Antwort auf: Top 20 des deutschen Films

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nick-longhetti

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Nick Longhetti Zu meinen Nummern eins und zwei morgen früh gerne mehr, Mikko – bin auf dem Sprung!

 

Besser spät als nie:
„St. Pauli zwischen Nacht und Morgen“ ist die melancholischste Gangsterballade, die das deutsche Kino je gesehen hat und für mich im Grunde auch der schönste Noir französischer Machart. Das mit José Bénazéraf kein heimischer Regisseur am Hebel saß, sieht man an allen Ecken und Enden; „St. Pauli“ wirkt im Grunde wie die nihilistische, tieftraurige Version von Ernst Hofbauers feinem „Schwarzer Markt der Liebe“, der ein Jahr zuvor ebenfalls für Erwin C. Dietrichs „Urania-Film“ entstanden war – beide Filme münden sogar in einer ähnlichen großen Drogenfete, hier allerdings gänzlich frei von jeglicher Wertung und schon mehr im Jenseitigen verortet, bei Hofbauer noch etwas moralisch aufgeladener und lebendiger. Rolf Eden als verlebter Gangster ist riesig und seine Todesszene, die es in dieser Form selbst bei den waghalsigsten bundesrepublikanischen Regisseuren wohl nicht gegeben hätte, ist für mich – neben Helga Sommerfelds Tod in „Die schwarzen Adler von Santa Fe“ – die überraschendste, bewegendste, ja auch „schönste“ des gesamten deutschen Kinos.

Zu „Berlin Chamissoplatz“ haben hier schon viele sehr viel interessantere Texte geschrieben; mir imponiert stets aufs Neue die Geschlossenheit und Ruhe, die der Film ausstrahlt. Dass er einfach endet, die Liebesgeschichte nicht zwanghaft zu Ende erzählen will, das steht so vollkommen konträr zu fast allem, was in der deutschen Filmerzählung, speziell auch zur Zeit des Neuen Deutschen Films, üblich war und bis heute immer noch ist. Ansonsten gibt es kaum etwas aufregenderes als Hanns Zischler beim Klavierspielen und Sprühen von Liebesbotschaften zuzusehen, manchmal muss eben gar nicht viel passieren, um mich glücklich zu machen. Und der lange tracking shot (war doch so, oder trügt mich die Erinnerung?), in dem Sabine Bach mit ihrer Schwangerschaft ringt, ist so viel mehr wert als hundert Seiten Dialog.

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We are all failures, at least the best of us are.