Re: Konsensspiel 2015 – Electricity

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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wahrNö, also ich habe keine Probleme mit Musik ohne Songstruktur.

Das glaube ich Dir sofort. Du hast Dich ja auch nicht über „dieses Zeuchs“ beschwert.

wahrIch finde umgekehrt aber auch ein bisschen konservativ, Techno und House – diejenigen Bewegungen also, die sich im Allgemeinen in ihrer Personalisierung auf den DJ konzentrieren und das Audio-Werkzeug des DJ eher anonymisieren (Weißmuster, unüberschaubare Anzahl an Pseudonymen, Winzauflagen) – dann wieder in so einen Plattensammler-Kontext zu stellen, wo man ganz gemütlich die Platte aus dem Regal zieht und im Ohrensessel zehn Minuten Techno hört und eine chronologische, genrespezifische Plattenhistorie zelebriert.

Das stimmt, Inner City mogelten sich eigentlich über den Umweg, wieder mit Songs (und sogar Gesichtern!) zu arbeiten, in die Charts. Da könnte man auch wieder „Verrat“ schreien, aber so fundamentalistisch-ideologisch will ich nicht sein. Vor langer Zeit hatte ich für mich mal Theorie aufgestellt, dass bei House/Techno nur der unmittelbare Augenblick zählt, das Erlebnis hier und jetzt auf dem Dancefloor und dass es nichts uninteressanteres gibt als die Platte vom letzten Samstag. Es gibt auf dem Dancefloor keine Vergangenheit, es gibt nur eine berauschte Gegenwart und ein weiter-weiter-weiter. Es ist ein Paradoxon, dass aber auch House/Techno Klassiker entwickelt hat, die manch einer gern im Plattenregal stehen hat, die als Referenzen im eigenen Wertesystem herangezogen werden und die sogar Fetischcharakter entwickeln können. Man kann das konservativ nennen.

Ich selbst habe übrigens keine einzige Techno-12″. Aber ich empfinde einen gewissen Stolz sowas wie Acid Trax zumindest auf einer alten Compilation als Vinyl zu besitzen. So fetischistisch bin ich dann doch. ;-)

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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)