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Writ in Barracks (1900)
keine dt. Ausgabe
Nun zur für mich bislang problematischsten Lektüre dieses Threads:
Als ich noch zur Schule ging, bestaunte man meine breitgefächerten Interessen in, speziell für die klassische Schulbildung, absolut irrelevanten Künsten ebenso sehr, wie man sich über mein allumfassendes Unvermögen im Bereich der Lyrik köstlich amüsierte; meine Versuche Klassiker der Dichtkunst einigermaßen koheränt vorzutragen waren berüchtigt, meine Unfähigkeit auch nur ein simples Elfchen zu verfassen legendär. Überspitzt ausgedrückt: In einem Blindtest würde ich vermutlich einen echten Heine und Schmierereien auf einer Scheißhaustür nicht auseinander halten können, wäre plötzlich hilflos wie ein Kind.
Und so, ohne Qualitätsansprüche jedweder Natur, ging ich dann auch an Wallaces, als miserable verschriene, Poesie heran. Geschrieben hat er sie noch einige Jahre vor seinem ersten Romanerfolg, als junger Soldat im zweiten Burenkrieg, wenig überraschend handeln alle Gedichte von diesem Dasein. Recht kritisch gibt er sich da hin und wieder, greift Gedanken auf, die in den späteren Afrikaromanen erst nach und nach auftauchen sollten. „The King of Ojee-Mojee“ wirft einen ironischen Blick auf die Außenpolitik des Empires
For the King wot reigned afore ’im
Was an ’eathen nigger thief.
So we sent a missionary,
For to teach ’im our belief.
(To prevent misunderstandin’s, an’ avoid unpleasant scenes.
We likewise sent an ’Otchkiss, an’ a ’undred red marines.)
, „War“
A tent, with a table athwart,
A table that’s laid out for one;
A waterproof cover – and nought
But the limp, mangled work of a gun.A bottle that’s stuck by the pole,
A guttering dip in it’s neck;
The flickering light of a soul
On the wondering eyes of The Wreck,And it’s War
„Orderly, hold his hand.
I’m not going to hurt you,
So don’t be afraid.
A ricochet!
God! What a mess it has made!“
And it’s War! and a very unhealthy trade.
und „Cease Fire“
Among the huddled fallen men
I picked a way across the plain.
I got a dozen yards, an’ then
Came back for fear I’d turn my brain…
The mangled horrors of the slain!
O Christ! I can’t go there again!
nehmen Abschied von den Aussparungen über die unangenehmsten Seiten des Krieges, die hier ansonsten vorherrschen.
Einige Gedichte scheinen besonders stark biographisch geprägt, „The Prayer“ bspw., das von einem Soldaten handelt, der im Angesicht des drohenden Gefechtes um Gottes Beistand bittet und sich für seinen früheren Spott über den Glauben zu schämen beginnt, gleichzeitig aber nie müde wird, seinen Kampfesgeist zu betonen
O God of Battles!
Lord of Might!
Keep me, tomorrow, in Your sight! –
For ’ave I erred an’ strayed.
I’ve flaunted You,
with gibe an’ sneer,
At ’ome, with chums to laugh and cheer,
But now, I am alone out ’ere!But still I ain’t afraid!
– später bricht er dann ein
If I must die –
O ’elp me to!
In that last moment,
see me through –My God! I am afraid!
, so wie Wallace, der als Atheist nach Afrika kam sich dort aber, wie seine Autobiographie und einige andere Werke durchblicken lassen, mindestens einen großen Respekt und einen gewisse nostalgische Wärme für Religiosität erwarb.
Am häufigsten steht allerdings der zum Krieg herangezogene kleine „Tommy“ im Vordergrund – ob auf Grund funktionalen Analphabetismus freudig zum Kampf verpflichtet, als Kanonenfutter verheizt oder für zaghaft ungebührliches Verhalten hart bestraft, es bleibt ihm wahrlich nichts erspart.
In seinen besten Momenten wird also auch hier jene, fast spitzbübische, Subversivität gewahrt, die Wallaces Romane auszeichnet (bzw. später auszeichnen sollte) und in einigen der deskriptiveren Abschnitten merkt man deutlich, warum er seinerzeit ein gern gelesener Journalist war. Der dominant auftauchende Cockneyslang stiftet Authentizität, weist einen schlichten Menschen („einen von uns“) als Urheber aus; eine geschickte Täuschung, war Wallace doch alles, nur nicht simpel gestrickt. Weiterführend fallen mir zur Form der Lyrik, erwartungsgemäß, nicht mal einige hübsche Allgemeinplätze ein; ein Verdikt spare ich mir und lasse die, aus eben diesem Grunde, umfangreichen Zitate für sich sprechen.
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We are all failures, at least the best of us are.