Re: AnnenMayKantereit

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irrlicht
Nihil

Registriert seit: 08.07.2007

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LattenschussPlötzlich habe ich morgens im Auto „Oft gefragt“ gehört. Der zweite Gedanke ging sofort in Richtung Rio.

Warum? Kann ich nicht genau sagen.

Das liegt doch nahe – weil es erstaunlich viele Parallelen gibt. Die drei schreiben keine Songs, die besonders viel Wert auf intellektuelle Finesse legen, auf hochtrabende Sprache, doppelte Böden oder Wortkreationen – in der Regel berühren Ihre Songs aber genau dadurch unheimlich stark. Interessant ist ja, dass May auch textlich ähnlichen Linien folgt wie einst Rio, „starke“, teils „alte“, aber verbindende, zeitlose Wörter nutzt (Liebe, Zuhause, Wiedersehen und ähnliches), es stets klar ist, dass diese Songs nicht Kopfgeburten sind, sondern zwischen Wohnblocks, Himmel und Fernweh entstehen. Und dann gibt es eben noch die absolute Direktheit der Wörter, Sätze, die jeder spürt und versteht und kennt.

Ich will nicht jeden Morgen von neuem
Letzte Nacht bereuen
Ich würd viel lieber jeden Morgen von neuem
Von dir träumen

In „Oft gefragt“ ist der Abschluss für mich zudem eine klare, fast unüberhörbare Widmung („Ich hab keine Heimat, ich hab nur dich/Du bist Zu Hause für immer und mich“). Und dann gibt es auch noch die Musik: Akkordeon, Mundharmonika, Kontrabass, dazu Giarren und Schlagzeug und Mays enorm tiefe, verrauchte und auf seltsame Weise schmerzlich klingende Stimme, die mitunter fast an Tom Waits erinnert. Wunderbares Trio jedenfalls.

Das ist jedenfalls einer der schönsten Songs der letzten Jahre.

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Hold on Magnolia to that great highway moon