Re: Masabumi Kikuchi

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vorgarten

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die geschichte vom vorläufigen ende her. vielleicht ist der sentimentale blick etwas fehl am platz, denn hier wird zwar kikuchis letztes solo-recital dokumentiert (26.10.2012, tokyo bunka kaikan recital hall), aber er hat danach ja weiter gespielt und auch aufgenommen (irgendwo stand auch, dass weiteres auf ecm erscheinen soll, wo man offensichtlich erst spät auf kikuchi gestoßen ist).

zu hören sind neun völlig frei improvisierte stücke zwischen 4 und 8 minuten, zwischendrin der „manha de carnaval“ und am ende (als zugabe?) „little abi“. die originalität der kikuchischen spielweise ist dermaßen offensichtlich, das man als laie gar nicht erst den versuch unternehmen mag, zu analysieren, was genau er da macht. verblüffend ist die völlige dramaturgische sicherheit im spiel, nichts scheint da gesucht oder verlaufen, es ist gespielt wie gedruckt. in den erratischen schnellen stücken werden mühelos einzelne töne herausmoduliert, die miteinander eine beziehung eingehen, obwohl einiges dazwischenliegt – die ruhigen oder sich in die stille hineinarbeitenden stücke sind dagegen unmittelbar ergreifend – vor allem in ihrem nicht-enden-wollen. immer wieder rettet sie kikuchi vor dem verklingen, indem er nochmal ansetzt, nochmal einen ausweg anbietet, vielleicht ist es das, was das ganze so berührend macht, die inhärente weigerung des verstummens. aber irritierend ist auch, wie wenig kikuchi hier vokalisiert – da wiederum verstummt tatsächlich etwas.

das titelstück, schon auf der AFTER HOURS völlig neu definiert, entwickelt sich hier in etwas, auf das noch nicht mal satie gekommen wäre. ein mysterium entsteht, einfach nur dadurch, dass da was ist und nicht nichts. danach geht tatsächlich nur gilberto, der vorgegeben hat, wie man durch bossa nova in trance fällt. kikuchi hat es verstanden.

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