Re: Konsensspiel 2015 – Electricity

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brundlefly

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choosefruitEtwas hart formuliert, aber im Kern zutreffend. Und das Kauf-/Nutzungsverhalten hat sich wohl bis heute nicht großartig verändert, zumindest habe ich bisher auch die Erfahrung gemacht, dass jene Freunde/Bekannte, welche sich Techno/House auf 12″ gönnen, eben hauptsächlich auch als DJs unterwegs sind. Für die eigenen 4 Wände ist diese Richtung nur bedingt gedacht und entfaltet auch nicht ihre Wirkung, denn es ist Tanzmusik – Und dazu schrieb Jan Lustiger einen guten Beitrag. Hinzufügen möchte ich nur, dass vor allem in dieser Szene der Drogenkonsum eine große Rolle spielt und für viele die Musik erst durch die Einnahme bestimmter Substanzen richtig aufblüht und spürbar wird. Zudem hätte man sonst auch gar nicht die Energie, ein Wochenende durchzufeiern. Und „nüchtern“ betrachtet, kann diese Musik schon leicht deplaziert (?) wirken, wie hier auch gut nachzulesen ist.

Wirklich schöne und interessante Diskussion.

Jan LustigerRichtig, das meine ich auch mit „künstlich verlängert“. Bestimmte Drogen gehen eigentlich mit den allermeisten Subkulturen einher und selbst die prinzipielle Abstinenz der Straight-Edge-Bewegung ist ein Testament für diese Rolle, weil sie ein Statement gegen ihre Vorherrschaft ist. In der House- und Techno-Szene sind Drogen sogar noch essentieller, weil das (gemeinsame) Club-Erlebnis durch ihre euphorisierende Wirkung sowohl zwischenmenschlich als auch in der ästhetischen Wahrnehmung ungemein an Intensivität gewinnt und man außerdem, wie du es ja auch sagst, länger feiern kann. Dadurch erschließt sich einem m.E. auch erst das Repetitive an dieser Musik so richtig. Die Zeit, die zwischen den Rhythmuswechseln vergeht, kann nüchtern richtig lang wirken, nicht aber wenn man gerade auf MDMA voll im Beat aufgeht. Dann vergeht sie wie im Flug. (Und es heißt ja auch nicht umsonst Acid House.)

Das spielte natürlich eine Rolle für die gesamte experience. Selbst die Entwicklung der Produktionen hingen damit zusammen. In der Anfangsphase galt noch das Motto „höher, schneller, weiter“, was gut zum Konsum von Ecstasy, MDA und Speed passte (auch hier ist die Northern Soul-Analogie passend: zum mehrtägigen Durchtanzen brauchte man eben uppers). Vor einer Weile hörte ich auf einer Party „Feeling So Real“ von Moby und man wusste gar nicht mehr, wie man dazu tanzen soll, weil man das Tempo heute gar nicht mehr gewohnt ist. Sieht man von Psytrance/Goa ab, dominiert heute eher langsamerer und reduzierterer Sound, man nimmt nun eben lieber Ketamin und GHB/GBL und tanzt lieber auf Open Air-Afterhours als in abgeranzten Kellergemäuern.

Die Ironie der Geschichte ist, dass die Detroiter Techno-Urväter Drogen strikt ablehnten. Zur gleichen Zeit gab es in den Staaten ja eine Crack-Epidemie und daher wollte man damit von Vornherein nichts zu tun haben. In den Clubs in Detroit und Chicago wurde teilweise nicht mal Alkohol verkauft.

DemonHeute Abend auf Radio StoneFM; ich hab’s im (inoffiziellen) Vorprogramm des Sendeabends, also zwischen 19:41 und 20 Uhr, untergebracht. Einen Link kenne ich nicht, und ich wüsste sonst keine Möglichkeit, das schnell mal öffentlich und legal zu Gehör zu bringen.

PS: Also bitte nicht vorher ungehört kicken – danke! :-)

Danke für den Hinweis!

FriedrichEdit: Noch paradoxer ist, das Northern Soul ja eine historische Angelegenheit ist, die entsprechenden Allnighter wahrscheinlich nur noch als eine Art Retro-Veranstaltung für Nachgeborene oder Nostalgiker stattfinden und die seltenen 7″-Singles ansonsten bei arrivierten Mittelständlern als eine Art Reliquie im heimischen Regal stehen. Gibt es etwas spießigeres? ;-)

Das gibt es in Sachen Old School-Techno mittlerweile auch. Hier nennt sich eine Veranstaltung passenderweise auch „Betreutes Raven“.

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