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AutorBeiträge
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Woche 20
THE MAGNETIC FIELDS
„I“17. MAI 2004
The Magnetic Fields das ist im Prinzip nur einer: Stephin Merrit. Er hat sich der hohen Kunst des Songwritings verschrieben. Nach der 3-CD-Box: „69 Love Songs“ ist jetzt sein neustes Album erschienen. Es heißt: „I“.
Der etwas kauzige Songwriter hat dem ZÜNDFUNK von seiner musikalischen Sozialisation erzählt:
Merrit: Meine Mutter hörte sehr viel Folk und frühen Rock. Prägender für mich war jedoch Musik, die ich als Teenager gar nicht besonders mochte: Theatermusik und vor allem Musik mit guten Texten. Früher mochte ich Psychedelic Rock und Musik, die überhaupt keine Texte hatte. Heute bin ich aber der totale Klassizist: Alles soll sich reimen, ich will eine intelligente Geschichte erzählen oder erzählt bekommen.
Im Pop geht es nicht um gute Texte. Texte sind wichtig, wenn man Musik für die Bühne schreibt. Mein Problem besteht darin, dass meine Lieblingsmusik vor 75 Jahren für die Bühne geschrieben wurde. Ich messe meine Arbeit an diesen Standards. Ich jedenfalls höre mir gerne gute Texte an. Vielleicht sollten es die Leute einfach wagen, gute Texte zu schreiben anstatt „uuh aah, uuh aah, gettin' hot now“.
Das komplette Interview mit Stephin Merrit am Mittwoch den 19. Mai 2004 im Zündfunk. 19.00-20.30 Uhr, Bayern2Radio
http://www.houseoftomorrow.com/tmf.php
http://www.wea.de/artist/index.html?dest=h…1815/artist_bio--
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WerbungKann mir jemand das Interview aufzeichnen? Wäre sehr nett.
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Es gibt eine Live-Stream. Reicht Dir das ?
Ansonsten von meiner Seite aus nur mit einer 20% Wahrscheinlichkeit.
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Originally posted by dougsahm@17 May 2004, 23:22
Es gibt eine Live-Stream. Reicht Dir das ?Ansonsten von meiner Seite aus nur mit einer 20% Wahrscheinlichkeit.
An diesem Abend muss ich leider arbeiten. Wäre klasse wenn du es mir aufzeichnen könntest.
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Woche 21
MORRISSEY
„You are the Quarry“24. MAI 2004
„Ladendiebe der Welt, vereinigt Euch!“ – „Shoplifters of the world, unite“,“Meat is murder“ und „Hang the DJ“ – das waren drei der bekanntesten Parolen der Smiths aus Manchester. In den späten 80ern waren sie DIE Band aus Großbritannien. Dann war Schluss, und Sänger Morrissey jammerte alleine weiter über den Zustand der Welt und seines Lebens.
Und jetzt gilt: „Das Großmaul schlägt wieder zu“, „Bigmouth strikes again“. Nach nicht weniger als 7 Jahren Pause ist jetzt Mr. Stephen Morrissey, genannt Morrissey, wieder mit einer neuen Platte am Start – die große alte Dame des melancholischen Britpop. Die Texte gewohnt zynisch und melancholisch, die Musik etwas gewöhnungsbedürftig. Am Samstag ist der große Meister 45 geworden und hat sich bei einem Auftritt in der alten Heimat Manchster von 10.000 Fans feiern lassen.
Ausschnitte aus einem Interview mit Morrissey:
„Ich war hier auf der Erde, bin rumgezogen, war sehr beschäftigt und habe keine Platte gemacht. Ich bin rumgezogen, hatte fantastische Nächte in Toronto. Aber sieben Jahre ohne Album und ohne Label. Ich denke, die Musikindustrie hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Da gabs einen offensichtlichen Sprung, hin zu verfügbaren Talenten, und die Plattenfirmen sahen keinen Anlass zu vertuschen, dass sie schnelles Geld mit schnellen Künstlern machen wollten. Und verblüffenderweise gehörte ich nicht zu diesen Künstlern.
