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Woche 24
BEASTIE BOYS
„To The 5 Boroughs“
VON REINHARD RÖDE
14. JUNI 2004
„Back to the roots“ scheint das Motto der Beastie Boys zu sein. Ihr erstes Album seit sechs Jahren klingt, als ob die drei Jungs mit den grauen Schläfen, alle ja schon um die 40, nochmal zurück in den Mutterleib des HipHop wollen. Mit Battle-Reimen, mit Sampler-Trash, mit den simplen Drumsounds und Scratches der 80er. „To The 5 Boroughs“ ist der Name des Longplayers – eine Hommage an die fünf Stadtbezirke New Yorks, in denen, klaro, früher alles besser war.
Glaubt es den Beastie Boys, sie sind da aufgewachsen. Und sie haben da schon Alben wie „Paul's Boutique“ aufgenommen, vor 15 Jahren, die wie das Original zum Abziehbild wirken, das viele weiße Rapper sich danach aufklebten. „Pauls Boutique“ ist auch das Album, das vielen sofort einfällt, wenn sie den Beastie-Boys-Sound des Jahres 2004 hören. Schon allein der Texte wegen, die man sich als Mikrofon-Bube halt so zusammendichtet. 2004 oder 1989.
„Rock shocking the mic as many times times the times tables –
Rock well to tell dispel all of the old fables –
I've been dropping the new science and kicking the new knowledge –
An M.C. to a degree that you can't get in college“
„Now my name is AdRock I've got a story to tell – When I rock the crowd the crowd we all yell –
And when I get the felling I feel the feel swell –
And when I start to rhyme I rhyme the rhyme well“
Der erste Vers stammt aus „Pauls Boutique“, der zweite aus „To The 5 Boroughs“. Dazwischen liegen 15 Jahre, in denen die Beasties zweifellos eine politische Band geworden sind – Adam Yauchs Engagement für die „Free Tibet“-Bewegung zum Beispiel ist bestens bekannt, und Hiebe gegen George W. Bush dürfen natürlich auch nicht fehlen auf einem ernsthaften HipHop-Album der Jetztzeit. Aber die Herren Yauch, Diamond und Horovitz sind trotzdem noch immer B-Boys mit Hosentaschen voll Klamauk, sind noch immer Typen, die ständig davon reden, wie derbe sie welche Party gerockt haben.
Das New York, an das sich die Beasties gerne erinnern, ist eine Strichzeichnung, zu finden auf dem Plattencover: Manhattans Skyline in schwarzer Tusche und mit zwei kerngesunden World-Trade-Center-Türmen, der Bandname gesetzt in einer 80er Jahre-Schriftart, die nach Miami Vice schmeckt, nach mintfarbenen Tops und nach Nietengürteln (vielleicht denen aus Paul's Boutique). Speziell in New York schmeckt diese Zeit zum Beispiel auch nach graffiti-überladenen Subways und nach Haue, die man sich in vielen Ecken der Stadt abholen kann. Auf Track Nummer 12, „An Open Letter to NYC“, erklären die Beasties, wie sie ihre Stadt noch heute gern sehen:
„We're doing fine and the one and nine line –
On the L we're doing swell –
On the number ten bus we fight and fuss –
Cause we're thorough in the boroughs and thats a must –
… Dear New York, this is a love letter –
To you and how you brought us together –
We can't say enough about all you do –
Cause in the city we're ourselves and electric too.“
Natürlich geht es den ergrauten Meistern des weißen HipHop nicht bloß um Retro-Kuschelei. Zur FAZ sagte Adam Yauch: „Die Zeiten sind so, daß man an Politik nicht vorbeikommt. Wir haben etwa ein halbes Jahr nach 9/11 mit der Arbeit an diesem Album angefangen. Auf dem Weg ins Studio passierten wir Soldaten in voller Kampfmontur, mit Helm und Maschinengewehr, Militärfahrzeuge patrouillierten durch die Straßen.“ Dieses New York schmeckt nicht mehr so lecker und so electric wie 1989.
Die neue Platte der Beastie Boys ist eine Voice-Mail aus einer Zeit, die viele von uns nur noch aus der Ferne kennen. Hier kommt sie zurück: gut produziert, hellwach und mit den selben dicken Skills erzählt wie immer. Heute war alles besser.
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