Re: Holly Johnson – Europa

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j-w
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maximum rhythm & blues

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Immer noch gut bei Stimme, aber musikalisch wenig originell

HOLLY JOHNSON’s Stimme war das Alleinstellungsmerkmal von FRANKIE GOES TO HOLLYWOOD, wenn man einmal von Trevor Horns Produktion absieht. Nach Bekanntwerden seiner HIV-Infektion zu Beginn der 90er Jahre wurde es ruhig um ihn. Er veröffentlichte zwar noch ein paar Platten, aber ging nicht mehr auf Tournee und verschwand somit vom Popschirm. Im Hinterkopf hatte man die ganze Zeit das ungute Gefühl, dass es durchaus möglich wäre, dass seine letzte Schlagzeile die von seinem Ableben wäre.

Glücklicherweise ist er aber ein Beispiel für Menschen, denen es gelingt mit einer HIV-Infektion noch lange zu leben und so hat er jetzt nach einigen Auftritten in den letzten Jahren an ein neues Album gewagt, dass er „Europa“ nennt, nicht etwa „Europe“, die kontinentale Schreibweise ist hier beabsichtigt, denn HOLLY JOHNSON hat sich wiederholt als Befürworter der europäischen Idee geäußert, was in diesen Tagen im United Kingdom ja nicht unbedingt eine Mainstream-Meinung ist.

Soweit zu gut, was ist dabei heraus gekommen? Zunächst muss man anmerken, dass Hollys Stimme immer noch toll klingt, voll, sicher, mit der Spur einer Kante, die seinen Gesang immer auszeichnete. Die Songs, die er fast alle allein komponiert hat, haben Melodien, die ein gutes, anspruchsvolles Popalbum ergeben könnten. Dazu kommt allerdings eine Musik, die an vielen Stellen so klingt, wie House vor 25 Jahren geklungen hat. Paul Weller hat mit seinem letzen Style Council-Album, das eigentlich genauso klingt wie „Europa“ damals Schiffbruch erlitten, weil seine Plattenfirma es nicht veröffentlichen wollte. 1989 waren diese Sounds und Beats vielleicht noch zu wenig Mainstream um einen Charterfolg zu erzielen. 2014 klingt das jedoch wenig aufregend.

Die Platte hat gute Momente, so wie der Opener „Follow your heart“ oder das mit Gitarren angereicherte intensive „So much it hurts“. Unter dem Strich bleibt aber vieles beliebig und wenig memorabel. Es mangelt dem Album an Dynamik und Originalität.

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Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue