Blue Note auf Vinyl

Ansicht von 3 Beiträgen - 1 bis 3 (von insgesamt 3)
  • Autor
    Beiträge
  • #63487  | PERMALINK

    muaomicha

    Registriert seit: 13.11.2007

    Beiträge: 18

    Ok, wie bereits im Jazzforum geschrieben habe ich vor einiger Zeit einen Artikel geschrieben,
    der für den ein oder anderen Blue Note Sammler interessant sein könnte. Da ich denke, dass
    ihn Interessenten hier im Rolling Stone Forum relativ einfach finden können, hab ich mich dazu
    entschlossen ihn hier sozusagen zu veröffentlichen. Ich hoffe es hilft dem ein oder anderen
    vielleicht weiter…

    **********************************************************************

    Die Idee zu diesem Artikel kam mir schon häufiger, da ich oft sehe, dass einige Blue Note
    Interessenten da draußen anscheinend Probleme haben originale Pressungen zu erkennen und
    von Nachpressungen bzw. Reissues zu unterscheiden. Bei Jazzplatten ist es doch mitunter
    sehr entscheidend, ob es eine Originalpressung ist oder nicht, nicht nur in Bezug auf den
    Marktwert, sondern auch was die Klangqualität der Pressung angeht. Mittlerweile denke ich,
    dass ich Blue Note Pressungen sehr gut unterscheiden kann aufgrund zahlreicher Informationen
    von Sammlern, sodass ich an dieser Stelle, auch für mich selbst, ein kleines Kompendium dieses
    Wissens niederschreiben wollte. Es kann natürlich immer vorkommen, dass noch kleine Details
    fehlen, die ich dann nachträglich noch einfüge. Falls ihr selbst noch Verbesserungen habt, bitte
    ich euch mir kurz bescheid zu geben.

    Da viele nach der perfekt klingenden Pressung suchen, sei an dieser Stelle schon mal gesagt,
    dass Originale in dieser Hinsicht über jeden Zweifel erhaben sind. Der einzige Grund um zu einer
    Reissue zu greifen sollte immer der Preis sein, nur dieser sollte einen davon abhalten eine
    Originalpressung zu kaufen (letzten Endes sind viele Originalpressungen, in gutem Zustand,
    nur für viel Geld zu haben, womit man sich zwangsläufig in Richtung Reissues umorientieren
    sollte).

    Und wie erkennt man denn nun ein Original? Tja, dass ist eigentlich ganz einfach. Der erste
    Blick sollte immer auf die Auslaufrille der Platte gehen.
    Ist dort etwas zu erkennen, was wie
    ein kleines Ohr aussieht, dann haltet ihr ein Original in den Händen! Als kleine Randnotiz sei
    hier noch erwähnt, dass es eigentlich kein Ohr ist, so wie es immer heißt, sondern ein kursives
    P, welches für die Firma steht die alle Originale gepresst hat, nämlich Plastylite. Dieses kleine P
    ist auch immer das Merkmal, von dem ich meine Kaufentscheidung im Normalfall abhängig mache,
    da mir nicht so wichtig ist, dass es nun eine originale Erstpressung ist oder eine originale
    Nachpressung, da von der Klangqualität nur minimale Unterschiede zu erkennen sind. Für ernst
    zu nehmende Sammler jedoch ist es sehr entscheidend ob Erstpressung oder nicht, was sich
    auch im Preis wiederspiegelt, deshalb will ich auch versuchen in dieser Hinsicht Klarheit zu
    schaffen.

    Ich habe schon öfter gesehen, dass für Lexington Blue Notes horrende Preise gezahlt wurden
    obwohl sie eindeutig keine Erstpressungen waren, was aber viele nicht erkennen können,
    wodurch solche Preise dann zu Stande kommen. Blue Note Platten mit dem Aufdruck „BLUE
    NOTE RECORDS 767 LEXINGTON AVE NYC“ auf dem Label der Platte sind zwar immer frühe
    Pressungen, dennoch gibt es auch hier Nachpressungen. Um hier eine Erstpressung erkennen
    zu können, muss man sich den Rand der Platte anschauen. Alle Erstpressungen unterm Lexington
    Label haben einen flachen Rand, auch bekannt als „50s Flat Edge“.
    Bei Nachpressungen unterm
    Lexington Label ist der Rand abgerundet, was am neuen Equipment von Plastylite liegt, auf
    denen die Nachpressungen gepresst wurden. Labels mit Lexington Adresse wurden bis
    Katalognummer 1543 genutzt. Danach kamen Labels mit der Adresse „47 W. 63rd New York 23“.
    Diese wurden wiederrum mit Katalognummer 1577 von Labels mit „47 W. 63rd NYC“ Adresse
    abgelöst. Allerdings hat Blue Note die Platten nicht immer in Reihenfolge der Katalognummer
    veröffentlicht, weshalb es auch hier Ausnahmen gibt. BN 1560 z.B. hat die spätere „47 W. 63rd
    NYC“ Adresse.

    Ein weiteres wichtiges Merkmal, an dem sich bestimmen lässt wie früh eine Platte gepresst
    wurde ist die so genannte „Deep Groove“. Hierbei handelt es sich um eine etwa 1mm breite Rille
    die im Abstand von etwa 3,5cm um den Mittelpunkt der Platte verläuft. Alle Platten bis
    einschließlich der Katalognummer 4058 die auf beiden Seiten eine Deep Groove haben sind
    Erstpressungen
    (außer einige Lexington Labels, siehe oben und einige „INC“ und „R“ Labels,
    siehe unten). Ab diesem Zeitpunkt wurde von Plastylite neues Equipment für die Erstpressungen
    verwendet. Katalognummer 4059 (Kenny Drew – Undercurrent) ist dabei ein Sonderfall, da jede
    bekannte Erstpressung davon eine Deep Groove auf nur einer Seite hat, was daraus resultiert,
    dass Plastylite das neue Equipment hier nur für die eine Seite genutzt hat. Alle Erstpressungen
    mit Katalognummer 4060 oder höher haben keine Deep Groove.
    Solltet ihr eine Platte mit einer
    Katalognummer höher als 4059 sehen, die eine Deep Groove hat (auf einer oder auf beiden
    Seiten), so ist dies eine Nachpressung. Solltet ihr eine Platte finden mit einer Katalognummer
    vor 4059 die nur eine oder keine Deep Groove hat, so ist es eine Nachpressung. Eine
    Besonderheit ist hier noch wichtig. Die Adresse „47 W. 63rd NYC“ auf den Labels wurde bis
    Katalognummer 4017 (Horace Silver – Finger Poppin‘) verwendet. Ab Katalognummer 4018 kamen
    ein „INC“ und ein „R“ dazu („Blue Note Records INC 47 W. 63rd NYC“, das R ist unterm E vom
    horizontal geschriebenen NOTE). Das heißt, wenn ihr eine Pressung vor Katalognummer 4018 mit
    „INC“ und „R“ auf dem Label findet, so ist es eine Nachpressung auch wenn sie auf beiden Seiten
    eine Deep Groove hat.
    Die letzte Platte mit „47 W. 63rd“ Label ist BN 4080 (Hank Mobley –
    Workout). Auf allen Platten danach steht nur noch „New York, USA“ bis hin zur letzten
    Originalplatte aus der Alfred Lion Ära, BN 4226 (Don Cherry – Complete Communion).

    Nach Katalognummer 4226 wurde Blue Note an Liberty Records verkauft. Diese haben für ihre
    Pressungen teilweise die alten Blue Note Labels verwendet (sogar Lexington Labels!). Gepresst
    wurden sie jedoch nicht mehr von Plastylite. Deshalb ist das wichtigste Merkmal immer noch das
    kleine Ohr! Alle Platten mit einer Katalognummer vor 4227 ohne das kleine Ohr sind keine Originale.

    Auch in Japan wurden Platten gepresst, die nur noch anhand dieses Ohres vom Original zu
    unterscheiden sind, da von den Japanern darauf Wert gelegt wurde, die Platten so originalgetreu
    wie möglich zu pressen (dies beinhaltet auch die Deep Groove und originale Labels! Sogar der
    Karton des Covers wiegt genau soviel wie das der Originale!)

    **********************************************************************

    Das wars erstmal soweit. Falls noch jemand Anmerkungen oder Verbesserungen hat, gibt es hier die
    Möglichkeit dies kund zu tun.

    --

    Highlights von Rolling-Stone.de
    Werbung
    #7190995  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    Ein schöner Einführungstext in den Blue Note auf Vinyl-Kosmos.

    Eine Anmerkung hätte ich jedoch. Du schreibst, dass bis einschließlich BLP 4080 die „47W 63rd“-Adresse auf den Labels verwendet wurde. Ich denke, das ist zumindest teilweise korrekt.
    Eine andere Quelle (http://kleene.ss.uci.edu/~rmay/Bluenote.html) gibt an, dass von BLP 4075 (Donald Byrd – The cat walk) bis BLP 4100 (Jimmy Smith plays Fats Waller) die „47W 61st“-Adresse verwendet wurde, welche sich dann auch bis in höhere Katalognummern auf den Sleeves findet. Das stimmt so meines Erachtens nicht.
    Zu klären wäre aber, ob die „47W 63rd“-Adresse nicht tatsächlich bis einschließlich BLP 4099verwendet wurde und dann auf „New York, USA“ umgestellt wurde?!

    Ich kann das leider derzeit nicht nachprüfen, meines Erachtens nach scheint das auch nicht zu stimmen. Ich lese den Text allerdings so, dass er auf die Labels zutrifft, nicht auf die Sleeves. Vielleicht kann jemand auch klarifizieren, wann die Sleeves mit der „47W 61st“-Adresse versehen wurden, oder warum bspw. BLP 4262 (New and old gospel) eine 1776 Broadway-Adresse und bspw. BLP 4260 (Conquistador!) eine zusätzliche Sunset Blvd. / LA-Adresse aufweist, die meisten sonst bei „47W 61st“ bleiben??

    --

    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #7190997  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    Ein weiterer Punkt der mir aufgefallen ist, betrifft die Gravur von Rudy van Gelder.
    Wann befindet sich „RVG“ und wann „van Gelder“ im dead wax? Hat sich das mit dem Verkauf an Liberty geändert?

    Und noch etwas bzgl. der „Deep groove“. Wie kommt das eigentlich zustande, dass spätere Pressungen mit DG Nachpressungen sind? Wo doch Plastylite das Equipment gewechselt hatte? Wo kommt die DG dann eigentlich noch her?

    Edit: Hier gibt es eine Antwort zur letzten Frage: http://jazzcollector.com/blue-note/blue-note-deep-groove-all-you-need-to-know/#more-2480
    Wenn ich richtig lese, dann müssen spätere DG-Pressungen nicht zwangsläufig Nachpressungen sein!

    --

    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
Ansicht von 3 Beiträgen - 1 bis 3 (von insgesamt 3)

Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.