Viele Leute erwarten, dass ich für immer der magere 22-Jährige bleibe. Aber ich bin gar nicht so. Natürlich war das meine ursprüngliche Identität, als ich bei den Smiths anfing. Und das bleibt dann bei vielen so hängen. Das ist okay für mich, weil ich glaube, dass die meisten Popstars überhaupt keine Identität haben. Die sind 30 Jahre berühmt und haben immer noch nichts zu sagen. Du kannst dich an keine einzige ordentliche Aussage erinnern, oder an ein gutes Buch, das sie dir empfehlen könnten. Gottseidank habe ich eine Identität, wenn es auch eine verschrobene sein mag.“
http://www.morrisseymusic.com/
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Wird ja auch Zeit, dass diese Platte hier im Forum mal Beachtung findet.
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Originally posted by Herbert@26 May 2004, 13:48
Wird ja auch Zeit, dass diese Platte hier im Forum mal Beachtung findet.Gehört aber eigentlich in den Bereich: Geheimtipps und Verkannte.
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Captain Beefheart to audience: Is everyone feeling all right? Audience: Yeahhhhh!!! awright...!!! Captain Beefheart: That's not a soulful question, that's a medical question. It's too hot in here.Mensch beatlebert und Herbum, Ihr seid aber auch Ironieoten.
Das ist doch nicht auf meinen Mist gewachsen. Bin doch nur der 12. Apostel, der niederschreibt.
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Aber mal ehrlich: werden die Redakteure für so was bezahlt (mir geht es nicht um die Auswahl der CD): zwei dürftige selbst geschriebene Absätze, die man wohl per copy&paste-Prinzip auf die Schnelle aus dem Netz gefischt hat und dann noch ein Morrissey-Statement hintendrauf. Das war´s. Das kann doch nicht deren Ernst sein?! Öffentlich-rechtliche Arbeitsmoral?
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What's a sweetheart like me doing in a dump like this?Originally posted by wa@27 May 2004, 01:05
Aber mal ehrlich: werden die Redakteure für so was bezahlt (mir geht es nicht um die Auswahl der CD): zwei dürftige selbst geschriebene Absätze, die man wohl per copy&paste-Prinzip auf die Schnelle aus dem Netz gefischt hat und dann noch ein Morrissey-Statement hintendrauf. Das war´s. Das kann doch nicht deren Ernst sein?! Öffentlich-rechtliche Arbeitsmoral?korrekt
Mit dem Text gehts natürlich nur darum nach „oben“ zeitnahe und aktuelle Präsenz in den neuen Medien belegen zu können.
Dem Senderintendant
ist sonstiges unbekannt--
Woche 22
MISS KITTIN
„I Com“VON ANGIE PORTMANN
01. JUNI 2004
Störrische Beats sind wir von Miss Kittin gewohnt – jetzt gibt es von dem Berliner Glamour-Girl, das eigentlich aus Grenoble stammt, endlich ihr erstes richtiges Solo-Album. Dabei ist „I Com“ gar nicht so solo entstanden. Sondern die kollabo-erprobte Caroline Hervé, die ja schon mit Felix Da Housecat, Golden Boy, Sven Väth und T. Raumschmiere zusammengearbeitet hat, hat zum einen auf ihren alten Mitstreiter The Hacker zurückgegriffen und ansonsten Tobi Neumann und Thies „Ich tanz auf jeder Party“ Mynther die Beats programmieren lassen. Und was für Beats, da wird gebrazt, geschaffelt, gehouset und sich von all dem aber auch immer wieder ausgiebig erholt.
Dann legt Miss Kittin die schönen Beine hoch und croont einsam vor sich hin, wie im Falle von „3eme sexe“, im Original von der 80er Jahre-Band Indochine.
Dabei bleibt Miss Kittin immer angenehm selbstironisch, ihre Position als nächtliches Golden Girl mit Popstar-Status ist eines ihrer Lieblingsthemen und „I Com“ unser Lieblingsalbum:
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Woche 23
SONIC YOUTH
„Sonic Nurse“VON MARKUS KÖBNIK
07. JUNI 2004
Die New Yorker Avantgardemaschine läuft noch.
Und im Alter rollen die Zahnräder vielleicht geschmierter als zuvor. Sonic Youth gehen mittlerweile auf die 50 zu, klingen aber auf ihrem nunmehr neunzehnten Album „Sonic Nurse“so weit wie noch nie.Der sanfte Lärm liegt hier im Detail.
Alles scheint auf dieser Platte von einem hauchdünnen glänzenden Kokon umgarnt zu sein: Die Instrumente krachen, aber gedämpft und eher zwischen den Zeilen, als mit einem großen schweren Ausrufezeichen.Sonic Youth finden zu sich und bringen das Wesentliche auf den Punkt. Hooklines bleiben auch ohne große Feedback-Gewitter hängen, Gitarrensoli erfüllen ihre konservative Daseinsberechtigung und ein warmes, weiches Gefühl hält alles zusammen.
Die zerbrechlichen Melodien und Arrangements stehen breitbeinig und kompakt und die Stimme von Kim Gordon kann vor allem eines: Überzeugen.
Sonic Youth beweisen, dass Innovationen aus dem Big Apple nicht unbedingt von all den „The-Bands“ kommen müssen. Dafür sind wir ihnen dankbar und werfen einige Münzen in die Maschine.
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Die Instrumente krachen, aber gedämpft und eher zwischen den Zeilen, als mit einem großen schweren Ausrufezeichen.
Schön beschrieben.
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Woche 24
BEASTIE BOYS
„To The 5 Boroughs“VON REINHARD RÖDE
14. JUNI 2004
„Back to the roots“ scheint das Motto der Beastie Boys zu sein. Ihr erstes Album seit sechs Jahren klingt, als ob die drei Jungs mit den grauen Schläfen, alle ja schon um die 40, nochmal zurück in den Mutterleib des HipHop wollen. Mit Battle-Reimen, mit Sampler-Trash, mit den simplen Drumsounds und Scratches der 80er. „To The 5 Boroughs“ ist der Name des Longplayers – eine Hommage an die fünf Stadtbezirke New Yorks, in denen, klaro, früher alles besser war.
Glaubt es den Beastie Boys, sie sind da aufgewachsen. Und sie haben da schon Alben wie „Paul's Boutique“ aufgenommen, vor 15 Jahren, die wie das Original zum Abziehbild wirken, das viele weiße Rapper sich danach aufklebten. „Pauls Boutique“ ist auch das Album, das vielen sofort einfällt, wenn sie den Beastie-Boys-Sound des Jahres 2004 hören. Schon allein der Texte wegen, die man sich als Mikrofon-Bube halt so zusammendichtet. 2004 oder 1989.
„Rock shocking the mic as many times times the times tables –
Rock well to tell dispel all of the old fables –
I've been dropping the new science and kicking the new knowledge –
An M.C. to a degree that you can't get in college“„Now my name is AdRock I've got a story to tell – When I rock the crowd the crowd we all yell –
And when I get the felling I feel the feel swell –
And when I start to rhyme I rhyme the rhyme well“Der erste Vers stammt aus „Pauls Boutique“, der zweite aus „To The 5 Boroughs“. Dazwischen liegen 15 Jahre, in denen die Beasties zweifellos eine politische Band geworden sind – Adam Yauchs Engagement für die „Free Tibet“-Bewegung zum Beispiel ist bestens bekannt, und Hiebe gegen George W. Bush dürfen natürlich auch nicht fehlen auf einem ernsthaften HipHop-Album der Jetztzeit. Aber die Herren Yauch, Diamond und Horovitz sind trotzdem noch immer B-Boys mit Hosentaschen voll Klamauk, sind noch immer Typen, die ständig davon reden, wie derbe sie welche Party gerockt haben.
Das New York, an das sich die Beasties gerne erinnern, ist eine Strichzeichnung, zu finden auf dem Plattencover: Manhattans Skyline in schwarzer Tusche und mit zwei kerngesunden World-Trade-Center-Türmen, der Bandname gesetzt in einer 80er Jahre-Schriftart, die nach Miami Vice schmeckt, nach mintfarbenen Tops und nach Nietengürteln (vielleicht denen aus Paul's Boutique). Speziell in New York schmeckt diese Zeit zum Beispiel auch nach graffiti-überladenen Subways und nach Haue, die man sich in vielen Ecken der Stadt abholen kann. Auf Track Nummer 12, „An Open Letter to NYC“, erklären die Beasties, wie sie ihre Stadt noch heute gern sehen:
„We're doing fine and the one and nine line –
On the L we're doing swell –
On the number ten bus we fight and fuss –
Cause we're thorough in the boroughs and thats a must –
… Dear New York, this is a love letter –
To you and how you brought us together –
We can't say enough about all you do –
Cause in the city we're ourselves and electric too.“Natürlich geht es den ergrauten Meistern des weißen HipHop nicht bloß um Retro-Kuschelei. Zur FAZ sagte Adam Yauch: „Die Zeiten sind so, daß man an Politik nicht vorbeikommt. Wir haben etwa ein halbes Jahr nach 9/11 mit der Arbeit an diesem Album angefangen. Auf dem Weg ins Studio passierten wir Soldaten in voller Kampfmontur, mit Helm und Maschinengewehr, Militärfahrzeuge patrouillierten durch die Straßen.“ Dieses New York schmeckt nicht mehr so lecker und so electric wie 1989.
Die neue Platte der Beastie Boys ist eine Voice-Mail aus einer Zeit, die viele von uns nur noch aus der Ferne kennen. Hier kommt sie zurück: gut produziert, hellwach und mit den selben dicken Skills erzählt wie immer. Heute war alles besser.
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(Hab mir die Kritiken immer gerne durchgelesen und auch immer wieder auf der Homepage gestöbert, deswegen wag' ich es einfach mal…
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Woche 35
THE GOOD LIFE
„Album of the Year“VON RALF SUMMER
23. AUGUST 2004
Mit diesem Album, das Tim Kasher übrigens als Tagebuch eines Jahres konzipiert hat, läuft The Good Life Gefahr, Kashers anderen Projekten, namentlich Cursive, den Rang abzulaufen.
Die Melodien sind samtweich, die Texte lakonisch und lyrisch pointiert. Zum Beispiel die maßgeblichen Zeilen im Eröffnungstrack:“The first time that I met her, I was throwing up in the ladies room stoned“ und „The last time that I saw her, she was flicking through which records were hers“. Auf „Inmates“, einem wundervoll folkigen Zehnminüter, gibt Kasher das Mikro auch mal an Bandkollegin Stefanie Drootin ab. Manchmal wird es orchestral pompös, so wie man es auch von Bright Eyes kennt. Letztere, oder besser gesagt Conor Oberst, und Tim Kasher sind übrigens gute Freunde.
Wir merken uns einmal mehr den Labelnamen Saddle Creek Records als Qualitätszeichen für neue eindringliche, amerikanische Bands mit Gitarre und Herz am richtigen Fleck.
Dass die Platte fast ausschließlich von dem Themenkreis „Verlassen und verlassen werden“ handelt, stört nicht. Jeder Song hier verfolgt einen Plan: 1. Man verläßt 2. Man wird verlassen oder 3. Man verläßt, um nicht verlassen zu werden. Ein einfaches Manifest und eine klasse Platte. Traurigkeit kann mit The Good Life so schön sein.
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