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07. Sanders of the River (1911), Afrika-Romane #1
dt. Ausgabe „Unter Buschniggern“ erstmals 1929 bei Deutsche Buch-Gemeinschaft, Berlin; später als „Sanders vom Strom“
Das erste Frühwerk in diesem Thread und wegen den zuletzt positiven Erfahrungen mit der Zeichnung nicht-weißer Charaktere ein erneuter Versuch an einem der Afrika-Romane.
Und Überraschung: Lässt Wallace nie einen Zweifel an der Richtigkeit der Kolonialisierung, gehen die bisweilen herben Rassismen doch eher auf das Konto unserer Hauptfigur. Und als Studie eines (zumindest oberflächlich) hartherzigen District Commissioners ist diese Kurzgeschichtensammlung dann auch ziemlich interessant. Wenn Sanders nicht gerade aufrührerische Schwarze aufknüpfen lässt – und das tut er wahrlich nicht selten – weint er sich heimlich in seiner Hütte in den Schlaf, wie es ein echter Mann eben so tut. Und während er weißen Reisenden immer mit größtem Respekt begegnet ist sein Umgang selbst mit den freundlichsten schwarzen Figuren meist abstoßend.
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir eine Episode mit einem schwarzen Missionar, in der, der Abneigung des Commissioners gegenüber Religion zum Trotz, mehr als deutlich wird, dass sich ein europäischer Missionar diesen Ton nicht hätte anhören müssen; aber Wallace sagt es ja schon selbst: „The missionary was a good man, though of the wrong colour.“.
Später zerstampft er die zarte Zuneigung seines Assistenten zu einer Eingeborenen brutal, aber was soll man von einem Mann der folgendermaßen eingeführt wird auch anderes erwarten:
„When he saw a dead leaf on the plant of civilization, he plucked it off, or a weed growing with his ‚flowers‘ he pulled it up, not stopping to consider the weed’s equal right to life.“
Immerhin ist er nicht ganz so ignorant wie die meisten anderen Briten, die hier und da auftauchen, misst die Menschen letztendlich doch mehr an ihren Taten als an seiner priviligierten Lebenswirklichkeit.
Abgesehen von der durchgängigen Beschäftigung mit unserem „Helden“ ist das Buch allerdings besonders in der ersten Hälfte etwas unverbindlich und anekdotenhaft, die Geschichten der zweiten Hälfte stehen zwar auch nicht in einem größeren Zusammenhang, sind aber schlicht packender. Generell ist Wallace hier am besten, wenn er sich von den Kolonialkonflikten entfernt und ins Mystische übergeht. Hier versteht dann auch der omnipotente Sanders nicht alles, Teile der ihm fremden Welt werden ihm auch in Zukunft für immer verschlossen bleiben. Und die schönste der 14 Geschichten handelt ganz einfach von den Sehnsüchten eines aus England Geflohenen, der sich im, von unzähligen krankheitsübertragenden Insekten bevölkterten, „Forest of Happy Dreams“ seinen schönen Fieberträumen hingibt, denn mehr ist ihm vom Leben nicht geblieben.
Gut!
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We are all failures, at least the best of us are.