Das Entstehen von persönl. Favoriten

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  • #19665  | PERMALINK

    dougsahm
    Moderator

    Registriert seit: 26.08.2002

    Beiträge: 17,863

    Hab schon wiederholt darüber nachgedacht, was die Ursache ist, ob ein bestimmtes Album – oder vielmehr ein bestimmter Interpret – mich begeistert oder lau lässt oder gar kalt lässt.

    Ich komm immer wieder auf die gleiche Begründung zurück. Für mich ! Wenn ich die Illusion habe, etwas selbst entdeckt zu haben, bin ich wesentlich begeisterungsfähiger als wie wenn ich es von anderen vorgeschlagen bekomme. Die Quelle des Entdeckens kann dabei sowohl Radio sein, als auch Kritiken, als auch (früher) ein aufgehängter Kopfhörer in einem Plattenladenmulti. Wenns nur 1 Auslöser gibt, umso grösser die Erfolgschancen für die Begeisterung.

    Aus dieser Perzeptionshaut komm ich nicht raus. Wills auch gar nicht. Bin ganz zufrieden damit.

    Meine Frage: Welche Macken haben andere bei der Definition von persönlichen Favoriten ?

    Würde mich durchaus mal interessieren, von Einigen auf sich bezogen strukturierte Hypothesen zu hören. Einfach mal kritisch in sich Hineinhören und überlegen „wie komme ich überdurchschnittlich oft zu meinen Favoriten ?“

    Verständlich ausgedrückt ?

    --

    Highlights von Rolling-Stone.de
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    #2461037  | PERMALINK

    fetenguru

    Registriert seit: 17.07.2002

    Beiträge: 5,036

    Vor allem nicht den Geschmack anderer nachäffen, wichtig ist, man muss selbst draufgekommen sein. Wenn es dann noch andere gibt, die das gleiche zeug lieben, um so besser.
    Viel wichtiger finde ich noch, dass man dazu stehen muss, was man mag…

    --

    LARS ist nur eine Abkürzung: Like A Rollin' Stone
    #2461039  | PERMALINK

    bluezifer

    Registriert seit: 03.10.2004

    Beiträge: 3,546

    Originally posted by dougsahm@4 Nov 2004, 22:12
    Hab schon wiederholt darüber nachgedacht, was die Ursache ist, ob ein bestimmtes Album – oder vielmehr ein bestimmter Interpret – mich begeistert oder lau lässt oder gar kalt lässt.

    Ich komm immer wieder auf die gleiche Begründung zurück. Für mich ! Wenn ich die Illusion habe, etwas selbst entdeckt zu haben, bin ich wesentlich begeisterungsfähiger als wie wenn ich es von anderen vorgeschlagen bekomme. Die Quelle des Entdeckens kann dabei sowohl Radio sein, als auch Kritiken, als auch (früher) ein aufgehängter Kopfhörer in einem Plattenladenmulti. Wenns nur 1 Auslöser gibt, umso grösser die Erfolgschancen für die Begeisterung.

    Aus dieser Perzeptionshaut komm ich nicht raus. Wills auch gar nicht. Bin ganz zufrieden damit.

    Meine Frage: Welche Macken haben andere bei der Definition von persönlichen Favoriten ?

    Würde mich durchaus mal interessieren, von Einigen auf sich bezogen strukturierte Hypothesen zu hören. Einfach mal kritisch in sich Hineinhören und überlegen „wie komme ich überdurchschnittlich oft zu meinen Favoriten ?“

    Verständlich ausgedrückt ?

    Empfehlungen sind, glaube ich, nicht unbedingt das Problem.
    Viel eher schrecken mich, warum auch immer, Musiker ab, die eine Recht hohe Popularität haben.
    Es geht ein Stück persönliche Beziehung verloren, obwohl eigentlich nie wirklich eine existiert hat.
    Man hat nicht mehr das Gefühl, die Songs und Musik dienen als Teil von sich. Man ist nur noch einer von vielen, und die meisten hören diese Musik auch nur, weil es evtl gerade im Trend liegt.
    Von daher ist es nicht dasselbe REM oder beispielsweise Interpol zu hören.
    Denke, Musik funktioniert teilweise auch noch als eine Art Abgrenzung. Nicht mehr wie in der Jugend, aber man hat schon noch das Bedürfniss, „anders zu sein“.

