Antwort auf: 04.08.2016: My Life 55 | Unerhört | gypsy goes jazz 36

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DENNY ZEITLIN
3. Mirage (Part 1 & Part 2) (Denny Zeitlin)

Denny Zeitlin (p), Charlie Haden (b), Jerry Granelli (d)
Columbia Studio A, Los Angeles, California, 16. April 1966
von: Zeitgeist (Columbia; CD: Mosaic Select – The Columbia Studio Trio Sessions, Mosaic, 3 CD)

Den Pianisten Denny Zeitlin kennt bis heute auch manch eingefleischter Jazzfan nicht einmal dem Namen nach. Doch seine frühen Aufnahmen aus der zweiten Hälfte der Sechziger präsentieren einen frischen und überaus interessanten Ansatz, der Einflüsse von Bill Evans bis hin zu Ornette Coleman zusammenführte und daraus eine sehr persönliche Mischung schuf. Aus Chicago stammend ging Zeitlin 1960 nach Baltimore an die Johns Hopkins Universität und suchte – wie schon davor am College – nach Möglichkeiten, nebenher Jazz zu spielen. So traf er u.a. auf Gary Bartz, Billy Hart und Grachan Moncur III. Für Zeitlin war die Musik immer ein Ausgleich für sein anderes Interesse, das der Medizin, der Psychiatrie gilt. 1963 kam er für ein zehnwöchiges Fellowship nach New York und traf dort auf George Russell – eine prägende Begegnung.

Bald wurde John Hammond von Columbia Records auf den jungen Pianisten aufmerksam, doch Zeitlin hatte überhaupt keinen Ehrgeiz, als Musiker Aufnahmen zu machen. Als Sideman wirkte er schliesslich beim exzellenten (und derzeit wieder erhältlichen) Album „Flute Fever“ des kürzlich verstorbenen Flötisten Jeremy Steig mit, es folgte „Cathexis“, sein eigenes Debut-Album (mit Cecil McBee und Freddie Waits), auf dem er auch erstmals seine eigenen Stücke vorstellte. Er besuchte mit seiner Platte im Gepäck Bill Evans (der in einem Blindfold-Test für Down Beat sein Spiel gelobt hatte) und dieser ermutigte ihn, „to ‚keep doing my own thing’“ (Zeitlin, aus dem Mosaic-Booklet).

Doch kurze Zeit später ging Zeitlin an die Westküste, begann ein Praktikum am San Francisco General Hospital, ohne je mit seinem Trio auf Tour gehen zu können. Schliesslich gelang es Zeitlin, trotz des hektischen Spital-Alltags ein neues Trio mit Jerry Granelli und Charlie Haden zu starten, das jeden Montag im Trident in Sausalito spielte. Auf seinem dritten Studio-Album (nach „Carnival“ und „Live at the Trident“) ist die lange Eigenkomposition „Trident“ zu hören, in der nicht nur Zeitlin sondern auch Charlie Haden glänzt. Granelli beweist derweil sein gutes Gespür für Dynamik und Timing, erweist sich als idealer, kompositorisch denkender Begleiter an Trommeln und Becken.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba