Re: "Handgemachte Musik" – Sinnvoller Begriff oder überholte Vorstellung?

Startseite Foren Kulturgut Das musikalische Philosophicum "Handgemachte Musik" – Sinnvoller Begriff oder überholte Vorstellung? Re: "Handgemachte Musik" – Sinnvoller Begriff oder überholte Vorstellung?

#9440899  | PERMALINK

Anonym
Inaktiv

Registriert seit: 01.01.1970

Beiträge: 0

Stormy Monday…Obwohl, anders als Hal das weiter oben schreibt, nicht Mitte/Ende der 70-er „handgemacht“ erstmals auftauchte. Ich kenne das eher viel später, mit dem Aufkommen von Elektronika. „Ruck Zuck“ von Kraftwerk wäre nicht so belabelt worden.

Nun ja, Satiriker Scheibner schrieb schon Mitte der 70er für das Geiger-Piano Duo Lonzo & Gottfried einen visionären Text („Hamburg 75“), in dem die beiden Sänger – in die Zukunft versetzt – als Bewohner eines Altenheims die gute alte Zeit der 70er abfeiern:
[INDENT]Hamburg ’75, Jungs war das gemütlich
Da schien noch ein richtiger Mond in der Nacht
Die Musik haben wir noch mit der Hand gemacht
So was gibt es heute nicht mehr

Reinhard Mey machte in den 80ern Ernst und setzte der „Steckdosenmusik“ der „wilden Rock’n’Roller“ die reine Lehre eines Liedermachers entgegen:
[INDENT]Da lob‘ ich mir ein Stück Musik von Hand gemacht,
Noch von einem richt‘gen Menschen mit dem Kopf erdacht,
‘ne Gitarre, die nur so wie ‘ne Gitarre klingt,
Und ‘ne Stimme, die sich anhört, als ob da jemand singt.
Halt ein Stück Musik aus Fleisch und Blut,
Meinetwegen auch mal mit ‘nem kleinen Fehler, das tut gut,
Das geht los und funktioniert immer und überall,
Auch am Ende der Welt, bei Nacht und Stromausfall!

Hier wie da wird „von Hand gemacht“ – wie fast immer – wertend benutzt. Warum auch nicht, wenn derjenige es genauso meint? Solange ich nach Kontext oder Gesprächspartner weiß, was gemeint sein könnte, hänge ich mich nicht lange an Begriffen auf, sondern an den vorhandenen oder nicht vorhandenen Argumenten oder Vorurteilen dahinter.

--