    --

    pavor nocturnus
    #2461041  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    So sehr ich Eure Argumente verstehen und nachvollziehen kann, für mich gibt es auch noch andere Kriterien.
    So finde ich mitunter an einzelnen Songs oder Platten erst nach sehr häufigem Hören Gefallen. Eine Vertrautheit stellt sich ein, obwohl ich die betreffende Scheibe zunächst eher ignoriert hatte.
    Aber auch Platten, die mir spontan gefallen haben, wachsen mir durch häufiges Hören weiter ans Herz.

    Mein Problem ist, dass ich durch die berufliche Beschäftigung mit Popmusik sehr viele Platten hören muss. Auch solche, die ich eher nicht so mag. Da bleibt dann oft gar nicht die Zeit, meine Favoriten wirklich häufig zu hören.

    Grundsätzlich haben unbekannte und wenig erfolgreiche Musiker eher meine Sympathie und Aufmerksamkeit. Andererseits höre ich deshalb sehr bekannte Bands aber nicht bewusst kritischer.

    Letztlich ist aber der Gesamteindruck entscheidend. Insofern wäre es schon mal ganz spannend, neue Platten unter Blindtest Bedingungen zu hören. Denn ich glaube, niemand ist völlig frei von optischen und Marketing Einflüssen. Sei es im Positiven oder im Negativen.

    Und noch was zu Deiner Eingangsfrage, Doug.
    Bei mir gibt es beides. Ich habe sowohl Favoriten, die sozusagen Konsens unter Kritikern und z.T. auch engagierten Konsumenten sind, aber ich habe auch meine „privaten“ Favoriten, die ausser mir nur wenige kennen oder schätzen.

    --

    Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!
    #2461043  | PERMALINK

    joerg-koenig

    Registriert seit: 09.08.2002

    Beiträge: 4,078

    Das ist bei mir sehr verschieden. Manche Leute machen einfach Musik, die ich mag. Seltsamerweise habe ich gerade bei meinen größten Helden (Dylan, Cohen, Morrison, Reichel, Go-Betweens, De Ville, Sibelius) keine Ahnung mehr, wie ich drauf gekommen bin.

    Anderes weiß ich noch: Uriah Heep und Jethro Tull habe ich meinem älteren Bruder zu verdanken; CCR und Slade meinen Emanzipationsversuchen von seinem Einfluss; die Doors einem sehr guten Freund.

    Mit Ron Sexsmith, Aimee Mann und Lucinda Williams habe ich mindestens drei Ausnahmekünstler durch Rave-Reviews in der Bürgerpresse vom RS bis zur SZ und Der Zeit entdeckt – und es nicht bereut.

    Und auch Radio hören kann sich lohnen. In den 80ern gab's auf HR3 „Der Ball ist rund“ (der Sendung verdanke ich meine ein bisschen wunderbaren Platten von Thin White Rope und Ferryboat Bill), heute gips ab 23 Uhr Neues auf NDR Info – auch wenn einer wie ich, der weder Elektro noch Ethno sonderlich mag, sich gelegentlich allenfalls dem Nebenbeihören widmet.

    Habe ich aber erstmal einen an der Angel, setzt bei mir ein Kuschel-Effekt ein. Das windige Willy-Werk „Horse Of A Different Colour“ 2ndhand verscherbeln, nur weil dem Meister für die komplette Albumlänge keine Melodie eingefallen ist? Ich doch nicht! Die Pop-Alben Achim Reichels aus der 1. Hälfte der 90er zum Pizzaschneiden benutzen? Gute Idee, aber nicht für mich. Usw.

    Viele Worte. Kurz: Ich denke, es ist wie Liebe. Zuerst ist sie neu und aufregend (das passiert jedem). Dann bleibt sie (das ist selten) oder zerläppert (das ist häufig) oder fächert sich aufregungsarm in einer milden Zuneigung auf (das ist unser Schicksal und vermutlich gut so.)

    --

    Wenn wir schon alles falsch machen, dann wenigstens richtig.
    #2461045  | PERMALINK

    j-w
    Moderator
    maximum rhythm & blues

    Registriert seit: 09.07.2002

    Beiträge: 40,394

    Für mich ist es nicht die Exklusivität der Wahrnehmung, die entscheidend ist, sondern oftmals das Gefühl, dass ein bestimmtes Album (oder Song/Single) mich zu einem bestimmten Zeitpunkt gefangen genommen hat. Ob viele andere das zum gleichen Zeipunkt ähnlich sahen oder nicht, ist dafür für mich unerheblich. Wobei ich einen „ich-gegen-alle“-Effekt natürlich nicht kleinreden will. Eine Platte zu mögen, die sonst überall schlecht wegkommt, setzt natürlich große Energien frei! :)

    --

    Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue
    #2461047  | PERMALINK

    joerg-koenig

    Registriert seit: 09.08.2002

    Beiträge: 4,078

    So ein Einer-gegen-alle-Effekt muss ja nicht falsch sein. Es ist ja möglich, dass die Mehrheit nicht nur aufschreit, sondern sogar Recht hat.

    --

    Wenn wir schon alles falsch machen, dann wenigstens richtig.
    #2461049  | PERMALINK

    wowee-zowee

    Registriert seit: 19.12.2003

    Beiträge: 4,994

    Ich muss dir schon Recht geben, doug. Meine persönlichen Favoriten habe ich auch alle für mich selbst entdeckt und keinem anderen zu verdanken. Es geht mir da ähnlich wie dir – Dinge die ich selbst entdecke, bemesse ich nochmal eine viel größere Bedeutung bei.
    Seit ich hier im Forum bin, werde ich täglich überschüttet mit Informationen, „treffe“ Gleichgesinnte und lasse mich auch sehr gerne beliefern von einzelnen Personen (sei es mit Tipps oder Post), weil ich denke, dass kann nur förderlich sein, für die eigene musikalische Entwicklung. Des öfteren klingt bei mir an, und das ist absolut nie böse gemeint, dass ich Sachen für mich alleine entdecken will (wie zuletzt im Forums-Top50-Thread) und deswegen auf eine Lieferung oder den einen oder anderen Tipp verzichte. Sollte es doch einmal ein Paketchen zu mir geschafft, oder ein Tipp mich zum Kauf gereizt haben :D so muss die Musik schon eine verdammt Gute sein, sonst assoziiere ich mit der Musik immer die Person, die mir ausgeholfen hat (zum Glück gab es schon sehr viel, was diesen Sprung vom Geschenk zur eigenen erschlossenen Musik geschafft hat)
    Das letztliche Entdecken der Musik, bewusst ohne Beihilfe anderer, hat aber nichts mit Exklusivität zu tun, oder dem Abtriften in einer elitäre Liga, sondern die Freude darüber, sich selbst vertrauen zu können und seinem eigenen Geschmack in Dingen wiederzufinden, die einem gänzlich unbekannt waren und die man auch ohne großes Überlegen in seine Sammlung mit aufnimmt – (das beziehe ich jetzt auf das Thema Blindkauf, weil doch ein großteil meiner Entdeckungen, oder besser gesagt die alltäglichen Plattenkäufe, Blindkäufe sind) z.b. der Anreiz durch ein Plattencover, oder Songtitel, läßt mich nie lange zögern – es muss halt nur meinem Stil entsprechen, der aber dank des Vertauens auf die eigene Person sehr weit gefächert ist. Das muss nicht nur bei experimentellen, obskuren oder höchstunbekannten Platten der Fall sein.
    Vor kurzem habe ich mich entschieden dieser „Reise ins Unbekannte“ noch einen kleinen Anstoss zu geben und mein Abo des RS gekündigt (hatte natürlich noch andere Gründe). Ich möchte mich einfach nicht mehr auf eine Musikpresse, egal welche Zeitung, verlassen, dass schafft bei mir nur Eindimensionalität (der RS bezeichnet es wahrscheinlich als Blick auf das Wesentliche :rolleyes:). Seit ich nun „befreit“ bin von RS-Einzelmeinungen (denen viele traurigerweise mehr Wert zumessen, als es nötig ist), kaufe ich auch viel befreiter und niemals voreingenommen. Was soll ich noch sagen, es macht viel mehr Spaß. Exklusivität in meinem Hirn und Herz.

