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Ein kleines aber feines Festival! Richtig open air ist allerdings nur die Bühne am Gasometer (was ja aber heute eh keinen mehr überrascht, denn „Festival“ steht eigentlich nur noch für mehrere aufeinanderfolgende Tage Live-Musik, der Rahmen ist mittlerweile eher nebensächlich geworden – was ich für gut halte). Hinten offen, seitlich und oben geschlossen ist die Giesshalle und die Kraftzentrale und Gebläsehalle sind komplett geschlossene Gebäude. Man kann also getrost auch bei schlechtem Wetter hinfahren. Gut zu wissen, habe mir nämlich in den letzten zwei Jahren einige Bands entgehenlassen, weil das Wetter so wechselhaft war. 2016 ist mir das Wetter wurscht.
Die Giesshalle und die Gebläsehalle liegen direkt nebeneinander, so haben wir dann beim Warten, auf das Öffnen der Gebläsehalle fürs Benjamin Clementine Konzert, den Soundcheck von Balthazar gehört (da die Giesshalle ja hinten offen ist) und die ersten vier oder fünf Songs von Leslie Clio. Balthazar haben mir gut gefallen, es war zwar nur ein Song aber der wurde vorgetragen, als würde man vor wer weiß wem Wichtigen spielen. Werde ich mir auf ihrer nächsten Tour auf jeden Fall live ansehen! Leslie Clio war auch live nicht mein Ding, muss ja aber auch nicht.
Links und rechts der Eingangstür der Gebläsehalle waren A4 Blätter geklebt auf denen stand: “ Benjamin Clementine bittet seine Zuschauerinnen keine Fotos zu machen, ruhig zu sein und nur in den Pausen rumzulaufen.“ „Oje, oje, hoffentlich halten sie sich dran“, war mein Gedanke (hatte vorab noch im Netz gelesen, dass er wohl schon Konzerte abgebrochen hat, weil Fotos geschossen wurden).
Zu unserem großen Glück haben wir Plätze vorn in der vierten Reihe erhaschen können. Auf der Bühne stand ein Flügel, daran kein klassischer Klavierhocker, nein, sondern eine Art Barhocker plus ein Klavierhocker an dem ein Cello lehnte. Nach einer kleinen Ewigkeit war es dann so weit und Benjamin Clementine betrat die Bühne. Hochgewachsen, gefühlte 2 Meter, schlank, trug einen grauen Anzug, darunter oberkörper frei, barfuß, setzte sich an den Flügel und fing an zu spielen. Die ersten Stücke spielte er solo, erst nach dem dritten Song etwa kam die Cellistin hinzu. Aber Leute, seine Stimme ist sein eigentliches Instrument! Solch eine Stimme, solch einen Umgang mit ihr, habe ich in meinem Leben noch nie zuvor gehört. Unglaublich diese Stimme. Und so sauber und auf den Punkt gesungen (trotz der Nebelmaschine, die ich noch vergessen habe zu erwähnen, die ersthaft das gesamte Konzert hindurch Nebel in Richtung Sänger pustete). Ein sehr ruhiger und konzentrierter Mann, der sich einen kleinen Spaß drauß machte, bei seinen Ansagen zwischen den Songs, immer leiser und noch leiser zu werden, damit auch jeder wirklich an seinen Lippen hang. Höchst sympathisch. :) Was hat er gespielt? Das gesamte Debütalbum plus „I won’t complain“, „Mathematics“ und “ Edmonton“. Am Ende gab es standing ovation und viel Applaus. Kann sehr empfehlen, zu einem seiner Konzerte zu gehen.
Später ging es dann noch zum Brandt Brauer Frick Ensemble. Rhythmisch überwältigend (!), großes Kino, allerdings musste ich mich recht schnell dabei erwischen, dass ich mich jedes Mal wie ein Kind an Weihnachten freute, wenn die beiden Bläser ihren Einsatz hatten. Mir ist zum ersten Mal aufgefallen, wie wichtig mir live Melodien sind, die fehlten mir hier sehr oft…
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