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@napoleon-dynamite: So, nun aber…
Nein, die Bells haben mich eigentlich nur einmal vollkommen begeistert, nämlich auf dem zweiten „Carbeth“-Track. „I Took To You“ pendelte so herrlich zwischen lieblich und verschroben-schwungvoll, mit der ellenlangen Melodie auf der rauschhaften Zielgerade. Die LPs fand ich zunehmend umständlicher und schwerfälliger, aber nie so lau, dass ich beim Hören allzu oft kopfschüttelnd dagesessen hätte. „The Sovereign Self“ hatte etwas mehr Energie und auf einem Track erinnerte mich die Musik sogar an etwas aus „The Man Who Sold The World“, was mir spontan imponierte. „Wide Majestic Aire“ ist wieder frei von Prog-Ballast, friedlicher und hübsch gesungen. Was mir momentan sehr gut gefällt und mit kleinem back to form-Bonus auf knappe * * * * hinausläuft.
Doch, verglichen mit den ersten drei Tindersticks-Alben, ist die Band seit „The Something Rain“ wirklich schwach. Aber eben nur relativ schwach. Ich hatte neulich im „Roots“-Thread etwas unbedacht irreführend geschrieben, dass ich „Across Six Leap Years“ „obsolet“ fände und sie mit * * * bewerten würde. Natürlich steht * * * für „gut“, weil die größtenteils wunderbaren Songs natürlich nicht entstellt wurden, aber die Arrangements zu adrett, zu solide ausgefallen sind. Was ihnen die magischen Qualitäten der Original-Versionen nimmt: kein Risiko, keine Überwältigung, so geht’s mir grob vereinfacht mit den Tindersticks. Und daher war „Across Six Leap Years“ halt „verzichtbar“ (oder „obsolet“).
Und damit zum Dilemma von „The Something Rain“ und „The Waiting Room“: Was will Stuart? Gutbürgerliche Nachdenklichkeit via Kunstlied-Häppchen servieren? Wo ist die schäbige Verdorbenheit, die Schwarzhumorigkeit, der unheilbare, untröstliche Liebeskummer mit den unsterblichen Romantizismen („Buried Bones“! „Bathtime“! „Rented Rooms“!)?
Mittlerweile kommt es mir so vor, als wäre Stuart verzweifelt, weil er das Bedeutungsschwangere in seine Songs pressen muss, da sich die künstlerische Relevanz nicht mehr von selbst einzustellen vermag.
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