    --

    #2461051  | PERMALINK

    wa
    The Horst of all Horsts

    Registriert seit: 18.06.2003

    Beiträge: 24,506

    Originally posted by dougsahm@4 Nov 2004, 22:12
    Wenn ich die Illusion habe, etwas selbst entdeckt zu haben, bin ich wesentlich begeisterungsfähiger als wie wenn ich es von anderen vorgeschlagen bekomme.

    Kann ich gut nachvollziehen.
    Aber man sollte sich nichts vormachen. Das ist ganz eindeutig Autismus, unter dem ich auch leide. Aber das RS-Forum, insbesondere TZ und private Tauschaktionen, sind ein erster Schritt zur Heilung.

    --

    What's a sweetheart like me doing in a dump like this?
    #2461053  | PERMALINK

    fanti

    Registriert seit: 17.07.2003

    Beiträge: 3,351

    Originally posted by Bluezifer@4 Nov 2004, 21:20
    Empfehlungen sind, glaube ich, nicht unbedingt das Problem.
    Viel eher schrecken mich, warum auch immer, Musiker ab, die eine Recht hohe Popularität haben.
    Es geht ein Stück persönliche Beziehung verloren, obwohl eigentlich nie wirklich eine existiert hat.
    Man hat nicht mehr das Gefühl, die Songs und Musik dienen als Teil von sich. Man ist nur noch einer von vielen, und die meisten hören diese Musik auch nur, weil es evtl gerade im Trend liegt.
    Von daher ist es nicht dasselbe REM oder beispielsweise Interpol zu hören.
    Denke, Musik funktioniert teilweise auch noch als eine Art Abgrenzung. Nicht mehr wie in der Jugend, aber man hat schon noch das Bedürfniss, „anders zu sein“.

    Das passt auch zu mir. Ich bin aber noch „Jugendlicher“ :)
    Es geht mir nicht darum dass niemand diese Band horcht viel mehr darum werd die Band hört oder noch besser überhaupt kennt.
    Das Gefühl das ich früher beim Horchen von Tocotronic Alben hatte dieses „hier ja hier kann mich niemand verstehen… aber es gibt Sie diese Leute da draussen, die haben Herz und Hirn…“ war ein grossartiges. Plötzlich stand man über allen über den „Skaterhosen“ den „Flaschendrehen“….
    Deshalb kauft man sich ja auch Band Shirts u.s.w.

    --

    Menschen mögen auch Blutwurst, Menschen sind Schwachköpfe.
    #2461055  | PERMALINK

    whole-lotta-pete

    Registriert seit: 19.05.2003

    Beiträge: 17,435

    Hi dougsahm

    …da hat uns wohl was ähnliches geritten dieser Tage, da ich ja einen ganz ähnlichen Eintrag in kürzerer Form gestern im Forums-Top500 Thread hinterlassen hab. Ich gebe natürlich freimütig zu, dass mir die weniger ausgetretenen musikalischen Pfade häufig viel Spaß bereiten, und dass ich nicht gern teile. Na ja, das klingt jetzt etwas hart. Sagen wir, ich teile nicht gern, wenn ich hinter der grauen Jubelmasse weniger Begeisterung denn Mitläufertum vermute. Seit Monaten schon weiß ich z.B., dass die Detroit Cobras einfach zu gut sind, um weiter ignoriert zu werden. Ich hab das 2te Album mittlerweile zu meiner meistverschenktesten Platte küren können, und wirklich JEDESMAL war es ein Volltreffer. Und das, obwohl vom reiferen Menschen über den gestandenen Rocker bis zur jungen wenig musikbeflissenen Frau alles in der Gruppe der beschenkten dabei war. Also muss ich die Detroit Cobras wohl als Geheimtipp aufgeben, denn sie sind schlicht zu brilliant. Nur beschleicht mich dann doch die Angst, dass Leute in Plattenläden stürmen und „nach diesem Song, na wie heißt der noch gleich, mit der Frauenstimme aus der Werbung…“ fragen (mir stellen sich bei dem Gedanken die Nackenhaare auf).

    Insofern ist es für mich schon wichtig, dass ich eine Lieblingsplatte ganz für mich allein mag – als Grundvoraussetzung. Nicht, weil es unbedingt unbekannte Künstler sein müssen. Es sind im Gegensatz dazu oft sogar in früheren Zeiten oder heute ganz bekannte Sachen. Nur hab ich sie alleine für mich gut gefunden. Manchmal nicht mal alleine entdeckt, nein. Dadrauf kommt´s mir nicht an. Man denke allein ans Forum hier mit den TZs und den guten Besprechungen allerlei Scheiben. Oder an unzählige Tipps von unzähligen Freunden. Es kommt mir vielmehr darauf an, dass ich persönlich genau zugehört habe und der Funke übergesprungen ist. Es hat MIR schlichtweg gefallen! Dazu gehört natürlich auch, von den eigenen Helden auch mal ein Album abzulehnen, weil es einem eben nicht gefällt.

    Ich hab hier häufiger schon etwas gehässige Bemerkungen fallen lassen, dass jede Band auf dem Cover des Rolling Stone allein durch die TATSACHE, dass sie eben da drauf ist, schon grandiose Verkaufserfolge erzielt. Medien haben Macht, und die ist nicht immer negativ oder positiv, sondern einfach da. Vor etwa 5-6 Jahren hab ich es ähnlich gemacht wie wowee es hier beschreibt und diverse Magazin-Abos gekündigt. Hatte ebenfalls noch andere Gründe, aber wundersamerweise hab ich seitdem nicht einen Deut weniger Musik erfahren, nicht ein Gramm weniger Musikmaterial gekauft, nicht einmal mehr Aktuelles verpasst. Es war immer machbar, trotzdem tonnenweise wundervolle Musik zu finden und zu kaufen. Seit ungefähr der gleichen Zeit hab ich aus technischen Gründen keinerlei Musikfernsehen mehr, und das hatte sogar noch weniger Auswirkungen. Im Gegenteil, ich fühlte mich befreiter. Und bin sowieso ruckzuck genervt von Musikvideos. Noch mehr im Gegenteil, ich hab genau betrachtet sogar viel viel mehr Musik kennenlernen können, unvoreingenommener. Und wundersamerweise auch früher! Was haben wir gelacht, wenn wieder auf „Fast Forward“ das nächste große Ding angepriesen wurde, das doch schon so lange auf dem Markt kursierte. Wie The Hives, deren Platte „Veni, Vidi, Vicious“ gar wiederveröffentlicht werden musste, um überhaupt bemerkt zu werden. Im eigentlichen Veröffentlichungsjahr 1999 hatte sie nämlich keine Sau gejuckt, obwohl sie da nicht weniger geil, aufregend und spektakulär war.

    Bei dem ganzen Thema erinnere ich mich an einen User hier im Forum, der mal im Vinylabteil fragte, was er denn so „von den üblichen Sachen“ wie Beatles, Stones, Springsteen, Dylan usw. alles an LPs bräuchte. Er wolle eine Plattensammlung aufbauen, ganz neu und von Anfang an, man solle ihm doch die notwendigen Alben listen. Ich schrie auf vor schierem Schmerz hier am Monitor…Junge! Kauf dir das, was du liebst, was dir gefällt! Kombiniere meinetwegen den Top Gun Soundtrack mit alten Pumuckl-Hörspielen und obendrauf noch Cannibal Corpse LPs. Egal was, aber die Mischung wird immer eine bessere und schönere Sammlung werden, wenn sie deine eigene ist. Und nicht ein Abziehbildchen der Lesercharts oder Forumscharts von irgendeinem Blatt. Was kann denn dabei herauskommen? Doch nur Konsens. Und da muss ich jetzt wirklich mal den alten Schiller bemühen:

    Kannst du nicht allen gefallen durch deine Tat und dein Kunstwerk,
    mach es wenigen recht; vielen gefallen ist schlimm.

    --

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    #2461057  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,067

    Originally posted by dougsahm@4 Nov 2004, 21:12
    Hab schon wiederholt darüber nachgedacht, was die Ursache ist, ob ein bestimmtes Album – oder vielmehr ein bestimmter Interpret – mich begeistert oder lau lässt oder gar kalt lässt.
    […]

    Aus dieser Perzeptionshaut komm ich nicht raus. Wills auch gar nicht. Bin ganz zufrieden damit.

    Meine Frage: Welche Macken haben andere bei der Definition von persönlichen Favoriten ?

    […]

    Da habe ich mir schon öfters den Kopf zerbrochen: warum gefällt mir etwas, dass sonst keiner mag (Wir sind Helden, Uncle Tupelos Still Feel Gone :)) und warum mag ich andere Sachen nicht, die mir alle empfehlen (Blumfeld finde ich zum Kotzen)?
    Letzen Endes hat das nichts mit der Art zu tun, wie ich auf etwas komme – nur die üblichen synaptischen Prozesse, die da anspringen und deren Wirkungsweise ich nur erahnen kann. Weil ich ähnliche Musik (wie die jetzt gehörte) positiv finde, weil auch ein gewisser Gewöhungseffekt eingetreten ist (ich höre immer Musik dieser Art) oder es ist in der Art wie Kiss' „I Was Made For Loving You“, wo ich immer J. vor mir sehe, die in unserer Disco tanzt, nachdem sie mir einen Korb gegeben hat.
    Bei einem Künstler ist mir heute noch bewußt, wie ich auf ihn kam: Springsteen. Ich hatte als erste Platte The River gekauft, weil da ja so viele Songs drauf waren, also passend für den Einstieg. Aber ich sprang nicht an, das ließ mich kalt (wie die erste Platte von Emmylou Harris – eine Best of). Kurz nach dem Kauf war ich den USA und hörte nach der Rückkehr „The River“ (das Stück) nochmals und ich erkannte alles wieder, was ich vorher gesehen (und nicht so ganz verstanden) hatte. Also ein klarer Fall von über den Text auf die Musik gekommen.
    Bei allen anderen Musikern meiner Top 100 weiß ich es aber nicht ….

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #2461059  | PERMALINK

    whole-lotta-pete

    Registriert seit: 19.05.2003

    Beiträge: 17,435

    Originally posted by latho@5 Nov 2004, 03:19
    Da habe ich mir schon öfters den Kopf zerbrochen: warum gefällt mir etwas, dass sonst keiner mag (Wir sind Helden…

    :lol: Ja, wirklich eine krasse Aussenseiterband. Hört wirklich so gut wie keiner. Völlig unbekannt geblieben. Und null gehypt, nie im Radio oder gar TV! :blink:

    Edit: Tschuldigung. Sollte nicht fies werden, hat sich nur so angeboten! Ich konnte nicht wiederstehen ;)

    --

    RadioStoneFm.de[/URL][/SIZE][/COLOR][/SIZE]
    #2461061  | PERMALINK

    krautathaus

    Registriert seit: 18.09.2004

    Beiträge: 25,973

    Hab mir schon immer wieder den Kopf zerbrochen, warum das eine bei mir funkt, das andere nicht.
    Anscheinend besteht mein (unser?) Bewußtsein/Empfänglichkeit (ähnlich wie beim Sex) aus einer Menge „Schalter/Knöpfe“ die umgelegt/gedrückt werden müssen um entsprechend bei der Musik hängen zu bleiben. Je mehr, desto besser, desto nachhaltiger.

