Re: 01.01.2015 My Life 40 | Raw Air 82 | gypsy goes jazz 5

Startseite Foren Das Radio-Forum StoneFM 01.01.2015 My Life 40 | Raw Air 82 | gypsy goes jazz 5 Re: 01.01.2015 My Life 40 | Raw Air 82 | gypsy goes jazz 5

#9461063  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 69,529

JONES–SMITH INCORPORATED
10. Oh, Lady Be Good (George & Ira Gershwin) 3:05

Carl ‟Tatti” Smith (t), Lester Young (ts), Count Basie (p), Walter Page (b), Jo Jones (d)

Chicago, IL, 9. November 1936 (Vocalion)
von: Classic Columbia, OKeh and Vocalion Lester Young with Count Basie (1936–1940) (Mosaic, 4 CD, 2008)

Lester Young (1909–1959) war bereits 27 Jahre alt und konnte auf eine vielfältige Karriere zurückblicken, als er zum ersten Mal ein Aufnahmestudio betrat. Er hatte auf dem Tenorsaxophon einen ganz eigenen Stil entwickelt, der in mancher Hinsicht das pure Gegenteil von Coleman Hawkins, dem Übervater aller Tenorsaxophonisten, zu sein schien. Kostete dieser die Akkorde eines Stücks bis ins letzte Detail aus, in ebenmässiger, robuster Phrasierung, so schien Young die changes oft nur zu streifen, schwebte gleichsam über der Musik, spielte unregelmässige Phrasen – erreichte damit aber einen mitreissenden Swing, der Hawkins wiederum in nichts nachstand.

Eins der Stücke bei Youngs erster Aufnahmesession mit einer Combo um seinen Leader Count Basie, war „Lady Be Good“ von George Gershwin – und die zwei Chorusse (insgesamt 64 Takte) von Young gehören zum Kanon des Jazz-Saxophons. Das ganze Stück ist die schiere Perfektion. Der erste Chorus beginnt, als handle es sich um Klaviersolo – doch es ist Walter Pages Bass, der die wirklichen Anstösse gibt und Basie quasi zu seinem Begleiter macht. Dann steigt Young ein und Page spielt doppelt so viele Töne, während Basie von seinem sparsamen Modus in Viertel wechselt, wie sie auch ein Rhythmusgitarrist spielen könnte. Young konstruiert sein Solo ausgehend von den auf- und absteigenden Basslinien Pages. Das Solo selbst steckt voller oftmals sehr einfacher aber musikalisch genialer Einfälle. Unter dem Trompetensolo spielt Young lange Töne, einfache Linien, die eine Textur schaffen, die dem Stück einen besonderen Klang verleihen. Phantastisch auch, wie die Rhythmusgruppe vom Trompetensolo in den improvisierten Schluss übergeht, den Page mit einer absteigenden Basslinie einleitet.

Ethan Iverson (der Pianist von The Bad Plus, der auch einen grossartigen Blog führt) hat im Rahmen seiner grossangelegten Hommage an Young auch detailliert über „Lady Be Good“ geschrieben und die Soli zahlreicher Saxophonisten transkribiert (es gibt auch Hörbeispiele):
http://dothemath.typepad.com/dtm/2-oh-lady.html

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba