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RALPH ALESSI
3. Scratch (Ralph Alessi)
Ralph Alessi (t), Gary Versace (p), Drew Gress (b), Nasheet Waits (d)
Rainbow Studio, Oslo, September 2014
von: Quiver (ECM, CD, 2016)
Das nächste Stück stammt aus einer anderen Zeit und aus einer anderen Welt – ECM, fast ein halbes Jahrhundert später. Doch Nasheet Waits Schlagzeug und Drew Gress’ tieftöniger, ebenso gefühlter wie gehörter Bass sorgen für einen zurückhaltenden aber erdigen Funk-Groove. Darüber streut Gary Versace am Klavier offene Akkorde, die durchaus an Miles Davis’ „second quintet“ erinnern (bei Gress’ Spiel hier scheint mir auch der damalige Ron Carter nicht fern). Die Stimmung ist also vorgegeben, und natürlich kommt auch Ralph Alessi nicht darum herum, mit Miles verglichen zu werden. Doch interessanterweise erinnert mich sein Spiel viel eher an einen Label-Kollegen bei ECM, den polnischen Trompeten-Existentialisten Tomasz Stanko. Aber solche Vergleiche führen nicht weit, der Stop-and-Go-Groove der Rhythmusgruppe und überhaupt Nasheet Waits phantastisches Spiel sorgen dafür, dass dieses Stück ganz und gar nicht nach diesen möglichen Vorbildern klingt, sondern in Sachen Hipness im Hier und Jetzt ganz vorne mithalten kann. Alessis verletzliches Spiel entwickelt dabei eine Schärfe und Kraft, in der die eigene Blösse transzendiert wird und etwas viel Grösseres entsteht. Und all dies geschieht ganz unprätentiös und mit einem tollen Flow – eines der schönsten Jazz-Alben des Jahres, keine Frage!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba