Afrika

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  • #4628413  | PERMALINK

    dagobert

    Registriert seit: 09.07.2002

    Beiträge: 8,584

    ja, klingt interessant. „reibeisenstimme“, koras, voodoorhythmen; es hat potential.
    aber auch über die beiden vorangegangen texte habe ich mich gefreut. sehr schöne entwicklung des threads.

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    #4628415  | PERMALINK

    wolfen

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    Sehr sehr schöne Neuentdeckung: Issa Bagayogo

    Der ehemalige Hirsefarmer, Busfahrer und ob diverser Lebensschwierigkeiten zeitweise durchgeknallte Mann aus Mali hatte im ersten musikalischen Anlauf seine Schwierigkeiten. Bis er zwei cleveren französischen Weltmusik-Produzenten in die Hände fiel.
    Seit dieser Zeit hat er den Spitznamen „Techno-Issa“ weg, was allerdings schon ein wenig irreführend ist. Denn mit Techno im eigentlichen Sinne hat der Mann nur recht wenig bis nichts zu tun.
    Das ganze hört sich eher an wie eine Funk-Dub-Afro-Roots Mischung ohne Berührungsängste mit elektronischen Drum-Machines neben afrikanischen Trommeln, der N’goni (afrikanische Laute) und Balaphones (afrikanisches Xylophon).
    Vieles davon klingt so, wie ein Sonnenuntergang in der Savanne aussieht: malerisch, ruhig, ein bissel träumerisch, vielleicht sogar ein klein wenig metaphysisch.
    Song Nr. 2 des Albums („Diama Don“) gehört da schon eher zum etwas „rasanteren“ Groove, ebenso das darauf folgende „Koroto“.
    „Kanou“ zaubert locker mit teils Sprechgesang und relaxten Rhythms das Bild einer afrikanischen Abenddämmerung vors innere Auge. Ähnlich beruhigend-friedlich gehts bei „Djigui“ weiter.
    „Kalan Nege“ rüttelt dann wieder aus der leichten Beschaulichkeit raus mit einem kleinen Kick aufs rhythmische Gaspedal, da wippt der Fuß gleich mit und es nickt der Kopf.
    Trotz des (dezenten) Einsatzes von Elektronik bleibt das gesamte Album sehr „naturbelassen“ und authentisch.
    Alles fließt homogen, aber keinesfalls langweilig und die Songs ruhen auf geheimnisvolle Art in sich selbst.
    Ich mag diese Musik sehr, eine Art von zarter akustischer Ganzkörpermassage mit hohem Wohlfühlfaktor.
    Möge der Mann nie wieder in die Verlegenheit kommen, in Mali einen Bus fahren zu müssen.

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    [kicks sagt:] ( schon alleine dass da keine Nüsse drin sind zeigt dass es ein allgemeiner check is )
    #4628417  | PERMALINK

    wolfen

    Registriert seit: 01.10.2004

    Beiträge: 1,716

    The Next One: The Mighty Zulu Nation „Abantu“

    Welch ein phänomenaler Chorgesang, welche Rhythmen, einfach großartig. :feier:

    Das hat Wucht und Drive, traditionelle Instrumente treffen Urban-African-Samples und diesen ganz eigenen afrikanischen Rap aus den Townships Südafrikas.
    World-Music-Dancefloor meets African Roots. Multikulti ohne Kitsch, ganz im Gegenteil, da kriegt man locker die Kurve.
    Die Drums kommen mit Power und Verve, da juckts ganz gewaltig in allen Extremitäten.
    Hier sind wirklich stimmgewaltige Jungs und Mädels am Werk, die auch immer wieder für tolle A Capella-Einlagen gut sind.
    Die Mighty Zulus tragen ihren Namen absolut zu Recht, ein energiegeladener Kontrapunkt z.B. zu der Musik eines Issa Bagayogo. Beim Hören hatte ich manchmal das Gefühl, hier wären Ladysmith Black Mambazo in einen Jungbrunnen gefallen.