    Oft höre ich ein Album 3 – 4 mal (z.B. Belle & Seb.`s „Dear Catastrophy Waitress“) und ich finde es interessant, aber es bleibt nicht richtig hängen. Definition: Ich kann das Album nicht aus meinem Gedächtnis Stück für Stück, oder partiell, abrufen/nachsingen etc.
    Dann höre ich das gleiche in einer bestimmten Situation und auf einmal macht es „klick“ und ich spüre richtig, wie der letzte Groschen gefallen ist und dann kanns losgehen!

    Nachdem ich an sich kein sehr tolles Gedächtnis habe, wirkt sich dies mal als Vorteil aus: selbst wenn ich im RS eine ansprechende Kritik gelesen habe, dauert es oft Wochen und Monate, bis ich das Teil irgendwo im MM Markt etc. rumstehen sehe, und ziehe es dann eher aus einer unbewußten Erinnerung aus dem Regal und hörs mir an. Den Ursprung (die Kritik) habe ich vergessen, weiß aber daß ich es mir anhören sollte.

    Dougsahm:
    „Ich komm immer wieder auf die gleiche Begründung zurück. Für mich ! Wenn ich die Illusion habe, etwas selbst entdeckt zu haben, bin ich wesentlich begeisterungsfähiger als wie wenn ich es von anderen vorgeschlagen bekomme.“

    das spielt bei mir überhaupt keine Rolle, nach dem Motto „der Zweck heiligt die Mittel“, schließlich ändert das ja nichts an der Musim per se.

    Dougsahm
    „Würde mich durchaus mal interessieren, von Einigen auf sich bezogen strukturierte Hypothesen zu hören. Einfach mal kritisch in sich Hineinhören und überlegen „wie komme ich überdurchschnittlich oft zu meinen Favoriten ?“

    ehrlich gesagt: keine Ahnung! Ist mir auch nicht wichtig….irgendwie ergibt sich schon der Kontakt zu meinem nächsten Fave.

    zum Abschluß:

    Jörg König:
    „Viele Worte. Kurz: Ich denke, es ist wie Liebe. Zuerst ist sie neu und aufregend (das passiert jedem). Dann bleibt sie (das ist selten) oder zerläppert (das ist häufig) oder fächert sich aufregungsarm in einer milden Zuneigung auf (das ist unser Schicksal und vermutlich gut so.)“

    …und wenn die Liebe bleibt, ist es mir ziemlich schnuppe, ob ich meiner Frau vorgestellt worden bin oder wir uns zufällig entdeckt haben.

    Somit sehe ich es ähnlich wie Jan Wölfer und Jörg König.

    --

    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #2461063  | PERMALINK

    ford-prefect
    Feeling all right in the noise and the light

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 9,738

    Also ich treffe oftmals durch Konzertbesuche auf meine zukünftigen Faves. So geschehen bei der Hamburger Alternative Rock-Band Pinkostar, die leider momentan wegen Missmanagement etwas „außer Betrieb“ ist, nächstes Jahr soll aber wohl ne neue EP kommen.

    Ich sah die Band im Aug. 2003 das erste Mal im Schwimmbad Club in Heidelberg live. Der Name Pinkostar begegnete mir im Vorfeld immer wieder mal in diversen Magazinen, also bin ich schließlich ohne Vorahnung neugierig auf das Konzert gegangen, das übrigens sehr schlecht besucht war. Meine Erwartungshaltung war nicht sonderlich hoch, da ich Deutsch-Pop im Stile von Virginia Jetzt! erwartete, stattdessen wurde ich in Pinkostar mit einer explosiven Mischung aus Muse und Pearl Jam überrascht! Hätte ich nie erwartet, dass die so umwerfend sind. Nach dem Gig war ich sofort total begeistert von der Gruppe, so dass ich mir noch am Merch-Stand eine CD von Pinkostar mitnahm, die schließlich drei Monate lang ohne Unterbrechung in meinem CD-Player rotierte. Solche Fälle sind dann immer Glücksmomente, zwar selten, aber manchmal gibt es sie.

    --

    Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!
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