Re: Berlinale 2016

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sonic-juice
Moderator

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pinchDer Effekt ist derselbe: die Filmförderung hat keine Chance, Nischenproduktionen unter die Arme zu greifen, solange das Hauptaugenmerk auf Blockbuster ausgerichtet werden muss, um überhaupt Geld einzuspielen.

Nein, eigentlich ist wirklich genug Geld da und bei all den verschiedenen Fördertöpfen auf Bundes- und Landesebene sowie beim öffentlichen Rundfunk (ARTE, Kleines Fernsehspiel…) bleibt auch genug übrig für künstlerisch ambitionierte Werke, keiner dieser Förderer konzentriert sich ausschließlich auf Kommerz. Bei internationalen Koproduktionen mit deutscher Beteiligung wie „Bridge of Spies“, „Citizen Four“, „Only Lovers Left Alive“ oder „Mustang“ klappt es ja auch. Letztes Jahr kamen über 200 deutsche Filme ins Kino, die meisten davon waren low oder mid budget, darunter unzählige Nischenproduktionen, Spielfilme, Dokumentationen, Filmessays, auch Genre-Versuche, ohne nennenswerte Markterwartungen, aber leider auch allzu oft ohne künstlerische Relevanz. Die Blockbuster sind die einzigen, die überhaupt irgendwann ein wenig zurückzahlen können und wesentlich für den beachtlichen deutschen Marktanteil (im Rekordjahr 2015: 27,5 %) verantwortlich sind. Bei dem Geld, das die Fackjuhkükens regelmäßig in die Kinos, die Produktionsstandorte, Steuer- und Förderkassen spülen, ist ein gelegentlicher Flop insofern wirklich kein Drama.
Die Frage ist doch eher, ob es hier wirklich so viele tolle Drehbücher und Filmkonzepte gibt, die nur an der Finanzierung scheitern, und ob die komplizierte langwierige Fördersystematik möglicherweise dafür sorgt, dass gute Ideen am Ende nur noch halb so gut sind. Wenn man als Ausnahmetalent tatsächlich hier nichts auf die Beine stellt, könnte man sich schließlich auch in allen anderen EU-Staaten, auch den Film-Musterländern Frankreich, England oder Österreich, um Mittel bemühen, diese Töpfe sind alle EU-weit offen, solange man bestimmte inhaltliche oder standortbezogenen Kriterien erfüllt. Lars von Trier, Olivier Assayas und Michael Haneke kommen ja schließlich auch zum Dreh nach Deutschland, wenn das jeweilige Projekt das anbietet.

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