Startseite › Foren › Die Tonträger: Aktuell und Antiquariat › Aktuelle Platten › Namika – Nador (24.07.15) › Re: Namika – Nador (24.07.15)
Ich konnte das Album bislang nur zweimal hören – aber bin leider ziemlich ernüchtert. Die ersten drei Vorabtracks sind weiterhin Highlights, „Wenn sie kommen“ nach meinem Dafürhalten weiterhin eine der besten Aufnahmen des Jahres. Ich mag die Thematiken, ich mag Namikas Identitätssuche und ihr Gespür schmerzvollen und komplexen Dingen einfache Worte zu geben, die dennoch Gewicht haben. Ich finde ihre Variation zwischen Rap- und Gesangsstimme sehr angenehm (eigen) und unverfremdet und die Produktionen der Beatgees sind weitestgehend gelungen. Zuletzt haben sie Fabian Römers Album perfektioniert, der hier bei fast allen Lyrics auch als Co-Autor genannt ist. Das Problem: Genau da flacht „Nador“ teilweise ins Bodenlose und ich fürchte, das geht auf Namikas Kappe (Römers „Kalenderblätter“ ist textlich eines der besten deutschsprachigen Releases der letzten Jahre, finde ich). Es ist das Verhängnis, wenn schlichte Alltagsszenen auch noch schlicht geschildert sind – ohne Biss, Witz, ein paar Fetzen, die unerwartet sind oder auch nur einen roten Faden. In „90s kids“ wird die eigene Jugend besungen, in „Kompliziert“ die Tragik, wenn Männer und Frauen nicht die gleiche Sprache sprechen, in „Stoptaste“ soll man dem Alltag die Rasanz nehmen, in „Hellwach“ trampelt die Freude den Tag zur Nacht zu machen und „Egal“ beschreibt, wie man – obwohl einen Murphys Law verfolgt – trotzdem glücklich sein kann. Das ist nicht leblos und Namika hat kein schlechtes Album gemacht, aber mir ist das in der Summe letztlich zu banal und kalenderspruchartig und einige der Hooks sind in ihrer Plakativität wirklich an meiner Schmerzensgrenze. Mit Zeilen wie „Es is mir egal/Manchmal läufts nicht optimal/Nanananana“ oder „Du bist broke, doch reich an Liebe/wirst von Deinen Träumen angetrieben/Auch wenn es scheint als könnt ich fliegen/Im Grunde sind wir gar nicht so verschieden“ oder „Und alle 90s kids schreien mit: Was für eine schöne Zeit, was für eine schöne Zeit“ oder „Alles gut so, alles gut so, alles gut so wie es ist/Die Welt dreht sich und dreht sich, doch ich mach heut nicht mit“ kann man mich anno 2015 jedenfalls nicht mehr locken – mehr Zweckgereime geht fast nicht. „Und ich chill in meiner base“ ist zudem das definitive Unwort-Geslange des Jahres.
Dazu kommt das Problem, dass das Album eher wie ein Mixtape konzipiert ist – es entwickelt sich einfach kein Gesamtflow. Und zwischen schmissigen Tracks wie „Herzrasen“ und „Coole Katze“ eine ernste und traurige Aufnahme wie „Meine Schuld“ zu platzieren ist einfach unentschuldbar. Das wirkt wie blind zusammengewürfelt. Bei „Wenn sie kommen“ wiegt es ähnlich schwer. Echt schade.
Ich bin aber gespannt, was sparch, tina und andere dazu sagen.
--
Hold on Magnolia to that great highway moon