    Ich glaub, live wäre diese Formation ein absoluter Oberhammer und würde selbst den kühlsten Norddeutschen zu absolut untypischen Verrenkungen bringen. ;-)

    -Nachtrag- wer noch ne bildhafte Vorstellung von den „Zulus“ braucht, bitte sehr:

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    [kicks sagt:] ( schon alleine dass da keine Nüsse drin sind zeigt dass es ein allgemeiner check is )
    #4628419  | PERMALINK

    hellcreeper

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 7,560

    Sparch, vielen Dank für diesen Thread.
    Schon seit längerem versuche ich den Einstieg ins afrikanisches Musikgefilde. Angeregt durch eine der Rare Trax anno 2001.
    Nur der Mut fehlte mir sich durch diesen undurchschaubaren Dschungel zu kämpfen.
    Mit diesem Thread ebnet sich für mich eine völlig neue Welt, daher möchte ich diesen Thread als Wegweiser benutzen, mit dem ich hoffentllich alsbald auf meinen eigenen Beinen stehen kann.

    Meine Vorlieben, sind sehr stark traditionel angelegte Werke, die mit viel Drum unterlegt sind.

    --

    Wenn da Tomaten drin wären, dann wäre es Zwiebelsuppe!
    #4628421  | PERMALINK

    wolfen

    Registriert seit: 01.10.2004

    Beiträge: 1,716

    Okay, einer geht noch: Mamadou Diabate „Bemanka (Solo Kora)“

    Jetzt wird es sehr traditionell, der Cousin des nicht minder großen Toumani Diabate hat hier ein Album für die Kora, die westafrikanische Stegharfe, eingespielt.
    Das Instrument wird beidhändig gezupft und Diabate spielt hier Melodie und Begleitung.
    Und zwar derartig virtuos, daß es mich absolut verblüfft.
    Die Kora sieht so aus (gleich mit Mamadou am Instrument)

    Frag mich bitte niemand, wie man diese flirrenden Melodien mit 2 Händen an diesem Instrument hinbekommt, ich kann selbst nur staunen.

    Das Album hat nichts vordergründig Spektakuläres zu bieten. Für Leute, die mit dieser Art von Musik grundsätzlich nicht viel anfangen können, mag es sogar in gewissem Sinne langweilig wirken.
    Für mich ist es ein „Hinhörer“ allererster Güte und obwohl ich selbst kein Saiteninstrument spiele, ist diese Musik ein kleiner Traum an filigranem und technisch äußerst versiertem Spiel.
    Der Mann hat offenbar zaubernde Flitzefinger, anders kann ich mir das nicht erklären. Ich denke, auch versierte Gitarristen würden hier das große Staunen erleben.

    Und noch für skraggy: VÖ-Datum 2004

    --

    [kicks sagt:] ( schon alleine dass da keine Nüsse drin sind zeigt dass es ein allgemeiner check is )
    #4628423  | PERMALINK

    wolfen

    Registriert seit: 01.10.2004

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    Ich bin absolut verschossen in die Musik von The Mighty Zulu Nation. :liebe_2: :liebe_2:

    --

    [kicks sagt:] ( schon alleine dass da keine Nüsse drin sind zeigt dass es ein allgemeiner check is )
    #4628425  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

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    Orchestra Baobab – Pirates choice (1982/2001)

    Der Titel ‚Pirates choice‘ ist eine Anspielung auf die Beliebtheit des Orchestra Baobab denn keine andere Band konnte im Senegal mehr Raubkopien auf sich vereinigen. Die Anfänge dieser Band, die sich nach einem noblen Club in Dakar benannt hat, geht bis in die 60er Jahre zurück. Schon damals waren sie, wie nur wenige ihrer Mitstreiter, mit den besten Instrumenten ausgestattet und gaben fast jeden Abend ein Konzert, streng nach der Devise „nur wer viel übt und live auftritt hat auch Erfolg‘. Dieser ließ dann auch nicht lange auf sich warten, denn das Orchestra Baobab zählte zu den beliebtesten Bands Westafrikas. Inspiriert durch kubanische Tanzorchester kombinierten sie deren Stil mit westafrikanischen Rhythmen und zählten somit zu den Pionieren des sogenannten Afro-Salsa. Dabei verzichtet die Band weitgehend auf traditionelle Instrumnente und beschränkt sich meist auf Gitarre, Bass, Schlagzeug, Percussion und Saxophon.

    Bei ‚Pirates choice‘ handelt es sich um Session-Aufnahmen, live um Studio eingespielt, was der Musik viel Raum für Improvisationen lässt, so ist kein Stück kürzer als 6 1/2 Minuten. Langeweile kommt dabei aber niemals auf, denn die Band versteht es die meist langsamen und entspannten Stücke derart lässig aus dem Handgelenk zu schütteln, als gäbe es nichts Einfacheres. Neben dem meist eindringlichen Gesang, die Band hatte immerhin 5 Sänger die meist eine Mischung aus spanisch und Wolof sangen, sind es vor allem die Gitarre und das Saxophon, welche hier eine führende Rolle spielen. Manche Stücke sind Überarbeitungen kubanischer Vorlagen, so z.B. ‚Utru horas‘, welches seinen Ursprung in Guinea-Bissau hat. Hier fallen sofort die klirrenden, beinahe spacigen Gitarrensoli auf, die sich kongenial mit dem Saxophon abwechseln und quasi die Marschroute für das ganze Album festlegen. Ein Album, dem es aber auch an Abwechslung nicht mangelt, so klingt ‚Coumba‘ wie ein französicher Popsong auf der Basis eines Rumba Rhythmus. ‚Toumaranke‘ lässt dank der Samba-Rhythmen gar brasilianische Karnevalsstimmung aufleben was in völligem Gegensatz zum Text steht, in dem es um Heimweh geht. Das abschließende ‚Balla daffe‘ kombiniert einen Reggae-Rhythmus mit einer einprägsamen Saxophonmelodie.

    Ursprünglich wurden die Sessions im Senegal nur als Kassette veröffentlicht, 6 Stücke daraus später dann als LP in Frankreich und 1989 dann erstmals auf CD. Die kompletten Sessions, also alle 12 Stücke, wurden erst 2001 auf CD veröffentlicht. Die Band selbst brach nach den Aufnahmen schnell auseinander und fiel in einen fast 20 Jahre dauernden Dornröschenschlaf, ehe sie 2002 beinahe in Originalbesetzung reanimiert wurde und ein neues Album mit dem Titel ‚Specialist in all styles‘ aufnahm.

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #4628427  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

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    Yandé Codou Sène & Youssou N’Dour – Gainde (Voices from the heart of Africa) (1995)

    Wer Youssou N’Dour vor allem wegen seines Welthits ‚7 seconds‘ im Duett mit Neneh Cherry schätzt, könnte mit diesem Album so seine Problem bekommen, wer jedoch seine internationalen Veröffentlichungen schon immer zu sehr an europäische Hörgewohneiten angelehnt sah, für den scheint dieses Album wie geschaffen. Mit dem Erfolgsalbum ‚Wommat‘ hat das nicht viel gemeinsam, denn Youssou N’Dour erfüllte sich mit diesem Album einen Traum. Mit einem seiner großen Idole, der senegalesischen Diva Yandé Codou Sène nahm er ein traditionelles Album auf, bei dem er zwar auch als Sänger in Erscheinung tritt, aber hauptsächlich als musikalischer Direktor und Produzent tätig war. Der Fokus liegt klar auf Yandé Codou Sène, die den Serer angehört, einer kleinen Bevölkerungsgruppe im Senegal. Unterstützt wird sie dabei von ihrem nur aus Frauen bestehenden Chor und einem Ensemble aus Trommlern, die Instrumente mit so klangvollen Namen spielen wie Kung, Thiol, Lamb, Baal oder Ndër. Die Musik ist meist auf das Nötigste reduziert, auf Call and Response Gesänge zwischen Sène und ihrem Chor unterlegt mit aufregenden Trommelrhythmen wie z.B. im Titelstück, ein Lobgesang an die Löwen, die im Senegal zwar schon lange ausgestorben dort aber immer noch Symbol für Kraft und Stärke sind. Im folgenden ‚Léopold Koor Joor‘ gesellt sich noch die lokale Geige Riti dazu und hat die schöne Tradition, dass wenn man Wohlwollen gegenüber einer Person zum Ausdruck bringen möchte nahe Verwandte preist. Im konkreten Fall handelt es sich um die Schwester des Präsidenten. ‚Sama Guent Guii‘ ist dann N’Dours erster Einsatz, eine atemberaubend schöne und sehr eindringlich gesungene Ballade, nur durch eine Akustikgitarre begleitet. Youssou singt davon, dass man sein Schicksal in Gottes Hand und nicht in die anderer Menschen legen sollte. ‚Lees Waxul‘ ist das erste Duett der beiden Hauptakteure und hat beinahe schon hymnischen Charakter. Nur durch Keyboards begleitet, was im Kontext des Albums erstaunlich gut funktioniert, ist das Stück eine Huldigung an Sènes Marabut und ihre Religion. Das Instrumentalstück ‚Riti Fa Tama‘ ist ein Dialog zwischen der ein- oder zweisaitigen Geige Riti, deren Steg auf einem Kalabassekorpus befestigt ist und der Tama, besser bekannt als Talking Drum, was daher rührt, dass diese Trommel bestens dazu geeignet ist, Sprache darzustellen. Sie ist beidseitig mit Echsenhaut bespannt und wird beim Spielen unter die Achselhöhlen gepresst, die Stärke des Pressens bestimmt dabei die Tonhöhe. Im Stück ‚Samba‘ wagt N’Dour ein Klangexperiment, seine Stimme erklingt hier in 3 verschiedenen Tonhöhen und wird von treibenden Trommelrhythmen begleitet. Es ist ein Loblied an die noblen Wolof, die sich in die Gemeinschaft einbringen und die Schwachen stärken. Das abschließende ‚Djamil‘ ist einer der beliebtesten Rhythmen der Super Etoile de Dakar, hier interpretiert von der Gruppe Singsing Rhythme, den wohl besten Sabar Spielern Dakars. Die Sabar ist ein mit Ziegenfell bespannter Baumstamm, der unten offen oder geschlossen ist und mit der Hand oder einem Stock geschlagen wird. Diese aufregenden Rhythmen, die einem perkussivem Wirbelsturm gleichkommen und bei denen sich im zweiten Teil noch die Riti dazugesellt beschließen dieses traumhaft schöne Album, das 1995 als Nummer 29 der World Network Serie des Frankfurter Network Labels erschienen ist.

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #4628429  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

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    sparch’Sama Guent Guii‘ ist dann N’Dours erster Einsatz, eine atemberauben schöne und sehr eindringlich gesungene Ballade, nur durch eine Akustikgitarre begleitet. Youssou singt davon, dass man sein Schicksal in Gottes Hand und nicht in die anderer Menschen legen sollte.

    Interessanter Text, sparch (und ein schöner Thread). Ich kenne ja nur diesen einen Track, von der ersten Desert Blues Compilation. Den finde ich klasse (obwohl es vielleicht besser ist, dass ich den Text nicht verstehe). Nach Deiner Beschreibung ist er aber eher untypisch für das Album, oder?

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    To Hell with Poverty
    #4628431  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

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    @go1

    Es ist zumindest neben ‚Samba‘ das einzige Stück, das Youssou selbst geschrieben und getextet hat. Bei ‚Lees Waxul‘, das ja auch sehr religiös ist, hat er die Musik geschrieben, der Text dazu stammt von einem senegalesischen Dichter, dessen Name ich gerade nicht parat habe. Die anderen Stücke sind meist Loblieder oder Volksweisen.

    Youssou N’Dour ist bekennender Sufi und hat sich in den letzten Jahren dafür eingesetzt (musikalisch mit dem Album ‚Egypt‘), den Islam als friedliche Religion darzustellen.

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #4628433  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

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    Bembeya Jazz National – The Syliphone Years (2004)

    Bembeya Jazz National formierte sich Mitte/Ende der 60er Jahre im damals sozialistischen Guinea. Wie auch in Mali wurden hier moderne Tanzkapellen von den Machthabenden gefördert um u.a. auch die vermeintliche Fortschrittlichkeit des Systems zu zeigen und nicht selten waren die Lieder Lobgesänge an die Staatschefs wie in diesem Falle Sekou Touré, der in Guinea bis Mitte der 80er regierte. An Originalalben oder gar Singles aus dieser Zeit heranzukommen ist nicht ganz einfach und meist auch recht kostspielig. Dieser Sampler dokumentiert auf zwei randvollen CDs hervorragend die Frühphase der Band, also die späten 60er und frühen 70er, und beinhaltet viele Singles aber auch Albumtracks, einige davon hier sogar erstmals auf CD. Sämtliche Aufnahmen wurden ursprünglich auf dem einzigen Label in Guinea, dem Syliphone Label veröffentlicht. Die Aufnahmequalität ist recht unterschiedlich, was auch daran liegt, dass die Masterbänder oft nicht mehr vorhanden sind und somit direkt von Vinyl überspielt werden musste.

    Ähnlich wie später auch das Orchestra Baobab aus dem Senegal ist bei Bembeya, benannt nach dem gleichnamigen Club in Conakry, der kubanische Einfluss nicht zu überhören, jedoch integrierten sie in ihre Musik zusätzlich noch Jazz- und Swingelemente, wobei die Bläser machmal etwas schräg klingen, was dem Ganzen eine leicht exzentische Note verleiht. Titel wie ‚Republique Guinée‘, eine Ode an die Unabhängigkeit, ‚Armée Guinéenne‘ oder ‚Air Guinée‘ sprechen für sich. Letztere diente sogar als Werbesong für die damals neu gegründete, nationale Fluggesellschaft. Was diese und andere Songs vor allem auszeichnet ist das Gitarrenspiel Sékou Diabatés, das mit flirrenden, mal spacigen Einschüben maßgeblich für den Sound Bembeyas verantwortlich war. Besonders gut zur Geltung kommt das im 14 Minuten langen und auf zwei Singleseiten aufgeteilten ‚Super Tentenmba‘, das nach dem gleichnamigen Tanz benannt ist, aber auch bei ‚Beyla‘, das nach einem langsamen und atmosphärische Intro in ein beschwingtes Finale mündet. Ein weiterer Höhepunkt ist ‚Moussogbe‘, eine Interpretation eines traditionellen Liebesliedes, gespielt im Mamaya genannten Tanzrhythmus, der in den 50er und 60er Jahren in Guinea sehr beliebt war und einmal mehr fesselnde Saxophon- und Gitarrensoli beinhaltet. Aber auch Parallen zu Fela Kuits Afrobreat finden sich hier, wie z.B. in ‚N’Gamokoro‘, das zusätzlich mit Mariachi-artigem Gebläse aufwartet. Ebenfalls erwähnenswert ist das Stück ‚Sina Mousso‘, welches eine herbe Kritik an der weit verbreiteten Polygamie zum Inhalt hat, was, von Männern vorgetragen, in einer durchaus chauvinistischen Welt einerseit gewagt zu sein scheint, aber andererseits ganz gut in das Konzept der sozialistischen Regierung zu passen schien. Abgerundet wird dies ein weiteres mal durch ein fantastisches Solo Sékou Diabatés. Dies war auch gleichzeitig eine der letzten Aufnhamen des Sängers Aboubacar Dembar Camara, der 1973 bei einem Autounfall tragisch ums Leben kam.

    Trotz der machmal bescheidenen Klangqualität, was den Spaß an den Aufnahmen nicht im Geringsten beeinträchtigt, handelt es sich bei den ‚Syliphone Years‘ um ein feines Dokument westafrikanischer Popmusik der 60er und frühen 70er Jahre.

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #4628435  | PERMALINK

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    Maryam Mursal – The journey (1998)

    Einst war sie die Diva Somalias jedoch musste sie das Land wegen des Bürgerkrieges verlassen. Das Land, in dem sie schon in den 80er Jahren ein Star war, und dessen Regierung mit Veröffentlichung ihrer Single ‚Ulimada‘, eine Kritik am damaligen Staatschef Mohammed Siad Barre, verboten wurde. Sie war gezwungen, ihre Musikkarriere zunächst aufzugeben und als Taxifahrerin zu arbeiten. Der beginnende Bürgerkrieg veranlasste sie 1991 dann dazu, sich mit ihren 5 Kindern auf eine beschwerliche Flucht zu begeben, die 7 Monate dauern sollte und schließlich in der dänischen Botschaft in Dschibuti endete. Später lebte sie in Dänemark und 1998 entstand dieses Album für Peter Gabriels Real World Label. Gabriel selbst trat neben einer Reihe dänischer Musiker, die ein modernes Klangfundament legten, als Backgroundsänger in Erscheinung. Doch auch die Tradition kommt hier nicht zu kurz, so wirkten neben Musikern ihrer ehemaligen Band Waaberi eine Reihe von Gastmusikern mit, die mit Percussion, Oud und diversen Streichinstrumenten arabisch-orientalische Akzente setzten. Der Spagat zwischen Moderne und Tradition wirkt sehr abwechslungs- und ideenreich und Mursals Stimmer klingt dabei gar nicht divenhaft sondern angenehm rauchig und dunkel. Das Eröffnungsstück ‚Lei Lei‘ basiert auf einem funkigen Rhythmus und ist mit einer prägnanten Melodie ausgestattet und man hat das Gefühl, man befindet sich auf einer Reise mit dem fliegenden Teppich über Oasen, Sanddünen und Minarette, ein Eindruck, der durch ein Yma-Sumac-Bläser-Sample im Mittelteil noch verstärkt wird. Aber auch programmierte Beats funktionieren in diesem Kontext ausgezeichnet, wie im atmosphärischen und 10 Minuten langen ‚Hamar‘ zu hören ist, eine Kombination aus Drum&Bass und arabischen Gesängen. In den restlichen Stücken sorgt jedoch die ausgezeichnete Band für Wohlklang und das Herzstück des Albums ist das epische ‚Qax‘, das einmal mehr die Schrecken des Bürgerkrieges und die damit verbundene Flucht beschreibt, ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch das ganze Album zieht das aber gleichzeitig die Hoffnung auf einen Frieden in Somalia nie aufgibt.
    Die Musik klingt zwar absolut zeitgemäß, verzichtet aber erfreulicherweise darauf, bemüht trendy sein zu wollen und führt stattdessen die islamisch geprägte, somalische Volksmusik gekonnt in die Moderne, ohne sich dabei bei einem westlichen Publikum anzubiedern.

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #4628437  | PERMALINK

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    MaggotBrain

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    Various – Golden Afrique, Volume 1 (2005)

