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Nach der kargen Kost der letzten Tage habe ich gestern einen cineastischen Wellness-Tag mit zwei exzellenten US-Produktionen eingelegt:
54: The Director’s Cut (Mark Christopher)
Die Produktionsfirma Miramax hatte im Jahr 1998 nach desaströsen Testvorführungen gravierende Schnitte erzwungen und den Dreh weiterer Szenen angeordnet, die die Story über den legendären New Yorker Nachtclub deutlich familientauglicher, heterosexueller, zugänglicher (und stumpfer) machen sollten (mehr dazu in Variety). Ich kenne die entschärfte Kinoversion von 1998 nicht, aber bei der integralen Fassung, für die in akribischer Postproduktion 25 Minuten entfernt und 36 Minuten hinzugefügt wurden, dürfte es sich im Ergebnis um einen völlig anderen Film handeln. Aus heutiger Perspektive ist der düstere, drogenschwangerere und vor allem schwulere Director’s Cut immer noch recht leichtherzige und wenig explizite Kost, bereitet mit seiner ambivalenten Charakterzeichnung, schlüssigen Figurenentwicklung, moralischen Unbeschwertheit und mitreißenden Atmosphäre aber ein sinnliches Vergnügen, das den Verstand am nächsten Morgen nicht mit Kater straft. Herziger und weichzeichnender als „Saturday Night Fever“ und etwas formelhafter als Whit Stillmans Meistwerk „The Last Days of Disco“ aus dem gleichen Jahr, aber nahezu ebenso goldig. Komisch nur, dass das Tanzen selbst in der Inszenierung eine so untergeordnete Rolle spielt.
Im Anschluss gingen Regisseur und Team im „Südblock“ feiern, ich blieb aber zum Glück sitzen für…
Are You Here (Matthew Weiner)
…, der deutlich komödiantischer angelegt ist als Weiners „Mad Men“, sich andererseits auch nicht zu strikt an Genre-Konventionen hält. Owen Wilson als kiffender Wettermoderator ist zum Knuddeln, Laura Ramsey an seiner Seite allerdings noch mehr. Noch toller als der Film selbst war allerdings, dass sich kurz vor Vorstellungsbeginn Kiernan Shipka (Sally Draper) und ihre Mutter direkt neben mich setzten, da habe ich kurz mit der Ohnmacht gekämpft. Der Smalltalk mit der Mom über eine geeignete Mantelablage gab thematisch allerdings leider zu wenig her, um irgendwie elegant auf den Berlinale-Auftritt der Tochter in „One & Two“ überzuleiten, bevor der Vorhang sich öffnete.
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I like to move it, move it Ya like to (move it)