Re: The Libertines – Anthems For Doomed Youth

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captain-kidd

Registriert seit: 06.11.2002

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Mein Eindruck mittlerweile: Ein fantastisches Album. Ein durch und durch sentimentales Dokument des Überlebens. Egal, aus welchen Gründen die beiden wieder auf der Bühne stehen und die Platte gemacht haben – zusammen schaffen sie einfach große Kunst.

Ich bin ja etwas später auf „Up the bracket“ aufgesprungen, aber dann wurde es schnell zu meiner (wie sagte es jemand über das Debüt von Nas) musikalischen DNA. Die Libertines waren damals die einzige Rockband für mich. Den anderen einfach in allem voraus: Bessere Songs, bessere Melodien, bessere Frisuren, wilder, spielerischer – you name it. Der Zweitling war dann der erwartbare Knaller und danach implodierte die Band. Die Soloprojekte interessierten mich überhaupt nicht (hielt sie auch für sehr sehr schwach) – und irgendwann nervte mich Pete Junkerty nur noch.

Der erste Durchgang des neuen Albums war dann auch mehr als gemischt. Es klang in allen Belangen zu glatt. Doch dann hat es Zoom gemacht. Natürlich klingt es nicht so wie die anderen Alben – weil es halt auch andere Typen sind. Das Album ist wie ein Spiegel. Man ist eben selbst auch nicht mehr der postadoleszente Nihilist, man trägt Verantwortung für „more than one life“, die Endlichkeit der Dinge wird greifbarer, man hat Verluste erlitten. Und diese Platte spiegelt das alles – und hat verdammt nochmal geile Melodien. Und deshalb muss die Produktion auch so sein, wie sie ist. Etwas glatter, etwas bombastischer – aber hinter jedem Hallraum, hinter jedem Lalala wird ein Abgrund sichtbar. Und es ist eine zutiefst traurige Platte. Aber auch eine hoffnungsvolle. Weil man überlebt hat. Weil man nicht dead for love ist. Weil das Leben eben wirklich manchmal ganz handsome sein und hinter einer doomed youth ein Hallelujah Day warten kann.

Und jeder weiß hier, ich liebe Dän, aber der Artikel oben ist absoluter Unsinn. Doherty ist kein Rock-Beamter. Doherty ist ein Überlebender, ein Flüchtling seiner Vergangenheit. Schon die Grundthese ist falsch und unfair: Da wird den Libertines quasi etwas vogeworfen, was allein auf dem Mist der Lügenpresse, Lügenpresse gewachsen ist: An der Rettung des Rock gescheitert zu sein (by the way, was gibt es rock’n’rolligeres als Scheitern?). Das wollten die nie und werden es nie wollen. Rock ist ihre küntslerische Ausdrucksform. Mehr nicht. Weniger nicht. Rock kann nicht dein Leben retten – oder zumindest dich vor der Spießigkeit. Das musst du selbst tun. Das haben die Libertines verstanden. Dän leider nicht.

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