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wahrEs wird auch in Zukunft immer wieder jemand Motherfucker rufen, denn jede Generation hat ihre Motherfucker-Rufer und Schwanz- und Vagina-Attrappen-Performances. Die gab es auch schon vor deiner Zeit und vor meiner Zeit. Und in jeder dieser Zeiten in der Vergangenheit und in der Zukunft werden sie berechtigt sein für die jeweilige Generation, denn jede Generation erfindet die Motherfucker ganz alleine für sich selbst, in ihrer jeweiligen künstlerischen Sprache und Ausprägung. Sie benötigt keine Alten, die ihnen vormachen, das hätte es alles schon gegeben und wäre langweilig. Denn vor den Alten gab es noch Ältere, die ebenfalls das alles schon mal erlebt haben. Keine Generation hat ein Copyright auf Motherfucker. Also sollten die Alten einfach in der Hinsicht mal die Klappe halten und daran denken, wie es war, als man selber für sich die Motherfucker entdeckt hat. Damals hat man sich auch nicht mit altem Kram abgegeben, sondern es musste die eigene Generation sein, die „Motherfucker!“ ausrief, als wäre es das erste Mal. So wird es immer sein.
Ja, jede Generation hat ihre Pipi-Kacka- oder Hitlerbärtchen-Provokateure. Aber, sorry, die fand ich schon damals in der Schule albern und öde. Für mich reicht es einfach nicht aus, einfach nur eine Provokation zu versuchen und im vollbesetzen Kölner Dom Scheiße zu rufen. Ich mag eher subtilere Provokationen.
Ist doch aber schön, wenn es dir gefällt. So kannst du dann weiter in deiner Klischee-Welt wandern, in der die jungen Kids immer voll die Vagina-Revoluzzer sind und die Alten reaktionäre Idioten. Wenn man in diesen Schablonen denkt, ist alles schön geordnet – und das Leben geht einfacher von der Hand. Sobald sich ein junger Mensch zum x-ten Mal als Vagia verkleidet, ist das dann ein revolutionärer Motherfucker-Moment, der nicht kritisiert werden darf. Tut man es doch, weil man die Idee einfach schon immer albern fand, ist man dann halt ein reaktionäres Arschloch. Man, so eine Schwarz-Weiß-Welt ist echt geil.
Elmo ZillerSo sollte es immer sein. Hier ist allerdings auch ein Treffpunkt der Leute, die nie „Motherfucker“ gebrüllt haben. Oder gar verstört auf das Brüllen der eigenen Generation reagieren…
Es gibt natürlich auch immer Leute die sofort strammstehen, wenn gebrüllt wird. Keine Ahnung, was jetzt besser ist…
Brüllen regt mich jedenfalls selten zum Nachdenken und verändern der gesellschaftlichen Umstände an. Aber, stimmt ja, hatte ich vergessen:
IrrlichtNachdenken ist unlängst pseudo und antiquiert.
Man lässt sich lieber anbrüllen.
Und mir geht es auch nicht um „früher war allles motherfuckiger als heute“. Es geht mir nur darum, dass ich in Miley Cyrus nicht die revolutionäre Küstlerin sehe, als die sie hier von manchen abgefeiert wird. Das ist alles. Jeder hat für die jeweiligen Ansichten seine „Argumente“ – und die „die Wahrheit“ steht dann eh auf einem ganz anderen Blatt. Niemand von uns hier weiß, warum Miley das alles so macht, wie sie es macht. Napo wählt halt den soziologischen Ansatz und sieht in der Performance eine neuen Speerspitze des Feminismus, andere wählen eher einen psychologischen Ansatz und sehen in der Performance eher den verzweifelten Versuch einer jungen Frau, sich aus ihrem goldenen Käfig zu befreien. Keine Ahnung, ob es ihr nun um einen gesellschaftlichen Motherfucker-Moment geht (und ob die „junge Geeration“ ihr überhaupt noch genug Interesse entgegenbringt, damit so ein Moment eine Wirkung zeigt) oder ob ihr ein Therapeut einfach zu diesen Maßnahmen geraten hat – mich langweilt die Art und Weise der versuchten Provokation einfach. Wenn es anderen gefällt… schön. Aber bitte nicht aus der eigenen Meinung irgendwelche kruden Theorien ableiten. Die Wahrheit ist ein pfadloses Land.
Und: Was sagt das eigentlich über „die Alten“ aus, die sich immer wieder neu an den Motherfuckigkeiten der jüngeren Generationen ergötzen? Wollen sie Dorian Gray sein? Hatten sie nie selbst einen Mothherfucker-Moment und sehen das Abfeiern jeden dieser Momente als Motherfucker-Masturbation? Frageb über Fragen. Aber, und da sind wir uns ja wenigstens fast alle einig, das alles ist immerhin noch viel viel besser als die neue Platte von Keith Richards…
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