Re: Neil Young – The Monsanto Years

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neiliebly

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Eine durchwachsene Kritik von Sebastian Meißner (link) – ich könnte mir gut vorstellen, dass das Album genauso wirkt wie von Herrn Meißner beschrieben:

Tollkühne Kampfansage

Das Vorgehen von Monsanto ist skandalös: Mit Knebelverträgen und dubiosen Machenschaften will der Saatgut-Gigant das weltweite Monopol über die Lebensmittelherstellung erzwingen und den Markt mit konzerneigenen Gen-Produkten kontrollieren. Damit beschneidet das Unternehmen nicht nur die Freiheit der Bauern, sondern auch die Ernährungsgrundlagen der Menschheit. Während der Widerstand in Europa und Südamerika wächst, hat das Unternehmen in den USA längst die Zügel in der Hand. Die Gegenwehr ist gering. Zu viel Angst haben die Bauern. Denn wer sich den Interessen Monsantos in den Weg stellt, wird strafrechtlich verfolgt – und zur Zahlung empfindlicher Bußgelder verdonnert. Neil Young aber lässt sich nicht einschüchtern. Er setzt sich schon lange für die familiär geführten landwirtschaftlichen Betriebe in den USA ein. Als Mitorganisator und Stammgast des jährlich stattfindenden Benefiz-Konzerts „Farm Aid“ hilft er, Geld für die gleichnamige Organisation zu sammeln.

Auf seinem neuen Album „The Monsanto years“ ruft er nun in großem Stil zum Kampf gegen den Gen-Technik-Giganten auf. Anders als auf dem Vorgänger „Storytone“, auf welchem der Kanadier mit großem Orchester und noch größerer Geste eine bessere Welt herbeisehnte, wählt Young für die neue Platte eine kleinere Band und härtere Bandagen. Als Mitstreiter hat er diesmal Promise Of The Real aus Los Angeles gewonnen, die von den beiden Willie-Nelson-Söhnen Lukas und Micah angeführt werden. Die Band spielt schnörkellosen Garagen-Rock. Ungehobelte, verzerrte Gitarren und zarte Akustikgitarren-Momente samt Harp wechseln sich auf den neun neuen Songs ab.

Trotz der Frischzellenkur in Sachen Begleitband bleiben musikalische Überraschungen zunächst aus. Mit „A new day for love“ geht es verhalten los. Nur zaghaft stolpert die Band auf zur großen Missionierung. Auch „Wolf moon“ kommt komisch müde daher. Neils Stimme klingt gealtert. Erst zum Ende des Songs, wenn die Backings heulen wie Wölfe im Mondlicht, offenbart der Song seine Stärke. Beim dritten Track aber heißt es: durchatmen. „People want to hear“ ist textlich zwar einfach gestrickt, hat musikalisch aber ordentlich Zug und Dringlichkeit. Weitere Anspieltipps sind „Rules of change“ – ein Moll-Donnerwetter mit tollem Chorus – und „If I don’t know“ mit grandiosem Verzerrer-Solo.

Licht und Schatten wechseln sich regelmäßig ab auf „The Monsanto years“. Der absurdeste Song heißt „A rock star bucks a coffee shop“, ein Seitenhieb auf die Kaffeehaus-Kette, die gemeinsame Sache mit Monsanto macht. Neil Young pfeift eine liebliche Melodie, der Chor singt „Monsanto let our farmers grow what they wanna grow.“ So ehrenhaft das Ansinnen hier auch sein mag: Ernst nehmen kann man das nicht. Und so ist das neue Neil-Young-Album insgesamt ein eher mittelmäßiges geworden. Mehr als die Songs bleibt hoffentlich die Botschaft des mutigen Alt-Barden im Bewusstsein: Die Jahre von Monsanto müssen gezählt sein.

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