Re: Berlinale 2015

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napoleon-dynamite
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FriedrichEin anderes Thema ist, dass der Film echt schlechte Laune macht. Man kann wohl nicht erwarten, das Neurosen und Depressionen Spaß machen. Dennoch oder gerade deswegen hatte ich danach den Impuls, mir erst mal einen lustigen Trickfilm anzusehen. Leider war es dafür aber schon zu spät.

Neurosenschwanger oder gar deprimierend fand ich den Film nicht, dazu markiert er zu offen, dass die Art, wie die beiden Frauen miteinander umgehen, bei allem Konfliktpotenzial eben auch ein Spiel ist, das zwei spielen, die sich sehr lange und sehr intim kennen: Elisabeth Moss‘ melodramatische Überhöhungen von nichtigen Neckereien, die sie als weltumstürzerlische Kränkungen wahrnimmt oder reinszeniert, die durchlaufenden Akzentuierungen und Sinnverschiebungen durch Flashbacks, die man im ersten Moment nicht unbedingt immer als solche erkennt und die mal trockenhumoriger Kommentar sind, mal unterschiedliche Situationen miteinander vertrauter Personen zeitentbunden ineinander legen (wie man eben alles, was man erlebt, unterbewusst auch immer mit Erinnerungen an Ähnliches vermischt). Nach der Vorführung sprach Ross Perry über den Einfluss, den „Interiors“ und „Images“ auf seinen Film hatten – aber auch wenn die Bezüge in der Szenerie und Farbgebung sofort erkennbar sind, das Besondere an „Queen Of Earth“ ist doch, dass es im Gegensatz zu den beiden Filmen nicht um konkret benannte klinische Depression geht, sondern um ungemein kleinere, alltägliche Probleme: Warum ist man selbst seinen engsten Freunden gegenüber noch jemand wesentlich Anderes, als bei der Person, die man liebt? Und warum benimmt man sich so lächerlich und absurd, wenn dies mal offensichtlich wird?

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