Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

#9909099  | PERMALINK

friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

Beiträge: 5,429

gypsy tail wind
Ein gewisser Zwiespalt öffnet sich bei mir da ja schon … ich habe die Alben bis zu „The Rising“ da, mag aber auch v.a. die frühen (bis und mit „The River“) und dann wieder „Nebraska“, von den späteren kenne ich aber bisher nur „Tom Joad“ einigermassen gut (ich war damals auf dem Gymnasium und eine liebe Kollegin etc. – aber damals empfand ich Springsteen noch als sowas wie einen Arme-Leute-Dylan-Abklatsch) … wenn ich neulich irgendwo las, dass Van Morrison über Springsteens Stage Act empört gewesen sei, weil er von ihm geklaut habe, dann öffnen sich da Abgründe, über die ich gar nicht erst nachdenken möchte, bei allem Respekt für Morrison, aber den Soul und den Gospel und den Jazz und den Blues hat er nun nicht gerade im Alleingang erfunden … und davon ist dann eben auch bei Springsteen etwas … „41 Shots“ und dann irgendwelche Trucker-Idyllen (klar mögen die gebrochen sein usw., mir ist auch klar, dass „Born in the USA“ keine Jubelhymne auf Trumps „great again“ ist) direkt daneben, das ist schon irgendwie hart, und wenn er sich dann ein paar Songs danach wieder an Otis Redding abarbeitet und die mächtige E Street Band ihren stampfende Adaption des Memphis Soul zum besten gibt … klar, das ist die grosse Show und es macht auch mächtig Spass, aber die kritischen Gedanken zogen mir diesmal (im Gegensatz zu 2012) schon während dem Konzert manchmal durch den Kopf.
Aber das gehört nicht wirklich hierhin, Pardon.

Ja, gehört eigentlich in einen anderen Thread.

Springsteen ist sowas von amerikanisch, dass er für Europäer sicher nur schwer ganz zu verstehen ist. Da ist der Patriotismus, die blue collar Mentalität, der Amerikanische Traum aber gleichzeitig ja auch die Reflexion darüber. Born In The USA beschreibt ja gerade das Scheitern an diesen Idealen, aber auch das Sich-immer-wieder-daran-abarbeiten. Das ist sein Thema! Nebraska: Großartig, aber eigentlich singt er da von seiner Verzweiflung an Amerika. Bei den ersten drei Alben herrschte noch Optimismus … Ich deutete es ja an: Ich denke Springsteen und Trump sind vermutlich natürliche Feinde.

Und dass Springsteens große Vorbilder u.a. Dylan und Morrison sind, spricht er ja selber offen aus. So what? Auch die hatten Vorbilder, von denen sie schamlos abgekupfert haben. Gerade Dylan und Morrison sind ja auch romantische Helden für ihn, die aus den anscheinend vorgegebenen Lebenswegen ausbrachen und den Weg in eine anderes Leben zeigten. „Elvis freed the body, Dylan freed the mind.“ sagte er in seiner R’n’R of Fame-Rede über Bob Dylan.

zuletzt geändert von friedrich

--

“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)