Startseite › Foren › Das Radio-Forum › StoneFM › 08.10.2016: Last Minute Special 6 | Damaged Goods › Antwort auf: 08.10.2016: Last Minute Special 6 | Damaged Goods
Buzzcocks
Ever Fallen in Love (With Someone You Shouldn’t’ve)?
Singles Going Steady
Compilation, 1979 (Erstveröffentlichung 1978)

[Pete] Shelleys Stimme allein bildete bereits den ersten Kontrastpunkt zu den meisten anderen Punkbands. Sie klang eher verletzlich als angreifend, doch implizierten seine Songs, dass beides nur unterschiedliche Seiten derselben Medaille seien. Frustration und Unangepasstheit blieben auch dem Pop-Punk der Buzzcocks als kreative Triebfeder erhalten, führten aber zu anderen Ergebnissen. Anhand kleiner persönlicher Dramen näherten sich ihre Songs ganz existenziellen Problemen. Shelley schrieb zum einen wortgewandte, pessimistische Texte aus der Sicht introvertierter Außenseiter, denen der Spagat zwischen Herz und Hirn nicht gelingen möchte, doch ließ er sie auch die Umstände ihrer Situationen hinterfragen oder direkt mit ihnen kämpfen. In „Ever Fallen in Love (With Someone You Shouldn’t’ve)?“ etwa, dem größten Hit der Band, wird der Love Interest vorgeworfen, die „natural emotions“ des Erzählers zu stören, die folglich im Konflikt stehen mit seinen tatsächlichen Emotionen. Die Beziehung ist zum scheitern verurteilt, „unless we realize that we are the same”. Nicht davon, das gleiche zu fühlen, ist die Rede, sondern davon, das gleiche zu sein. Hier wird nach sexueller Identität gefragt und damit öffnet sich das Fenster für sexuelle Ambiguität, die dann auch erklärt, warum von natürlichen Gefühlen die Rede ist, die durch das Liebesverhältnis – vermeintlich – gefährdet würden. „Ever Fallen in Love“ ist also nicht einfach nur ein Song über unerwiderte Liebe. Es geht auch um repressive Erwartungshaltungen, entstanden durch gesellschaftlichen Normativismus.
(Jan-Niklas Jäger)
--