Re: "Handgemachte Musik" – Sinnvoller Begriff oder überholte Vorstellung?

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herr-rossi
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pumafreddyJa, ich betrachte Musik durchaus als Kunst. Wenn aber auf der Bühne nur Sänger und Tänzer zu sehen sind und die Instrumente (welche auch immer) hinter der Bühne (ab)gespielt werden, dann besteht die Kunst eben nur aus Singen und Tanzen und hat mit handgemacht nicht viel zu tun

Selbst wenn die Musik nicht live auf der Bühne reproduziert wird, sie ist ja nicht von Geisterhand entstanden oder vom Himmel gefallen. Wann immer Musik zu hören ist, haben Musiker sie erschaffen. Es bedeutet zudem nicht, dass die beteiligten Musiker es nicht können. Um bei den Pet Shop Boys zu bleiben: Chris Lowe spielt seine Keyboards live und Neil Tennant begleitet sich gelegentlich zu einzelnen Songs nur auf der Gitarre. Sie sind nunmal Musiker. Es geht bei ihren Shows allerdings nicht in erster Linie um das Nachspielen oder Neuinterpretieren von bereits aufgenommen Stücken, sondern um die Show. Das ist auch Kunst und ebensoviel/ebensowenig „ehrlich“ oder „unehrlich“ wie die Bemühungen der Bluesband im Irish Pub um die Ecke. Es gibt zudem andere elektronische Acts wie Depeche Mode oder Portishead (PS: ein Beispiel für Acts, die sowohl mit traditionellen Instrumenten wie mit Samples und elektronischen Sounds arbeiten), deren Konzerte sich nicht von Rockkonzerten unterscheiden.

Es gab mal eine Zeit, da galt manchen allein schon das elektrische Verstärken von Instrumenten als „unehrlich“ (der berühmte „Judas“-Vorwurf an Dylan, als er sich entschlossen hatte, „fucking loud“ zu spielen). Sieht heutzutage noch irgendjemand einen grundsätzlichen qualitativen Unterschied zwischen akustischer und elektrisch verstärkter Gitarrenmusik?

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