    Wie bei vielen anderen Musikrichtungen auch, wird im Bereich der sog. Weltmusik, ein Begriff der mir nicht sonderlich gefällt, der Markt mit lieblos aufgemachten Billigsamplern überflutet. Wer einen Einstieg in die Populärmusik Westafrikas sucht, aber nicht so recht weiß, wo er anfangen soll, dem sei dieser Sampler des Frankfurter Network Labels ans Herz gelegt. Zwei randvolle CDs im hochformatigen Digipack, bei dem allein schon das Cover herzallerliebst ist, mit ausführlichen Linernotes geben einen ausgiebigen Einblick in die Popmusik Westafrikas der 70er und frühen 80er Jahre. Die Reise geht dabei durch Länder wie Senegal, Guinea, Mali, Togo, die Elfenbeinküste und den Tschad. Ja richtig, der Tschad, ein Land, das man nicht gerade mit großer Musikkultur in Verbindung bringt und Maitre Gazonga ist auch tatsächlich der einzige Musiker, der über die Grenzen seines Heimatlandes hinaus bekannt ist. Sein ‚Les jaloux saboteurs‘ war in ganz Afrika ein Riesenhit, sollte jedoch auch sein einziger bleiben. Produziert wurde es in Abidjan, was dank seiner Highlife-Rhythmen nicht weiter verwundert. Es finden sich hier aber auch frühe Aufnhamen von Youssou N’Dour mit seiner Band Etoile de Dakar, der quasi nebenbei den Mbalax entdeckt, den senegalesichen Rhythm’n’blues mit seinen schnellen Läufen auf der Talking Drum.
    Die politische und zugleich partymäßige Stimmung der einzelnen Beiträge resultiert aus der damaligen Aufbruchstimmung und den Anfängen der Unabhängigkeit der Länder. So wird auch ausführlich die staatliche Unterstützung der Poplultur in den damals sozialistischen Staaten Mali und Guinea dokumentiert. So ist die Rail Band aus Bamako, gegründet vom malischen Informationsministerium, aus der später die Ambassadeurs International hervorgingen und die Brutstätte für Salif Keita und Mory Kanté und andere war, genauso verteten, wie das legendäre Bembeya Jazz National aus Guinea. Von Keita und Kanté gibt es hier zwar keine Solobeiträge, dafür aber von einem anderen Mitglied der Rail Band, nämlich Ousmane Kouyaté mit dem wunderschönen ‚Beni Haminanko‘.
    Selbst die Südafrikanerin Miriam Makeba ist hier verteten, was man zunächst sicher nicht vermuten würde. Aber zu dieser Zeit lebte sie im Exil in Guinea, da man ihr aufgrund ihrer Beliebtheit in ihrem Heimatland den Pass abgenommen hatte.
    Einer der interessantesten Beiträge auf dieser Kompilation liefert die Guelewar Band of Banjul aus Gambia. In ihrem Stück ‚Warteef Jiggeen‘ kombinieren sie traditionelle Rhythmen mit typisch europäischen Prog Elementen inklusive schrägem Gebläse und Synthesizer Solo. Da das Ganze natürlich bei weitem nicht die Perfektion bekannter Vertreter des Prog Genres erreicht, kann man sich dem Charme dieser Aufnahme, dem Aufeinanderprallen zweier musikalischer Welten kaum entziehen. Es zeigt aber auch die Vielfalt westafrikanischer Musik, in der hier und da auch afrokaribische Einflüsse zu hören sind, wie z.B. in der Ballade ‚Paulette‘ von Balla es ses Balladins oder dem Beitrag des Orchstra Baobab aus Senegal.
    ‚Golden Afrique‘ ist eine in jeder Hinsicht überzeugende Veröffentlichung, bei der sowohl Einsteiger als auch Kenner voll auf ihre Kosten kommen dürften, da hier nicht nur Klassiker sondern auch einige Raritäten verteten sind.

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #4628439  | PERMALINK

    dagobert

    Registriert seit: 09.07.2002

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    ist das hier der richtige ort, um über das für und wider des begriffs „weltmusik“ zu reden? ich kann beileibe nichts daran finden, weshalb man ihm immer(!) in befolgschaft des zusatz „obwohl ich den begriff ja nicht mag“ begegnen muss.

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    #4628441  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

    Registriert seit: 10.07.2002

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    dagobertist das hier der richtige ort, um über das für und wider des begriffs „weltmusik“ zu reden? ich kann beileibe nichts daran finden, weshalb man ihm immer(!) in befolgschaft des zusatz „obwohl ich den begriff ja nicht mag“ begegnen muss.

    Ist wohl ein Reflex. Auf der einen Seite weiß dann jeder was gemeint ist, aber andererseits passen Begriff und das was damit gemeint ist meiner Meinung nach nicht zusammen. Über den Begriff wurde hier glaube ich sogar schon mal diskutiert, eine neue Diskussion darüber zu beginnen war und ist nicht meine Absicht.

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
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