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„Hinter all diesen Fenstern“ ist ein sehr schönes Album geworden. Hier ein Ausriss aus meinem Review:
Tomte zeigen sich auf ihrem dritten Album deutlich gereift. Ihre kraftvoll melancholische Gitarrenmusik klingt wohl strukturiert und geht mehr in Richtung Pop als Rock. Dennoch lebt der Geist der Independent-Musik in den Songs weiter. Dazu präsentiert Thees Uhlmann in seinen Texten intime Gedanken zu Irrungen und Wirrungen des Lebens, zum Älterwerden, zur Liebe und zum Alltag. Dass dies nicht auf konventionelle Weise geschehen kann, sondern bisweilen in verklausulierter Form, die letztendlich nur der Autor zu 100% nachvollziehen kann, versteht man spätestens dann, wenn man weiß, wie Uhlmann an das Thema Songwriting herangeht: „Mich hat immer Musik beeindruckt, wenn sie schmerzhaft wird. Ich mache Musik und schreibe Texte immer noch aus einem Grund: Weil ich es ohne Texte schreiben einfach nicht aushalten würde. Es ist anstrengend, lebendig zu sein, schwierig, alles zu meistern. Und auf der Platte werden einfach die Probleme thematisiert, die ich erlebt habe.“
Einige schlaue Businesstypen haben dazu natürlich eine sehr spezielle Meinung und berichten, dass Tomte mit ihrem neuen Album so etwas wie die deutsche Antwort auf Coldplay und Travis seien. Das ist auf den ersten Blick vielleicht etwas weit hergeholt, aber bei herzzerreißenden Songs wie „Neulich als ich dachte“ oder atmosphärischen Hymnen wie „Von Gott verbrüht“, schwebt der Geist des BritPop so offenkundig über der Band, dass man in Anlehnung an einen alten Tocotronic-Song geneigt ist zu sagen „Wir sind hier nicht in Manchester, Thees!“ Doch auch wenn wir „nur“ in Hamburg sind, dem aktuellen Domizil von Tomte, haben die vier Jungs ein außergewöhnliches Stück Musik vorgelegt, das dem geneigten Hörer über einen langen Zeitraum Kurzweil bereiten wird. Das Album hat keinen einzigen Ausfall zu verzeichnen und bietet von der ersten bis zur letzten Minute Popmusik auf höchstem Niveau. Einzelne Songs herauszugreifen fällt da nicht gerade leicht. Jeder Track hat seine ganz speziellen Momente und Stimmungen. Sei es die forsche Singleauskopplung „Schreit den Namen meiner Mutter“, die Trennungsschmerz verarbeitende Ballade „Die Bastarde, die dich jetzt nach Hause bringen“, die sogar nicht traurig klingen mag, der abgefahrene Lobgesang auf des Deutschen liebsten Haustieres in „Endlich einmal“ oder das wunderbar zynische „Insecuritate“. Jeder Song auf „Hinter all diesen Fenstern“ ist großes Tennis und ein Paradebeispiel für intelligente Popmusik aus deutschen Landen. Mit diesem Album sollten sich Tomte endgültig als eigenständige Kraft auf dem deutschen Markt etablieren und langverdiente Chartsehren einheimsen.
Den kompletten Text findet ihr hier: