Re: Helene Fischer

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bullschuetz

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Go1Ab Beitrag #58 gab’s einen radikalen Themenwechsel, mitten in der Diskussion; da bin ich kein Freund von.

Nichts gegen Adorno oder die anbetungswürdigen Schlagerpoeten hier im Forum, aber so geht’s mir ehrlich gesagt auch. Aber bevor ich mich ebenfalls verabschiede, mache ich einen letzten Versuch, auf dieses Thema zurückzukommen. Go1 schrieb:

Go1Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob der Verkaufszweck die künstlerische Produktion selbst bestimmt oder ob diese rein ästhetischen Kriterien folgt (und sich erst hinterher jemand um den Verkauf kümmert) […] Dass alle Künstler irgendetwas verkaufen müssen, um leben zu können, hat niemand bestritten; es geht darum, ob sie ihre Produktion dem „Erfolg“ unterordnen oder daran ausrichten. […] Im konkreten Fall Helene F. geht es darum, dass die beteiligten Profis ihr Geschick dazu einsetzen, aus bewährten Versatzstücken eine möglichst gängige Kulturware zu erzeugen.

Lathos Einwand war:

lathoWie willst du bestimmen, ob ein Track auf Verkauf hin produziert wurde oder irgendwelchen ästhetischen Überlegungen folgt? Das kannst du doch nur für dich selber festlegen, von „hinten“, vom fertigen Produkt her.

Das ist in der Tat insofern richtig, dass sich beim reinen Anhören nicht objektiv nachweisen lässt, wie sich das bei der Fischer verhält. Man kann allerdings zumindest versuchen, plausibel zu begründen, an welchen Aspekten der Musik und ihrer Präsentation man seinen Verdacht festmacht (Rossi und andere haben dazu auch schon nachvollziehbare und genaue Beobachtungen geliefert). Dankenswerterweise kommt bei Fischer noch folgendes hinzu: Es ist objektiv recht eindeutig belegt, dass ihre Hinwendung zum Schlager reines Marketing-Kalkül war, inspiriert von einem Manager, dem sie folgte, weil es ihr unter Businessgesichtspunkten offenbar einleuchtend erschien (selbst wenn sie erstmal heulen musste, weil sie nicht Celine Dion werden durfte).

Nail lehnte die Sicht von Go1 ebenfalls ab – Zitat:

nail75Dein Einwand „Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob der Verkaufszweck die künstlerische Produktion selbst bestimmt oder ob diese rein ästhetischen Kriterien folgt“ hört sich theoretisch gut an, arbeitet aber mit einer falschen Gegensätzlichkeit, die in der Praxis so nicht existiert.

Und da muss ich doch nochmal verschärft widersprechen: Papperlapapp, natürlich gibt es da Unterschiede! Die Grenzlinie verläuft zwar durchaus nicht immer trennscharf, bei vielen Künstlern durchkreuzen sich diese beiden widerstrebenden Antriebe – sich künstlerisch verwirklichen und markterfolgreich sein – auf vielfältige Weise (und „manchmal ist Popmusik genau deshalb so großartig: weil sie mitten in diesem Spannungsfeld entsteht zwischen der Produktion massenwirksamer Ware und dem Ausleben ästhetischen Eigenwillens“); aber das ändert doch nichts daran, dass es diese beiden Antriebe gibt, dass sie gegensätzlich sind und dass manche „Werke“ ziemlich kompromisslos dem einen Antrieb folgen (Brötzmann) und manche „Produkte“ ziemlich radikal dem anderen (Fischer) und viele Acts entweder eher dem einen oder eher dem anderen Prinzip zuneigen. Und erst recht ist es spannend, beim einzelnen Künstler (ich nenne bloß mal als Beispiel Bob Dylan, weil es da besonders interessant werden könnte) zu schauen, woran er sich in welcher Karrierephase eher orientierte und was dabei rauskam.

Nail75, sososo sehr gern würde ich mir erklären lassen, weshalb Du das nicht einsehen willst – ups, pardon: weshalb Du das anders siehst, wollte ich schreiben. Ich hoffe immer noch, dass Du mir dabei neue Perspektiven eröffnen kannst oder zumindest Ansatzpunkte, meinen Standpunkt nochmal zu überdenken. Ich habe hiermit aber das letzte Mal gefragt.

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