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Close to the edgeWenn das dann aber keiner kauft, war es seine letzte Platte. Die Kompromisse, die immer wieder gemacht werden, entstehen ja auch deshalb, weil der Künstler ein Stück weit seinen Weggefährten verpflichtet ist. Also Musiker, Management, Label, Konzertveranstalter. Naja, und den Fans natürlich auch.
Was bei HRK mitunter ärgerlich war, sind solche Kompromisse, bei denen man im Voraus schon erkennen konnte, dass sie auf einen Holzweg führen. Zu so Sachen wie Carmen Nebel, Kirchentagssong oder GP-Vorentscheid kannst Du einen Kunze nicht schicken. Jedenfalls nicht mit dem Ziel, dass er dort neue Freunde findet.
Carmen Nebel ist doch aber immer noch aktuell, oder?
Da halte ich es eher mit Berthold Seliger, dem Konzertagenten, der jüngst in einem Rundbrief die Schließung seiner Agentur ankündigte und das mit der Erkenntnis begründet, „dass das “Geschäft mit der Musik” sich im letzten Jahrzehnt massiv in die falsche Richtung entwickelt hat“. Was er damit meint, wird ein paar Zeilen weiter deutlich: „Wir sind nicht nur im Zustand der “marktkonformen Demokratie”, wie sie Frau Merkel propagiert, nein, wir bewegen uns längst auch in einer marktkonformen Kultur. Man möge mir verzeihen, aber mich interessiert die Frage, um die in unserem Geschäft längst alles kreist, nämlich “wie viele Tickets verkauft die Band xyz?”, “wieviel Profit kann ich mit Kultur machen?”, deutlich weniger als die Frage der Qualität der Musik, die eine Band spielt. Die erste Frage aller Musik ist – taugt die Musik etwas? Kann diese Musik die Welt bewegen? Und dann erst kommt die (natürlich auch wichtige) Frage, wie man mehr Tickets für die Konzerte der jeweiligen Band verkaufen kann. Es kommt auf die Prioritäten an.„ – See more at: http://www.booknerds.de/2013/10/berthold-seliger-das-geschaeft-mit-der-musik-buch/#sthash.bXiJOkGv.uNsJVgSZ.dpuf
Das ist genau der Punkt: Wenn es nicht mehr darum geht, für ein gutes Produkt die passende Verkaufsstrategie zu finden, sondern im Gegenteil das passende Produkt für die bestehenden Vertriebswege und Werbeplattformen, weil die Plattenfirma z.B. bestimmte Medienpartner und deren „Formate“ bedienen möchte, dann läuft da gründlich was schief. Das kann eigentlich auch nur funktionieren, wenn das „Gesamtpaket“ stimmt, wenn Produkt und Image des Künstlers perfekt zusammenpassen, wenn auch bestimmte Anforderungen hinsichtlich Optik und Bühnenpräsentation erfüllt sind. Wer sich aber einerseits lautstark „über den Zustand dieser verblödeten und verkommenen Gesellschaft“ empört und andererseits meint, ausgerechnet die medialen Multiplikatoren von Verblödung und Verkommenheit würden ihm helfen, diese Message wirkungsvoll zu transportieren, der hat zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung ein Glaubwürdigkeitsproblem. Da wirken die Kompromisse letztlich auch verkaufstechnisch eher kontraproduktiv, weil die „Marke“ einfach nicht funktioniert. Insofern bin ich keineswegs der Meinung, dass ein 1:1 authentischer Kunze, der konsequent seinen(!) Weg geht, wirtschaftlich zwangsläufig schlechter da stehen würde.
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Musik ist nicht was sie ist, sondern was sie den Menschen bedeutet. (Simon Rattle)