn man sich selbst am liebsten entrüstet und beschämt von der Leinwand abwendet. Als krudes Artefakt einer längst vergangenen Zeit – wie man sich einredet – überblickt er behutsam und unnachgiebig die von Dämonen und Anstaltspersonal gleichermaßen gequälten Seelen, ohne einen Hauch von Mitleid erkennen zu lassen. Erstklassiger und verstörender Debüt-Film.
* * * * 1/2Come and Get It (Howard Hawks & William Wyler, 1936)
Auch wenn Hawks hier nicht ganz bis zum Ende bleiben durfte und Wyler bekanntermaßen nur zähneknirschend und unzufrieden mit Film und Situation übernahm, erzählt „Come and Get It“ als Parabel über die Unrast von Gier ein durchwegs unterhaltsames und nur leicht holpriges Portrait eines Verlorenen, das weiter durch eine Handvoll schauspielerischer Perlen fraglos sehens- und empfehlenswert ist.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Pakt mit dem SoundGenau vor 2 Tagen habe ich den Film ganz gesehen, der Rest wird dir sicherlich auch gefallen.
Hat er, aber er ließ mich schon etwas ratlos zurück, was die Moral betrifft. Die Hauptdarstellerin war mir zu einseitig und unsympathisch, obwohl ich ihre Zweifel nachvollziehbar fand.
Um die Kinder des Drogenbosses tat es mir schon leid und um den Polizisten, der mit dem Sohn, ebenfalls. Guter Film mit guter Atmosphäre.
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London Has Fallen (Babak Nafaji, USA/UK 2016) ***1/2
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Pootie TangTiticut Follies (Frederick Wiseman, 1967)
Wiseman bewegt sich mit der Kamera auf den Schultern als Augen der Umwelt innerhalb der Wände und Zäune einer Institution für kriminelle psychisch Kranke und schaut noch genau hin, wenn man sich selbst am liebsten entrüstet und beschämt von der Leinwand abwendet. Als krudes Artefakt einer längst vergangenen Zeit – wie man sich einredet – überblickt er behutsam und unnachgiebig die von Dämonen und Anstaltspersonal gleichermaßen gequälten Seelen, ohne einen Hauch von Mitleid erkennen zu lassen. Erstklassiger und verstörender Debüt-Film.
* * * * 1/2Sehr gut beschrieben, Pootie Tang. Wisemans Dokumentationen lassen auch mich jedesmal baff zurück (zumindest Arbeiten wie BASIC TRAINING, NEAR DEATH, LAW & ORDER, WELFARE oder der von dir gesehene TITICUT FOLLIES) und ich halte ihn für einen der größten Meister auf diesem Gebiet. Möge er bitte noch sehr lange leben!
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Danke, pinch! Ich bin ganz deiner Meinung und auch danke für die Erinnerung, dass ich mich noch nach „Welfare“ umsehen wollte.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Pootie TangDanke, pinch! Ich bin ganz deiner Meinung und auch danke für die Erinnerung, dass ich mich noch nach „Welfare“ umsehen wollte.
“Blaq Out“ ist gerade dabei, das Gesamtwerk Wisemans fürs Heimkino zu veröffentlichen. Zu einem sehr fairen Preis, wie ich finde.
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pinch“Blaq Out“ ist gerade dabei, das Gesamtwerk Wisemans fürs Heimkino zu veröffentlichen. Zu einem sehr fairen Preis, wie ich finde.
Kann sich tatsächlich sehen lassen, danke für den Tipp. Werde es mir überlegen und hoffen, dass das Set nicht bald out of print ist. Die nicht ausstellbaren französischen Untertitel lassen mich noch grübeln.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Pootie TangDie nicht ausstellbaren französischen Untertitel lassen mich noch grübeln.
Keine Sorge, die lassen sich ausstellen. Ich besitze das Set selbst.
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Champagner-Mörder (1967)
Unglaublich, dass der Film noch nie in Zusammenhang mit Mode genannt wurde. Anthony Perkins‘ Garderobe ist die absolute Quintessenz des inzwischen schon wieder abgeflauten Ivy-Preppy-Revivals. Gleich in der ersten Szene ein Madras-Patchwork-Sakko zu bringen, war ein durchaus schlauer Move von Herrn Chabrol, ich blieb die nächsten 90 Minuten dran und aß mich durch den Quark (Film) mit Maraschino-Kirschen (Perkins).
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Don't be fooled by the rocks that I got - I'm still, I'm still Jenny from the blockIn der Mod Szene gilt der Perkins der Sechziger Jahre (neben Michael Caine oder Steve McQueen) durchaus als Ikone.
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How does it feel to be one of the beautiful people?O`MalleyHat er, aber er ließ mich schon etwas ratlos zurück, was die Moral betrifft. Die Hauptdarstellerin war mir zu einseitig und unsympathisch, obwohl ich ihre Zweifel nachvollziehbar fand.
Um die Kinder des Drogenbosses tat es mir schon leid und um den Polizisten, der mit dem Sohn, ebenfalls. Guter Film mit guter Atmosphäre.
Der Film war schon sehr eindringlich, ein schmaler Grat zwischen Leben und Tod, ein Menschenleben zählte dort nicht viel.
Hast Du schon den Film „Heute bin ich Samba“ gesehen, der lässt dich bestimmt nicht ratlos zurück, ein Film über die Hoffnung auf bessere Zeiten.
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Pause, oder was? -
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