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Nun ist es so weit, ich bin wieder mal hier um meine Meinung abzugeben, auch wenn sie in diesem Fall ein wenig subjektiv und merkwürdig ausfallen wird, ich mich auch nicht der Sprache der Kritiker bedienen will, auch nicht Bezug auf die alten Dylan-Platten nehmen werden, auch wenn dies im ersten Moment als sinnvoll erscheinen sollte. Ich bin der Meinung, daß wir betrachten sollten, was Dylan uns mit dieser Platte im Heute noch zu sagen hat, ich will versuchen hier eine mögliche Analyse zu schreiben, die das Gesamtkunstwerk Modern Times meint, ohne den Kontext auszuklammer, also sie dennoch historisch einzufassen, ohne nur in der Vergangenheit zu bleiben.
Anfangen sollte man beim Cover, die Schrift des Covers zeigt nach unten, Erinnerungen an Chaplins Film gleichen Namens werden wache, werden mehr als deutlich. Hier trifft sich wohl das Anteilnehmen am Schicksal der Arbeiter, der Mißstände im Heute und im Damals, ein engagierte Kulturpessimismus ist wohl Chaplin wie Dylan eigen. Das Bild zeigt ein Taxin in New York, verzerrt, kaum erkennbar, dahinter eine glitzernde neue Welt, die hier nur als Schein, nur als Möglichkeitsraum angedeutet wird. Bob Dylan positioniert sich hier als Kulturpessimist, die Wahl dieses Covers spricht diese Sprache, hier wird eine Welt reflektiert die Einzug gehalten hat in sein Schaffen, die er auch wahrnimmt, doch die er letztlich als zu hektisch, als kaum greifbar versteht udn darum bewußt einen Kontrakpunkt setzt, sich zurücksehnt zum Archaischen, zum Verschütteten, das er mehr als jemals zuvor wieder ausgraben will und wird. Seine Radiohshow und seine neune Platte gehen dahingehend eine interessante Symbiose ein. Ich glaube, daß Dylan noch nie so tief in der Vergangenheit gegraben hat, daß er noch nie solche alten amerikanischen Schlager (wie es an anderer Stelle schon mal geschrieben wurde) ausfindig gemacht hat und sie sich letztlich angeeignet hat, sie zu seinen eigenen gemacht hat. Hier ist ein Nostalgiker am Werk, der sein Musikverständnis in die heutige Zeit setzt, bewußt Kontrapunkte setzt und darauf wartet, was passiert. Zurück zum Ursprung, zurück zu den Wurzeln im erwarten, daß diese Wurzeln auch im Heute noch Fuß fassen können, auch im Wissen, daß andere sich unterscheidende Wurzeln wie er haben könnten. Für ihn hingegen sind sie klar, sein Herzblut hängt nur an dieser Musik, die moderne Zeit dient im wohl als Hintergrund um sich abzukehren von billiger und kurzlebiger Musik, zu zu solcher die überraschenderweise auch noch nach Jahrzehnten frisch klingt und unverbraucht. Die Geschichte und die neue Platte geben Dylan recht. Es braucht die modernen Zeiten nicht, es genügt wenn man sie wahrnimmt und wenn man sich ihnen entgegenstellt und damit exakt und einzigmöglich auf sie reagiert. Auf Modern Times klingt seine Band oftmals wie eine Altherrenkapelle, die weiser ist als die restlichen Musiker im Heute, die sich abgewandt vom Heute hat, im Damals ihr Glück findet und damit einen Gegenentwurf setzt, gegen die Vergänglichkeit. Man sieht Dylan und seine Band förmlich in einem alten Theater stehen, auf der Bühne alte Männer, die nichts mehr zu beweisen haben, die zitieren und es dennoch todernst meinen, wenn sie ihre Musik für immer noch zeitlos und heutig halten. Ihre Musik gibt ihnen recht, sie zaubert dem Hörer ein Lächeln ins Gesicht, läßt ihn eintauchen in eine untergegange Welt, die dennoch die unsere und die heutige ist, wie das Cover der Platte. Das heute ist immer da, steht stets im Hintergrund, doch letztlich rauscht es an einem vorbei. Hier geht es um Entschleunigung, um sich Zurückbesinnen, um das wiederaufflackern lassen von Werten wie Zeitlosigikeit. Bob Dylan ist alt geworden, seine Stimme ist brüchiger als jemals zuvor, doch seine Lieder sind kräftiger und beeindruckender als jemals zuvor.--
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WerbungotisRecht lesenswert heute in der SZ der Artikel über Dylans Radiosendung.
Zitat aus dem SZ Artikel
Offensichtlich will er seine Prominenz und Medienmacht einsetzen, um die Leute zu einer Musik zurückzuführen, die seiner Meinung nach noch etwas bedeutete. Denn die Gegenwart sieht düster aus: „Ich kenne niemanden, der in den vergangenen zwanzig Jahren eine Platte aufgenommen hätte, die in Ordnung klang“, hat er gerade dem Rolling Stone verraten.
Da in dem Artikel nicht weiter darauf eingegangen wird, und durch das vorher einleitend Geschriebene, kann leicht der Eindruck entstehen, die Aussage würde sich gegen die Musik richten. Es geht aber um den „Sound“.
“You listen to these modern records, they’re atrocious, they have sound all over them,” he added. “There’s no definition of nothing, no vocal, no nothing, just like … static.”
“Even these songs probably sounded 10 times better in the studio when we recorded ’em. CDs are small. There’s no stature to it.”
http://www.msnbc.msn.com/id/14467222/
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Captain Beefheart to audience: Is everyone feeling all right? Audience: Yeahhhhh!!! awright...!!! Captain Beefheart: That's not a soulful question, that's a medical question. It's too hot in here.Dick Laurentgekauft und keine Lust zu hören, hmmm…
Du hast zuviel Geld. Ich nehm sie Dir ab, allerdings nicht zum vollen Preis, sie ist ja wohl nicht so gut …
@FranzK
Der Verweis auf Modern Times ist so verkehrt nicht, aber was hat das Auto darauf zu suchen? Ansonsten scheint mir das alles tatsächlich sehr rückwärtsgewandt zu sein.--
If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.@latho: Das Automobil ist doch der beste Ausdruck einer zivilisatorischen Hybris die glaubt, daß sich die Technik immer weiter entwickeln wird, und daß sie uns nur Annehmlichkeiten bescheren wird. Ich glaube, daß sie Dylan genau gegen ein solch unreflektiertes Fortschrittsdenken wendet, auch und vor allem in der Musik.
Letztlich wird aber das Cover offen sein für viele Interpretationsmöglichkeiten. Ich find es jedenfalls grandios und stelle mich gegen viele andere Meinungen, die es wenig gelungen finden. Ich finde die Symbiose zwischen Musik und Aufmachung äußerst gelungen, wesentlich gelungere als die letzten beiden Dylan Platten.lg
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Even I, as sick as I am, I would never be you... (Morrissey)wodurch zeichnet sich eigentlich die lim. edition aus ??
was gibt es auf der dvd zu sehen ? dylan, wie er über die modernen zeiten meckert ?--
Look out kid You're gonna get hitSebsemilia: es ist eben kein Meckern über die modernen Zeiten zu hören, sondern ein bewußter Kontrast dazu.
lg
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Even I, as sick as I am, I would never be you... (Morrissey)ja, ja. war auch gar nicht so negativ gemeint. ich finde es momentan sogar sehr angebracht kritik an den verhältnissen zu üben.
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Look out kid You're gonna get hit@sebsemilia: Es ist auch nicht zwingen Kritik. Ich habe in meiner Rezension geschrieben, wie ich es meine.
lg
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Even I, as sick as I am, I would never be you... (Morrissey)sebsemiliaich finde es momentan sogar sehr angebracht kritik an den verhältnissen zu üben.
Du alter Revoluzzer, du. :wirr:
FranzKafka79@Latho: Das Automobil ist doch der beste Ausdruck einer zivilisatorischen Hybris die glaubt, daß sich die Technik immer weiter entwickeln wird, und daß sie uns nur Annehmlichkeiten bescheren wird. Ich glaube, daß sie Dylan genau gegen ein solch unreflektiertes Fortschrittsdenken wendet, auch und vor allem in der Musik.
Letztlich wird aber das Cover offen sein für viele Interpretationsmöglichkeiten. Ich find es jedenfalls grandios und stelle mich gegen viele andere Meinungen, die es wenig gelungen finden. Ich finde die Symbiose zwischen Musik und Aufmachung äußerst gelungen, wesentlich gelungere als die letzten beiden Dylan Platten.lg
Da sind wir uns einig – ich fand das Cover auch nicht schlecht (nur der Bezug zu Chaplin fehlt bei dem Auto – das meinte ich ).
Zur Musik kann ich aus naheliegenden Gründen noch nichts sagen, aber die Platte werde ich mir wohl zulegen.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.Cassavetes:wirr:
habe mich schon immer gefragt wie dieser smiley zu verstehen ist …
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Look out kid You're gonna get hitSo, gerade im Laden recht ausführlich reingehört und nicht gekauft (ich hatte es allerdings auch nicht vor; ich kaufe nie Neuerscheinungen – womit ich eigentlich ganz auf der Linie der Bobheit liegen müsste).
Davon abgesehen: Die Platte hat mich eher nicht gepackt. In der Tat: Die Band pflegt einen ziemlich einförmigen, schunkeligen Mid-Tempo-Groove, der nicht sehr inspiriert wirkt. Fast kommen mir Worte wie „betulich“ oder „zahnlos“ in den Sinn.
Aber der Meister selbst steht dahinter kaum zurück. Man merkt der Platte an, dass Dylan offenbar sehr viel wert auf die Vocals gelegt hat – offenbar um sie zarter und weicher klingen zu lassen denn je (sieht man mal von der Nashville Skyline-Phase ab, aber das war eine ganz andere Stimme).
Da die Platte offenbar sehr mit der Vergangenheit beschäftigt ist und auf sie verweist, liegt für mich der Gedanke nahe: Lieber gleich die alten Sachen aus den Pre-Fifties hören, die sind deutlich spannender.Bin gespannt, was die „Käufer“ zu berichten haben.
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There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)dockDie „Modern Times“ Lyrics gibts hier:
Klasse, vielen Dank fürs Posten! Besonders die vielen Querverweise in den Liner Notes sind sehr erhellend.
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When I hear music, I fear no danger. I am invulnerable. I see no foe. I am related to the earliest time, and to the latest. Henry David Thoreau, Journals (1857)Es wundert mich schon etwas: Im Blätterwald wird die neue Dylan hochgelobt, und hier fast durchweg geradezu verrissen…
Wie dem auch sei: Ich habe mir die Platte jetzt mal gekauft.--
Hat Dylan sich mal irgendwo über die Songs bzw. das Konzept des Albums geäußert?. Die musikalischen und textlichen Bezüge zu bereits existierenden Songs sind ja eklatant. (z.B. „Beyond the Horizon“ ist ja eigentlich „Red sails in the sunset“).
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When I hear music, I fear no danger. I am invulnerable. I see no foe. I am related to the earliest time, and to the latest. Henry David Thoreau, Journals (1857) -
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