Re: Helene Fischer

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latho
No pretty face

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b-toneAm letzten Montag gab es genau dazu ein Gespräch auf Deutschlandradio mit Jens Balzer.

Sendung:

5.1.2015
15:30 Uhr
Tonart
Das Musikmagazin am Nachmittag
Moderation: Andreas Müller

Die Zukunft leuchtet!? Ausblick auf das Popjahr
Gespräch mit Jens Balzer, Pop-Kritiker

Nachhören in der Mediathek in der Sendung ab ca. 8:30 min.

Balzer schafft es ja nicht mal, über die Stones etwas Sinnvolles zu schreiben, wie dann über Uns‘ Helenchen? Da lobe ich mir doch:

Go1In der aktuellen Melodie und Rhythmus schreibt Moshe Zuckermann, Kunsttheoretiker und Vertreter der Kritischen Theorie, in seiner Kolumne über „Atemlos durch die Nacht“. Seinem Gesamturteil kann ich mich anschließen:

Gegen seine Behandlung des Songtexts habe ich aber einen Einwand:

Da möchte ich den Texter oder die Texterin doch ein wenig in Schutz nehmen: Ich glaube nicht, dass die lyrics hingeschwafelt sind; ich meine, da waren Profis am Werk, die wissen, was sie tun. Man greift in den großen Kasten mit den Klischees und demonstriert zugleich seine Distanz zu dem, was man da herauszieht: durch ein Paradox („Wir sind heute ewig„), durch Abschwächung („irgendwie unsterblich“) und durch die Schlüsselzeile „großes Kino für uns zwei“. Durch diese Distanzierung wird das Klischee konsumierbar – Kitsch geht besser runter, wenn man ihn ein bisschen verdünnt. Und zugleich ist sie inhaltlich interpretierbar: „Atemlos durch die Nacht“ besingt eine Stimmung, ein flüchtiges Gefühl, das ein Paar beim gemeinsamen Feiern vielleicht mal erleben kann. Wenn der „Film“ vorbei ist, wenn man also am nächsten Morgen verkatert aufwacht, wird man sich ganz anders fühlen; das weiß man auch, aber es ist egal, solange das Hochgefühl anhält. Diesen Song „angeheitert mitzuträllern“, ist seinem Inhalt angemessen. Die verlogene Zeile ist deshalb folgende: „Spür‘ was Liebe mit uns macht“. Um die Stimmung zu erzeugen, die hier de facto besungen wird, werden in der Regel auch Rauschmittel verwendet; Liebe allein reicht da nicht. Von Alkohol oder sonstigen Drogen ist aber nirgends die Rede und darf auch nicht die Rede sein, denn Helene Fischer macht „saubere Unterhaltung für die ganze Familie“.

Ich hätte ja mit Texten deinerseits zu vielen Themen gerechnet, aber Fischer wäre nicht dabei gewesen…

Ich habe es an anderer Stelle erwähnt: Ich habe Atemlos gehört und ich kann mich nicht daran erinnern und das, wo sich bei mir ständig irgendwelche Melodien nicht aus den Ohren entfernen lassen, neulich sogar das Horst-Wessel-Lied, ich habe keine Ahnung, wie das da rein gekommen ist (vielleicht die übermäßige Pegida-Berichterstattung?)
Fischer ist mir zu sehr Produkt und die ganze Aufbereitung ihrer Musik ist mir zu sehr Schlager: produktionstechnisch immer eine Dekade zurück, ja keine „Avantgarde“, lyrisch mit offensichtlicher Mühe so abgefeilt, dass jeder das Lied singen kann und sich – ziemlich sicher im Suff – darin wieder finden kann.

Ich gestehe aber, dass ich ihr Outfit hier heiß finde (Fischer rechts im Bild):

Ok, wie üblich im Schlager ist das der Stil „Nuttig aus dem Quelle-Katalog“, aber irgendwie…

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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.